rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage an den EuGH. Verletzung des gemeinschaftsrechtlichen Diskriminierungsverbots durch die überdachende Besteuerung eines umgekehrten Grenzgängers deutscher Staatsangehörigkeit, der in die Schweiz verzogen ist.
Leitsatz (redaktionell)
Dem EuGH wird die Frage vorgelegt, ob die überdachende Besteuerung eines deutschen Staatsangehörigen nach Art. 4 Abs. 4 DBA-Schweiz i. V. m. Art. 15a Abs. 1 DBA-Schweiz, der seinen Wohnsitz in die Schweiz verlegt hat und als umgekehrter Grenzgänger für seinen Schweizer Arbeitgeber im Inland arbeitet, gegen das europäische Freizügigkeitsabkommen verstößt.
Normenkette
DBA CHE 1992 Art. 15a Abs. 1, Art. 4 Abs. 4; Zustimmungsgesetz Art. 3 Abs. 2; EStG § 1 Abs. 1, 4, § 49 Abs. 1 Nr. 4; AEUV Art. 63; EGFreizügAbk CHE Anhang I Art. 7 Abs. 1, Art. 9 Abs. 1-2, Art. 2, 21 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
1. Das Verfahren wird ausgesetzt.
2. Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird folgende Rechtsfrage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Sind die Vorschriften des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit vom 21. Juni 1999 (BGBl II 2001, 810 ff.), das am 2. September 2001 vom Bundestag als Gesetz beschlossen worden (BGBl II 2001, 810) und am 1. Juni 2002 in Kraft getreten ist (FZA bzw. Freizügigkeitsabkommen), insbesondere dessen Präambel, Art. 1, 2, 21, sowie Art. 7, 9 des Anhangs I dahin auszulegen, dass sie es nicht zulassen, einen aus dem Inland in die Schweiz verzogenen Arbeitnehmer, der nicht die Schweizer Staatsangehörigkeit besitzt und seit dem Zuzug in die Schweiz sog. umgekehrter Grenzgänger i.S.v. Art. 15a Abs. 1 DBA-Schweiz 1971/2002 ist, nach Art. 4 Abs. 4 DBA-Schweiz i.V.m. Art. 15a Abs. 1 Satz 4 DBA-Schweiz 1971/2002 der deutschen Besteuerung zu unterwerfen?
Tatbestand
I.
Der am xxx geborene Kläger wird für den Veranlagungszeitraum 2008 (Streitjahr) allein zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger wurde in CZ (nunmehr: Tschechische Republik) geboren. Seit 1969 lebt er in der Bundesrepublik Deutschland (zunächst in M). Der Kläger besitzt die tschechische und die deutsche Staatsangehörigkeit. Er hat ein leibliches Kind, den am xxx geborenen Sohn B. Dessen leibliche Mutter ist C D (im Folgenden: C D mit der der Kläger inzwischen nicht mehr in einer nichtehelichen Gemeinschaft zusammenlebt.
Der Kläger erzielte im Streitjahr als Eigentümer von zwei im Inland (in K/Bayern und M/Franken) belegenen Wohnungen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (Hinweis auf die vom Finanzamt K. zugezogenen – nicht paginiert vorgelegten – Einkommensteuerakten) und im Übrigen die ab dem 1. August des Streitjahres streitbefangenen Einkünfte aus nicht-/unselbständiger Arbeit.
Der Kläger wohnte zunächst zusammen mit seinem Sohn und C D in der ihm allein gehörenden Eigentumswohnung in X, … weg 1 (im Folgenden: ETW), die 4 1/2 Zimmer umfasste. Nach Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft mit C D im November 2006 erteilte der Kläger am 10. September 2007 (Bl. 79 ff. der FG-Akten) der Sparkasse X einen Allein-Verkaufsantrag hinsichtlich der vorgenannten ETW. Daraufhin wurde mit dem am 15. April des Streitjahres 2008 notariell abgeschlossenen Kaufvertrag die ETW verkauft zu einem Kaufpreis von 210.000 EUR (Bl. 147 der FG-Akten). Der Übergang von Nutzen und Lasten wurde auf den 1. August des Streitjahres vereinbart (a.a.O., § 4).
Ende Juli des Streitjahres zog der Kläger daraufhin aus der ETW aus (s. die Abmeldebestätigung vom 24. Juli 2007 der Stadt X [Bl. 102 der S-Akten] und die Veräußerungsmitteilung vom 28. April des Streitjahres [Bl. 2 der S-Akten]) und in die von ihm ab dem 1. August des Streitjahres angemietete Wohnung in S (Schweizerische Eidgenossenschaft –Confoederatio Helvetica– im Folgenden: CH bzw. Schweiz), … platz 5 ein (s. die Anmeldebescheinigung vom 31. Juli 2007 des Sicherheitsdepartements des Kantons S-Stadt, Bl. 104 der S-Akten). Es handelt sich um eine 4-Zimmerwohnung mit ca. 117 qm. Der „Total Mietzins” wurde mit 2.320 CHF vereinbart (wegen weiterer Einzelheiten: s. den Mietvertrag vom 21. Juli des Streitjahres, Bl. 106 ff. der Sonderakten 2008 zur Einkommensteuerakten [im Folgenden: S-Akten]). Auf die Ansässigkeitsbescheinigung der Eidgenössischen Steuerverwaltung –ESTV– (hier: der Steuerverwaltung des Kantons S-Stadt) vom 14. Februar 2008 wird hingewiesen (Bl. 5 der FG-Akten).
Die ETW hatte der Kläger mit Kaufvertrag vom 11. Mai 1999 erworben (Bl. 166 der FG-Akten), wobei Nutzen und Lasten zum 1. Juni 1999 auf den Kläger übergingen (a.a.O., § 3), der die ETW seither bis zu ihrem Verkauf im Streitjahr zu eigenen Wohnzwecken nutzte. Zuvor hatte der Kläger seinen Wohnsitz in M (Hinweis auf die Angaben auf der S. 1 des Kaufvertrags vom 11. Mai 1999). Der Umzug des Klägers von M nach X stand in Zusammenhang mit der Aufnahme seiner beruflichen Tätigkeit für verschiedene Unterne...