Entscheidungsstichwort (Thema)
Verlegung eines Hochseekabels zwischen zwei Mitgliedstaaten über die hohe See stellt mehrere Lieferungen entsprechend der territorialen Abgenzung dar
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Leistung, die in der Lieferung und Verlegung eines Glasfaserkabels besteht, das zwei Mitgliedstaaten verbindet und teilweise außerhalb des Hoheitsgebiets der Gemeinschaft liegt, ist als eine Lieferung von Gegenständen im Sinne des Art. 5 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage in der durch die Richtlinie 2002/93/EG des Rates vom 3. Dezember 2002 geänderten Fassung anzusehen, wenn das Kabel im Anschluss an vom Lieferer durchgeführte Funktionsprüfungen auf den Kunden übertragen wird, der dann als Eigentümer darüber verfügen kann, der Preis des Kabels den eindeutig überwiegenden Teil der Gesamtkosten dieser Leistung ausmacht und die Dienstleistungen des Lieferers sich auf die Verlegung des Kabels beschränken, ohne dieses der Art nach zu verändern oder den besonderen Bedürfnissen des Kunden anzupassen.
2. Art. 8 Abs. 1 Buchst. a der Sechsten Richtlinie 77/388 ist dahin auszulegen, dass die Befugnis zur Besteuerung der Lieferung und Verlegung eines Glasfaserkabels, das zwei Mitgliedstaaten verbindet und teilweise außerhalb des Hoheitsgebiets der Gemeinschaft liegt, dem einzelnen Mitgliedstaat sowohl in Bezug auf den Preis für das Kabel und das übrige Material als auch in Bezug auf die Kosten der mit der Verlegung dieses Kabels zusammenhängenden Dienstleistungen anteilig nach der Länge des sich auf seinem Hoheitsgebiet befindlichen Kabels zusteht.
3. Art. 8 Abs. 1 Buchst. a der Sechsten Richtlinie 77/388 in Verbindung mit Art. 2 Nr. 1 und Art. 3 dieser Richtlinie ist dahin auszulegen, dass die Lieferung und Verlegung eines Glasfaserkabels, das zwei Mitgliedstaaten verbindet, bezüglich des Teils der Leistung, der in der ausschließlichen Wirtschaftszone, auf dem Festlandssockel und auf hoher See erbracht wird, nicht der Mehrwertsteuer unterliegt.
Normenkette
EWGRL 388/77 Art. 5 Abs. 1, Art. 8 Abs. 1 Buchst. a
Beteiligte
Verfahrensgang
Regeringsrätt (Schweden) (Urteil vom 24.02.2005; Abl.EU 2005, Nr. C 106/19) |
Tatbestand
„Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie ‐ Lieferung von Gegenständen ‐ Art. 8 Abs. 1 Buchst. a ‐ Glasfaserkabel, das zwei Mitgliedstaaten verbindet und teilweise außerhalb des Hoheitsgebiets der Gemeinschaft liegt ‐ Auf die Länge des in seinem Hoheitsgebiet verlegten Kabels beschränkte Steuerhoheit jedes Mitgliedstaats ‐ Keine Besteuerung des in der ausschließlichen Wirtschaftszone, auf dem Festlandssockel und auf hoher See befindlichen Teils“
In der Rechtssache C-111/05
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Regeringsrätt (Schweden) mit Entscheidung vom 24. Februar 2005, beim Gerichtshof eingegangen am 4. März 2005, in dem Verfahren
Aktiebolaget NN
gegen
Skatteverket
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Rosas sowie der Richter A. Borg Barthet, J. Malenovský, U. Lõhmus (Berichterstatter) und A. Ó Caoimh,
Generalanwalt: P. Léger,
Kanzler: R. Grass,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ der Aktiebolag NN, vertreten durch U. Grefberg Nyberg, processansvarig,
‐ des Skatteverk, vertreten durch B. Persson als Bevollmächtigten,
‐ der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch L. Ström van Lier und D. Triantafyllou als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 14. September 2006
folgendes
Urteil
1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 2 Nr. 1, Art. 3 Abs. 1, der Art. 5 und 6, von Art. 8 Abs. 1 Buchst. a sowie von Art. 9 Abs. 2 Buchst. a der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1) in der durch die Richtlinie 2002/93/EG des Rates vom 3. Dezember 2002 (ABl. L 331, S. 27) geänderten Fassung (im Folgenden: Sechste Richtlinie).
2
Die Fragen des vorlegenden Gerichts stellen sich im Rahmen einer Klage der in Schweden ansässigen Aktiebolag NN (im Folgenden: Gesellschaft NN) gegen einen vom Skatterättsnämnd (Ausschuss für steuerrechtliche Fragen) erlassenen Vorbescheid über die Anwendung mehrwertsteuerrechtlicher Bestimmungen auf eine Leistung, die in der Installation eines Glasfaserkabels zwischen Schweden und einem anderen Mitgliedstaat besteht, wobei ein Teil des Kabels im Meeresboden in internationalen Gewässern verlegt werden muss.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
3
Art. 2 der Sechsten Richtlinie sieht vor:
„Der Mehrwertsteuer unterliegen:
1. Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistu...