Rz. 42
Da das BBiG im schulischen Bereich insgesamt nicht anwendbar ist, findet § 26 BBiG und damit das MiLoG keine Anwendung auf Praktikantinnen und Praktikanten, bei denen das Praktikum Bestandteil eines den Schulgesetzen der Länder unterliegenden Schulverhältnisses ist: Praktikanten als Schüler bzw. Studierende von allgemeinbildenden, Fach-, Berufsfach-, Fachober-, Fachhoch- und Hochschulen. Insoweit kommt der Nr. 1 lediglich klarstellende Bedeutung zu.
Rz. 43
Die Begriffe "schulrechtliche Bestimmung" und "hochschulrechtliche Bestimmung" sind weit auszulegen. Hiernach fallen unter den Begriff der "hochschulrechtlichen Bestimmung" neben Studien- und Prüfungsordnungen auch Zulassungsordnungen, die die Absolvierung eines Praktikums als Voraussetzung für die Aufnahme eines bestimmten Studiums verpflichtend vorsehen.
Rz. 44
Für Vorpraktika, die als Voraussetzung für die Aufnahme einer Berufs- oder Schulausbildung verpflichtend sind, kann dem Sinn und Zweck der Regelung in § 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 nichts anderes gelten. Für sie besteht kein Anspruch auf Mindestlohn.
Rz. 45
Auch Berufspraktika, die nach Erreichen eines berufsabschließenden Schulabschlusses oder eines akademischen Grades wie Bachelor, Master oder Diplom für die staatliche Anerkennung oder im Rahmen einer Aus- bzw. Weiterbildung verpflichtend zu leisten sind, sind vom Mindestlohn ausgenommen.
Rz. 46
Praktika, die im Rahmen von dualen Studiengängen absolviert werden, können auch vom Mindestlohn ausgeschlossen sein. Der Gesetzgeber hat dabei davon abgesehen, näher zu bestimmen, bei welcher Ausgestaltung des dualen Studiengangs kein Mindestlohn zu zahlen ist.
Bei den ausbildungsintegrierten dualen Studiengängen wird neben dem Studienabschluss auch ein Abschluss in einem anerkannten Ausbildungsberuf vermittelt. Studium und Praxis sind miteinander verzahnt. Teile der Ausbildung werden als Studienleistungen angerechnet. Die Praxisphasen sind hier Teil eines Berufsausbildungsverhältnisses, für die bereits deshalb kein Mindestlohn zusteht.
Rz. 47
Bei den ausbildungsbegleitenden dualen Studiengängen erfolgen Vollzeitstudium und Berufsausbildung parallel nebeneinander ohne institutionelle Verzahnung. Teile der Ausbildung werden hier nicht als Studienleistungen angerechnet. Hinsichtlich der Berufsausbildung greift die Ausnahmeregelung des § 22 Abs. 3. Soweit während des Vollzeitstudiums Praktika aufgrund einer hochschulrechtlichen Bestimmung abzuleisten sind, sind diese nach § 22 Abs. 1 Nr. 1 vom Mindestlohn ausgenommen.
Rz. 48
Für das praxisintegrierte Duale Studium "Studium plus Praxis", das lange Praxisphasen im Partnerbetrieb vorsieht und in dem kein Abschluss nach dem BBiG erlangt wird, ist das BBiG nach der Rechtsprechung des BAG nicht anwendbar – auch nicht auf die Praxisphasen. Es handelt sich auch nicht um ein sonstiges Berufsbildungsverhältnis i. S. d. § 26 BBiG, sondern nach Auffassung des BAG um ein Rechtsverhältnis eigener Art. Der duale Student ist auch kein Arbeitnehmer. Damit unterfällt es nicht dem MiLoG.
Rz. 49
Anders verhält es sich hingegen dann, wenn ausdrücklich ein Arbeitsverhältnis vereinbart ist. Ein vereinbartes Arbeitsverhältnis wiederum fällt unter den Geltungsbereich des jeweils einschlägigen Tarifvertrags, soweit nicht ausnahmsweise der Geltungsbereich dieser Tarifverträge nicht eröffnet ist, mit der Folge, dass die Mindestlohnregelung aufgrund der meist höheren tariflichen Entgelte keine Auswirkungen hat.
Rz. 50
Ein berufsintegriertes duales Studium dient meist der beruflichen Weiterbildung und verbindet ein duales Studium mit einer beruflichen Tätigkeit mit inhaltlichem Bezug zum Studium. Bei der beruflichen Tätigkeit handelt es sich regelmäßig um ein Arbeitsverhältnis, für das mindestens der Mindestlohn zusteht.
Rz. 51
Unter Nr. 1 fallen auch Praktika aufgrund von Regelungen ausländischer Einrichtungen oder anerkannter vergleichbarer Bildungseinrichtungen, die in vergleichbarer Weise Praktika als Teil eines übergreifenden Ausbildungs-, Weiterbildungs- oder Studienprogramms vorschreiben und dabei Art und Länge festlegen.
Hingegen dürften Weiterbildungsordnungen einzelner Arbeitgeber oder ihrer Zusammenschlüsse, die alleine auf die praktische Ausbildung im Betrieb abzielen, die oben genannten Kriterien nicht erfüllen.