Prof. Dr. jur. Tobias Huep
In Betracht kommen sämtliche denkbaren Nichtigkeitsgründe (Geschäftsunfähigkeit; Formmängel, Verstoß gegen Verbotsgesetze, unwirksame Umgehungstatbestände, fehlende Erlaubnisse).
Der Abschluss eines Arbeitsvertrags kann auch von einer Bedingung abhängig gemacht werden – tritt im Weiteren die Bedingung nicht ein, entsteht ebenfalls kein wirksames Arbeitsverhältnis.
Unwirksame Umgehung zwingender gesetzlicher Regelungen
Die Nichtigkeit kann sich aus der unwirksamen Umgehung zwingender gesetzlicher Regelungen ergeben:
Vereinbarung eines nichtigen "Anlernverhältnisses"
Ein Malermeisterbetrieb und eine volljährige Beschäftigte schließen einen auf 2 Jahre befristeten "Anlernvertrag für die Vermittlung von Grundkenntnissen und Fertigkeiten im Beruf: Maler- und Lackiererin – Gestaltung und Instandhaltung". Inhalt war eine "Einstiegsqualifizierung zum Ausbildungsberuf Malerin und Lackiererin" sowie "die Vermittlung von Grundkenntnissen und -fertigkeiten, die für den Einstieg in eine Berufsausbildung förderlich sind". Die Berufsschule wurde vereinbarungsgemäß nicht besucht. Das monatliche Entgelt liegt 40 % unter dem allgemeinverbindlichen Mindestlohn für Hilfsarbeiter des Malerhandwerks.
Schließen die Vertragsparteien keinen Berufsausbildungsvertrag, sondern begründen ein anderes Vertragsverhältnis nach § 26 BBiG auf der Grundlage eines "Anlernvertrags", ist dieser nach § 4 Abs. 2 BBiG i. V. m. § 134 BGB nichtig. § 4 Abs. 2 BBiG bestimmt, dass für einen anerkannten Ausbildungsberuf nur nach der Ausbildungsordnung ausgebildet werden darf. Das Rechtsverhältnis der Parteien ist deshalb nach den Grundsätzen des fehlerhaften (faktischen) Arbeitsverhältnisses zu behandeln. Wird die Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten in einem anerkannten Ausbildungsberuf – wie hier nach den Vereinbarungen der Parteien – außerhalb eines Berufsausbildungsverhältnisses durchgeführt und statt eines Berufsausbildungsverhältnisses ein nichtiges "Anlernverhältnis" vereinbart, erbringt die auszubildende Person Tätigkeiten, wie sie einem Arbeitsverhältnis entsprechen, ohne dass ein solches zwischen den Parteien zustande gekommen ist. Dabei hat die Beschäftigte nach § 612 Abs. 2 BGB zumindest Anspruch auf Vergütung nach dem TV Mindestlohn, sofern der Tarifvertrag auf sie Anwendung findet. Ist Letzteres der Fall, gelten auch etwaige tarifvertragliche Ausschlussfristen für die Geltendmachung des Vergütungsanspruchs. Im Rahmen des § 612 Abs. 2 BGB muss der Arbeitgeber ggf. darlegen und beweisen, dass er den Arbeitnehmer tatsächlich auf einem bestimmten, niedriger zu bewertenden Arbeits- oder Entgeltniveau beschäftigt hat als es der "Üblichkeit", etwa anhand des Tarifvertrags, entspricht.