Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Freier Dienstleistungsverkehr. Anwendbarkeit. Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen. Erbringung von Dienstleistungen an Bord internationaler Züge. Innerstaatliche Rechtsvorschriften, die verwaltungsrechtliche Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Entsendung von Arbeitnehmern vorschreiben

 

Normenkette

AEUV Art. 56-57; Richtlinie 96/71/EG Art. 1 Abs. 3 Buchst. a

 

Beteiligte

Dobersberger

Michael Dobersberger

Magistrat der Stadt Wien

 

Tenor

Art. 1 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1996 über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen ist dahin auszulegen, dass er die Erbringung von Dienstleistungen wie Bordservice, Reinigungsleistungen oder die Verpflegung der Fahrgäste im Rahmen eines Vertrags zwischen einem Unternehmen mit Sitz in einem Mitgliedstaat und einem Unternehmen mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat, das vertraglich an ein Schienenverkehrsunternehmen mit Sitz in demselben Mitgliedstaat gebunden ist, durch Arbeitnehmer des erstgenannten Unternehmens oder durch diesem von einem ebenfalls im erstgenannten Mitgliedstaat ansässigen Unternehmen überlassene Arbeitnehmer in internationalen Zügen, die durch den zweitgenannten Mitgliedstaat fahren, nicht erfasst, wenn diese Arbeitnehmer einen wesentlichen Teil der mit den betreffenden Dienstleistungen verbundenen Arbeit im Hoheitsgebiet des erstgenannten Mitgliedstaats leisten und ihren Dienst dort antreten bzw. beenden.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Verwaltungsgerichtshof (Österreich) mit Entscheidung vom 15. Dezember 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 9. Januar 2018, in dem Verfahren

Michael Dobersberger

gegen

Magistrat der Stadt Wien

erlässt

DER GERICHTSHOF (Große Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten K. Lenaerts, der Vizepräsidentin R. Silva de Lapuerta, der Kammerpräsidenten J.-C. Bonichot, M. Vilaras, E. Regan, M. Safjan und S. Rodin sowie der Richter L. Bay Larsen (Berichterstatter) und T. von Danwitz, der Richterin C. Toader, der Richter D. Šváby, C. Vajda und F. Biltgen, der Richterin K. Jürimäe sowie des Richters C. Lycourgos,

Generalanwalt: M. Szpunar,

Kanzler: D. Dittert, Referatsleiter,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 12. März 2019,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von M. Dobersberger, vertreten durch Rechtsanwältin A. Werner,
  • der österreichischen Regierung, vertreten durch J. Schmoll und G. Hesse als Bevollmächtigte,
  • der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek, J. Vláčil und J. Pavliš als Bevollmächtigte,
  • der deutschen Regierung, zunächst vertreten durch T. Henze und D. Klebs, dann durch D. Klebs, als Bevollmächtigte,
  • der französischen Regierung, vertreten durch R. Coesme und E. de Moustier als Bevollmächtigte,
  • der ungarischen Regierung, vertreten durch M. Z. Fehér, G. Koós und M. M. Tátrai als Bevollmächtigte,
  • der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna als Bevollmächtigten,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Kellerbauer und L. Malferrari als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 29. Juli 2019

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 56 und 57 AEUV sowie der Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1996 über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen (ABl. 1997, L 18, S. 1), im Besonderen ihres Art. 1 Abs. 3 Buchst. a.

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Michael Dobersberger und dem Magistrat der Stadt Wien (Österreich) über Verwaltungsstrafen, die gegen Ersteren wegen mehrerer Verstöße gegen verwaltungsrechtliche Verpflichtungen aus österreichischen sozialrechtlichen Bestimmungen über die Entsendung von Arbeitnehmern in das Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats verhängt wurden.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Nach dem 15. Erwägungsgrund der Richtlinie 96/71 „[sind i]n bestimmten Einzelfällen von Montage- und/oder Einbauarbeiten … die Bestimmungen über die Mindestlohnsätze und den bezahlten Mindestjahresurlaub nicht anzuwenden”“.

Rz. 4

Art. 1 („Anwendungsbereich“”) dieser Richtlinie bestimmt:

„(1) Diese Richtlinie gilt für Unternehmen mit Sitz in einem Mitgliedstaat, die im Rahmen der länderübergreifenden Erbringung von Dienstleistungen Arbeitnehmer gemäß Absatz 3 in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats entsenden.

(2) Diese Richtlinie gilt nicht für Schiffsbesatzungen von Unternehmen der Handelsmarine.

(3) Diese Richtlinie findet Anwendung, soweit die in Absatz 1 genannten Unternehmen eine der folgenden länderübergreifenden Maßnahmen treffen:

  1. einen Arbeitnehmer in ihrem Namen und unter ihrer Leitung in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats im Rahmen eines Vertrags entsenden, der zwischen dem ent...

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