Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Freizügigkeit der Arbeitnehmer. Verbot der Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit. Ansprüche auf bezahlten Jahresurlaub, die von der Dienstzeit des Arbeitnehmers bei dem Arbeitgeber abhängen. Nur teilweise Berücksichtigung von Dienstzeiten, die bei anderen Arbeitgebern zurückgelegt wurden. Arbeits- und Sozialrecht. Unterschiede zwischen den Systemen und Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten

 

Normenkette

AEUV Art. 45; Verordnung (EU) Nr. 492/2011 Art. 7 Abs. 1

 

Beteiligte

Gemeinsamer Betriebsrat EurothermenResort Bad Schallerbach

Gemeinsamer Betriebsrat EurothermenResort Bad Schallerbach GmbH

EurothermenResort Bad Schallerbach GmbH

 

Tenor

Art. 45 AEUV und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren streitigen nicht entgegenstehen, wonach bei der Feststellung, ob ein Arbeitnehmer, der insgesamt 25 Jahre Berufstätigkeit aufweist, Anspruch darauf hat, dass sich sein bezahlter Jahresurlaub von fünf auf sechs Wochen erhöht, von den Jahren, die er im Rahmen eines oder mehrerer Arbeitsverhältnisse zurückgelegt hat, die dem Arbeitsverhältnis mit seinem derzeitigen Arbeitgeber vorausgegangen sind, nur höchstens fünf Berufsjahre angerechnet werden, auch wenn ihre tatsächliche Zahl mehr als fünf beträgt.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Obersten Gerichtshof (Österreich) mit Entscheidung vom 29. Juni 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 19. Juli 2017, in dem Verfahren

Gemeinsamer Betriebsrat EurothermenResort Bad Schallerbach GmbH

gegen

EurothermenResort Bad Schallerbach GmbH

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten des Gerichtshofs K. Lenaerts in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Fünften Kammer sowie der Richter F. Biltgen und E. Levits (Berichterstatter),

Generalanwalt: H. Saugmandsgaard Øe,

Kanzler: V. Giacobbo-Peyronnel, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 3. Mai 2018,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • des Gemeinsamen Betriebsrats EurothermenResort Bad Schallerbach GmbH, vertreten durch S. Ameshofer sowie Rechtsanwälte G. Storch und R. Storch im Beistand von K. Mayr, Rechtsreferent,
  • der EurothermenResort Bad Schallerbach GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt F. Marhold,
  • der österreichischen Regierung, vertreten durch G. Hesse als Bevollmächtigten,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Kellerbauer und D. Martin als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 25. Juli 2018

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 45 AEUV und Art. 7 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union (ABl. 2011, L 141, S. 1).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Gemeinsamen Betriebsrat EurothermenResort Bad Schallerbach GmbH (im Folgenden: Betriebsrat von Eurothermen) und der EurothermenResort Bad Schallerbach GmbH (im Folgenden: Eurothermen) darüber, dass bei der Berechnung der Ansprüche der Arbeitnehmer von Eurothermen auf bezahlten Jahresurlaub Vordienstzeiten, die diese Arbeitnehmer bei anderen Arbeitgebern zurückgelegt haben, nur teilweise berücksichtigt werden.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 492/2011 bestimmt:

„Ein Arbeitnehmer, der Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats ist, darf aufgrund seiner Staatsangehörigkeit im Hoheitsgebiet der anderen Mitgliedstaaten hinsichtlich der Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, insbesondere im Hinblick auf Entlohnung, Kündigung und, falls er arbeitslos geworden ist, im Hinblick auf berufliche Wiedereingliederung oder Wiedereinstellung, nicht anders behandelt werden als die inländischen Arbeitnehmer.”

Österreichisches Recht

Rz. 4

§ 2 Abs. 1 des Urlaubsgesetzes vom 7. Juli 1976 (BGBl. Nr. 1976/390 in der Fassung BGBl. I Nr. 2013/3, im Folgenden: UrlG) lautet:

„Dem Arbeitnehmer gebührt für jedes Arbeitsjahr ein ununterbrochener bezahlter Urlaub. Das Urlaubsausmaß beträgt bei einer Dienstzeit von weniger als 25 Jahren 30 Werktage und erhöht sich nach Vollendung des 25. Jahres auf 36 Werktage.”

Rz. 5

§ 3 UrlG sieht vor:

„(1) Für die Bemessung des Urlaubsausmaßes sind Dienstzeiten bei demselben Arbeitgeber, die keine längeren Unterbrechungen als jeweils drei Monate aufweisen, zusammenzurechnen.

(2) Für die Bemessung des Urlaubsausmaßes sind anzurechnen:

1. die in einem anderen Arbeitsverhältnis … im Inland zugebrachte Dienstzeit, sofern sie mindestens je sechs Monate gedauert hat;

(3) Zeiten nach Abs. 2 Z 1 … sind insgesamt nur bis zum Höchstausmaß von fünf Jahren anzurechnen. …

…”

Ausgangsverfahre...

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