Reinhild Fürstenberg, Maren Mönninghoff
Seit Ende der 1960er-Jahre rückte die Vereinbarkeit von Beruf und Familie immer mehr in den gesellschaftlichen Fokus. Nachdem es zu einer Abwendung von der traditionellen Rollenverteilung im Haushalt kam und sowohl Frauen wie auch Männer auf dem Arbeitsmarkt tätig wurden, war die Rollenverteilung in der Familie nicht mehr strikt nach Beruf und Familie getrennt.
Immer häufiger gab es Phasen des Alleinlebens; Paare lebten zeitweilig in einer Paarbeziehung mit getrennten Haushalten oder unverheiratet in einer Paargemeinschaft oder Wohngemeinschaft zusammen. Beziehungen zwischen Partnern hielten oftmals nicht mehr für den Rest des Lebens, auch wenn man geheiratet oder gemeinsame Kinder hatte. Der Anteil der nichtehelichen Geburten stieg beständig. Die Ehe war fortan nicht mehr Voraussetzung für eine Elternschaft und eine Elternschaft war immer weniger ein Anlass zu heiraten.
Das Verhältnis zwischen Beruf und Privatleben ist komplizierter geworden und vor allem für die Frauen im Vergleich zu früher weniger vorgezeichnet. Der Wechsel zwischen Familienphasen und Erwerbsphasen erfolgt bei Frauen immer schneller und das Alter, in dem eine Familie gegründet wird, hat sich erhöht. In der Gruppe der Hochqualifizierten ist eine Heirat oder Familiengründung im Alter von 35 Jahren und mehr heute nicht mehr außergewöhnlich. Vorher stand der Beruf, das Reisen, das Erleben im Vordergrund – die Selbstständigkeit.
Heute sind Frauen bei der Geburt des ersten Kindes oftmals wieder jünger und haben andere Ansprüche an das Leben und ihren Arbeitgeber. Familienfreundliche Maßnahmen, Aufstiegsmöglichkeiten und Weiterbildungsangebote werden gewünscht und entscheiden nicht selten bei der Wahl des Arbeitgebers mit.
Mitarbeiter mit Kindern orientieren sich oftmals neu. Sie suchen nach dem passenden Lebensmodell, das Beruf und Familie miteinander vereinbart und haben dabei jede Menge (Konflikt-)Themen:
- Werde ich als Elternteil und Berufstätiger meinen unterschiedlichen Rollen gerecht (dem Kind, meinem Partner, mir)?
- Haben wir genügend Zeit für das Miteinander?
- Wie leben wir als Paar weiter? Wer übernimmt welche Aufgaben im Haushalt?
- Wer nimmt wann Elternzeit und für wie lange?
- Wann ist die richtige Zeit für die Kita bzw. bekommen wir einen Platz und können diesen auch bezahlen?
- Was machen wir, wenn ein Elternteil länger erkrankt, während der andere arbeiten gehen muss? Wer übernimmt in diesem Fall die Betreuung der Kinder und führt den Haushalt?
- Was ist dran an Frühförderung und den vielen anderen Dingen, die "man" machen sollte?
- Was darf von außen an und über unser Kind an uns herangetragen werden?
- Entwickelt sich das Kind altersgerecht?
- Welche Schulform eignet sich für das Kind? Welche Herausforderungen bringt die Pubertät mit sich? Wie gehen wir mit Mediengebrauch um?
- Welche beruflichen Perspektiven haben Jugendliche heute und wer hilft bei der Flut an Möglichkeiten bei der Auswahl?
- Was passiert mit meinem bisherigen Job? Werde ich meine Karriere weiter verfolgen können?
- Möchte ich Vollzeit oder Teilzeit arbeiten?
Junge Eltern schauen nicht nur auf das Gehalt
"Für mehr als 90 % der berufstätigen jungen Eltern ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf genauso wichtig wie das Gehalt oder sogar wichtiger."
Mitarbeiter sind heute i. d. R. bereits an flexible Arbeitszeiten und eine hohe Erreichbarkeit gewöhnt. Mit Beginn der Elternschaft kommt für den Mitarbeiter eine weitere zentrale Aufgabe neben Beruf und Partnerschaft hinzu. Bisher selbstverständliche Erreichbarkeit und Flexibilität passen plötzlich nicht mehr zum neuen Lebensabschnitt. Unternehmen müssen sich darauf einstellen, dass Mitarbeiter im Zuge der Elternschaft andere Bedürfnisse entwickeln.
Oftmals ist der Wunsch nach einem Ausstieg im Rahmen der Elternzeit inzwischen auch bei Vätern groß und der berufliche Fokus wird für eine Zeit zugunsten des Familienlebens verschoben. Wenn die Betreuung des Kindes jedoch nach einer selbstbestimmten Zeit teilweise anderweitig organisiert ist, wollen beide Elternteile häufig wieder beruflich aktiv einsteigen und sich weiterentwickeln. Unternehmen sollten hier einen Wiedereinstieg bestmöglich begleiten und unterstützen. Wenn das Unternehmen in der Zwischenzeit jedoch verschiedene Entwicklungen durchlebt hat, kann es auch passieren, dass Mitarbeiter und die bisherige Position im Unternehmen nicht mehr zueinander passen. Hier sollte gemeinsam nach neuen Einsatzfeldern oder anderen Lösungen geschaut werden.