2.1 Gestaltungsfreiheit

Die Europäische Betriebsräte-Richtlinie ist als ein Beispiel moderner europäischer Gesetzgebung bezeichnet worden.[1] Der Grund dafür ist ihre Flexibilität. So gibt die Richtlinie keinen starren Rahmen für den Europäischen Betriebsrat vor, sondern überlässt die grenzüberschreitende Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer vorrangig der Gestaltungsfreiheit der Beteiligten. Dieser Grundsatz der Gestaltungsfreiheit findet sich auch in § 1 Abs. 1 des deutschen EBRG wieder. § 18 EBRG bestimmt lediglich, dass die getroffene Vereinbarung schriftlich zu fixieren ist und gewisse Mindestinformationen enthalten soll. Dazu gehören z. B. die Bezeichnung der von der Vereinbarung erfassten Betriebe, die Zusammensetzung und Zuständigkeit des neu geschaffenen Gremiums, die Häufigkeit seiner Sitzungen und die Geltungsdauer der getroffenen Vereinbarung.

Inhaltlich sind die Verhandlungspartner dagegen ungebunden und können "frei vereinbaren, wie die grenzübergreifende Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer ausgestaltet wird".[2] Sie sind sogar nicht auf die Errichtung eines (zentralen) Europäischen Betriebsrats verpflichtet, sondern können auch ein dezentrales Unterrichtungs- und Anhörungsverfahren schaffen.[3] Durch die zum 18.6.2011 vorgenommene Änderung des EBRG wurden die Regelungskompetenzen des EBR kraft Vereinbarung zusätzlich um die Abstimmung des Verfahrens zur Unterrichtung und Anhörung[4] sowie die Einsetzung eines Ausschusses innerhalb des Europäischen Betriebsrats erweitert.[5] Nach § 18 EBRG kann das Unterrichtungs- und Anhörungsverfahren auf die nationalen Arbeitnehmervertretungen abgestimmt werden. Allerdings ist nach § 1 Abs. 7 EBRG der Informations- und Konsultationsvorrang des Europäischen Betriebsrates sicherzustellen, der spätestens gleichzeitig mit der nationalen Arbeitnehmervertretung unterrichtet und angehört werden muss.

[1] Müller, EBRG-Kommentar, Einl. Rz. 16. Die Verhandlungslösung hat später auch Eingang in die Mitbestimmungsstruktur in der Societas Europaea (SE) gefunden, vgl. Art. 3 ff. RL 2001/86/EG.

2.2 Besonderes Verhandlungsgremium

Die Vereinbarung über den Europäischen Betriebsrat soll nach dem EBRG zwischen der zentralen Unternehmensleitung und einem "Besonderen Verhandlungsgremium" geschlossen werden. Erfolgt die Bildung dieses Gremiums nicht auf Initiative der Unternehmensleitung, so kann sie von den Arbeitnehmern oder ihren Vertretern beantragt werden.[1] Der Antrag muss von mindestens 100 Arbeitnehmern (oder ihren Vertretern) unterzeichnet sein, die aus mindestens 2 Betrieben aus unterschiedlichen Mitgliedstaaten stammen[2]

Das Besondere Verhandlungsgremium setzt sich nach dem in § 10 EBRG neugefassten Schlüssel zusammen. Danach ist für jeden Anteil der in einem Mitgliedsstaat beschäftigten Arbeitnehmer, der 10 % der Gesamtzahl der in allen Mitgliedsstaaten beschäftigten Arbeitnehmer der gemeinschaftsweit tätigen Unternehmen oder Unternehmensgruppen oder einen Bruchteil davon beträgt, ein Mitglied aus diesem Mitgliedsstaat in das besondere Verhandlungsgremium zu entsenden. Die aus Deutschland stammenden Arbeitnehmer werden grundsätzlich vom Gesamt- bzw. Konzernbetriebsrat bestellt.[3]

Die Kosten für die Bildung und Tätigkeit des Besonderen Verhandlungsgremiums trägt die Unternehmensleitung. Dazu gehören auch die Kosten für Dolmetscher und Büropersonal sowie Reise- und Aufenthaltskosten[4]

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