Zusammenfassung
Führungskräfte nehmen auf unterschiedliche Weise Einfluss auf die Fehlzeitenquote in ihrem Team: Sie sind nicht "schuld" und sollten deshalb auch nicht an den Pranger gestellt werden. Aber sie können für Wohlbefinden am Arbeitsplatz sorgen, Kontakt zu Erkrankten halten und diese nach der Rückkehr willkommen heißen. Der Fachbeitrag stellt dar, wie man mit Führungskräften am Thema Fehlzeiten arbeiten kann – und wie sich dabei auf gesunde Weise der Krankenstand senken und echte Anwesenheit fördern lassen. Fehlzeiten sind für Führungskräfte ein ungeliebtes Thema, weshalb sie es gern in der Personalabteilung abladen. Die Aufgaben von Führungskräften im Zusammenhang mit Fehlzeiten werden ebenso beschrieben wie die Gründe für Vermeidungsverhalten und Widerstände. Die soziale Motivation als Ansatzpunkt für mehr echte Anwesenheit wird vorgestellt (inkl. einem Exkurs über Präsentismus). Der Beitrag schließt mit Vorschlägen, die Führungskräften das Reden über Gesundheit, Krankheit und Fehlzeiten erleichtern. In diesem Fachbeitrag finden sich zahlreiche Arbeitshilfen zum Weitergeben an Führungskräfte sowie Checklisten zur Unterstützung für die Arbeit mit den Führungskräften.
1 Führung und Fehlzeiten
1.1 Berührungspunkte der Führungskräfte mit Fehlzeiten
Führungskräfte haben auf unterschiedliche Weise mit dem Thema Fehlzeiten zu tun:
- bei der Entgegennahme der Krankmeldung (und vorher schon im Kopf des Teammitglieds, das morgens die Bettkanten-Entscheidung fällt und sich fragt, wie die Führungskraft reagieren wird);
- bei der Anordnung von Veränderungen (andere Arbeitsverteilung, Umplanung von Vorgängen, Reklamation, Beschaffung von Zeitarbeitenden, Ärger im Team durch Mehrarbeit etc.), die durch die Fehlzeit notwendig werden;
- bei der Rechtfertigung gegenüber der eigenen Führungskraft, weil aufgrund von Fehlzeiten Ziele nicht erreicht werden können;
- und schließlich auch durch eigene Fehlzeiten bzw. die Einstellung zum Thema ("Ich bin seit 30 Jahren im Job und hatte noch nie einen Fehltag").
Was den Kontakt zu Mitarbeitenden angeht, so bedeutet das Thema Fehlzeiten in erster Linie: Kommunikation (Abb. 1).
Miteinander reden – immer
Abb. 1: Miteinander reden – immer
In allen 4 Phasen einer Erkrankung – von der Prävention über die Genesung und die Wiedereingliederung bis zur Rückfall-Prävention – müssen Führungskräfte mit ihren Teammitgliedern reden.
Direktes Gespräch
Ohne das direkte Gespräch gibt es keine Fehlzeitensenkung. Der Krankenstand ist daher immer ein Führungsthema.
Studien zeigen Zusammenhänge zwischen Führungsverhalten und Fehlzeiten.
Wichtig ist aber (s. Abschn. 2), den Führungskräften solche Thesen nicht als Vorwurf zu präsentieren.
Es ist empfehlenswert, sich in die Führungskraft hineinzuversetzen: Wie reagiert sie auf eine Krankmeldung? Typische Reaktionen sind:
- besorgt (um den einzelnen, ums Team, um die Produktivität): diese Reaktion führt zu konstruktivem Kontakt;
- beleidigt (wegen gefährdeter Zielerreichung): aggressiver Kontakt oder Kontaktmeidung;
- beschäftigt (verwaltende Herangehensweise: "Mehraufwand"): Kontaktmeidung.
Würdigen, was die Führungskräfte tun, sobald sich jemand krankmeldet
Man kann beispielsweise sagen: "Es ist ärgerlich für Sie, wenn jemand fehlt: Sie müssen umplanen, mit dem Menschen ins Gespräch gehen, sich womöglich vor der Geschäftsleitung rechtfertigen. Und womöglich auch noch vor dem Gesundheitsmanager. Sie müssen überlegen, wer den kranken Mitarbeiter vertreten kann, evtl. für Leiharbeitskräfte sorgen – alles Posten, die unvorhergesehen Zeit und Geld und Nerven kosten."
Es geht darum, dieses Jonglieren und Umplanen-Müssen zu würdigen. Damit schafft man für die eigenen Unterstützungsangebote ein offenes Ohr bei den Führungskräften, weil sie sich verstanden fühlen.
1.2 3+2 Aufgaben von Führungskräften im Zusammenhang mit Fehlzeiten
Diejenigen Führungskräfte, die einen Mehraufwand aufgrund von Fehlzeiten befürchten, haben nicht ganz unrecht. Tatsächlich gibt es zahlreiche Aufgaben, die eine Führungskraft im Zusammenhang mit Fehlzeiten von Teammitgliedern zu erfüllen hat – diese beziehen sich aber nicht nur auf die Abwesenden, sondern auch auf die Anwesenden.
An- und Abwesende
Zum Team gehören Anwesende und Abwesende! Und beiden Gruppen sollte eine Führungskraft Aufmerksamkeit schenken.
Wenn die Anwesenden nie ein anerkennendes Wort hören, obwohl sie vermutlich auch manchmal mit Kopfweh aufwachen und trotzdem bei der Arbeit erscheinen, kann dies dazu führen, dass sie sich nicht gesehen fühlen. Und wenn sich der Eindruck einstellt, dass die Anwesenheit unbeachtet bleibt, besteht die Gefahr, dass die Anwesenden ihr Verhalten verändern.
In manchen Betrieben scheint zu gelten: "Hier musst du erst krank werden, damit mal jemand mit dir spricht." Damit es im eigenen Unternehmen anders läuft, gibt es in diesem Fachbeitrag jede Menge unterstützende Materialien, mit denen man den Führungskräften das Ins-Gespräch-Gehen zum Thema Fehlzeiten erleichtern und sie gleichzeitig unau...