Entscheidungsstichwort (Thema)
Zusätzliche Beitragszahlung eines Schweizer Arbeitgebers in eine Pensionkasse aufgrund Frühpensionierung des Arbeitnehmers ist steuerpflichtiger Arbeitslohn; Sonderausgabenabzug der Beitragsleistungen des Arbeitnehmers in die Schweizer Pensionskasse
Leitsatz (redaktionell)
1. Zu den im Inland steuerbaren Vergütungen i. S. v. Art. 15a Abs. 1 S. 1 DBA-Schweiz gehört auch die zusätzliche Beitragszahlung (Spezialeinlage) eines Schweizer Arbeitgebers in eine Pensionskasse zur Finanzierung der Überbrückungsrente eines vorzeitig pensionierten, im Inland ansässigen Arbeitnehmers.
2. Die Zahlung der Spezialeinlage in die Schweizer Pensionskasse aufgrund eines freiwilligen Sozialplans ist nicht nach § 3 Nr. 62 EStG steuerfrei, da der Arbeitgeber nach Schweizer Recht nicht verflichtet ist, die wegen der vorzeitigen Pensonierung entstehende Rentenkürzung auszugleichen.
3. Der dem Arbeitnehmer in Gestalt der Spezialeinlage zugeflossene Arbeitslohn ist zur Hälfte nach § 3 Nr. 28 EStG i. V. m. § 187a SGB VI steuerfrei.
4. Die Anwendung des besonderen Steuersatzes i. S. v. § 32b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 g EStG auf die Lohnzuwendung in Gestalt des nicht steuerfreien Teils der Spezialeinlage kommt nicht in Betracht.
5. Die Entschädigung kann jedoch gemäß § 34 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 Nr. 2 EStG ermäßigt besteuert werden.
6. Bei den Ausgaben des Arbeitgebers für die Absicherung des Arbeitnehmers gegen die Risiken Tod und Invalidität handelt es sich nicht um Zuwendungen i.S.v. § 3 Nr. 56 EStG.
7. Eine zusammenfassende steuerliche Beurteilung der Überbrückungs- und Alters-Zusatzrente mit der sich ggf. anschließenden AHV-Rente ist nicht zulässig.
8. Der steuerfreie Teil der Spezialeinlage ist gem. § 10 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 HS 1 EStG nicht als Sonderausgabe zu berücksichtigen, weil er in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit einer gemäß § 3 Nr. 28 EStG i. V. m. § 187a SGB VI steuerfreien Einnahme steht.
Normenkette
EStG § 1 Abs. 1, § 3 Nrn. 28, 56, 62-63, § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 2a, Abs. 2 S. 1 Nrn. 2, 3a, § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 22 Nr. 1 S. 3a) aa) bb), § 24 Nr. 1a, § 32b Abs. 1 S. 1 Nr. 1g; LStDV § 2 Abs. 2 Nr. 3; DBA CHE Art. 4, 15a Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1, Art. 21; SGB VI § 187a
Nachgehend
Tenor
1. Der Einkommensteueränderungsbescheid vom 7. Januar 2013 und die Einspruchsentscheidung vom 28. März 2013 werden geändert. Dem Beklagten wird aufgegeben, die geänderte Steuerfestsetzung nach Maßgabe der Entscheidungsgründe zu errechnen, ferner den Klägern das Ergebnis dieser Berechnung unverzüglich mitzuteilen und den Bescheid mit dem geänderten Inhalt nach Rechtskraft dieses Urteils neu bekanntzugeben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kläger haben die Kosten zu 25 %, der Beklagte zu 75 % zu tragen.
3. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
4. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung von mehr als 1.500 EUR, darf die Vollstreckung nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe des darin festgesetzten Erstattungsbetrages erfolgen. In anderen Fällen kann der Beklagte die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder durch Hinterlegung abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit leisten.
5. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Kläger sind Eheleute, die für den Veranlagungszeitraum 2010 (Streitjahr) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der Kläger wurde am xx.xx.1950 geboren, die Klägerin am xx.xx. 1954. Die Kläger haben ein leibliches Kind, den am xx.xx. 1982 geborenen Sohn X.
Die Kläger waren und sind im Inland (in L/Markgräflerland) ansässig i.S.v. Art. 4 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und Vermögen 11. August 1971 (BGBl II 1972, 1022, BStBl I 1972, 519) –DBA-Schweiz 1971–. Im Übrigen hatten und haben sie im Inland ihren Wohnsitz i.S.v. § 1 Abs. 1 Satz 1 der im Streitjahr geltenden Fassung des Einkommensteuergesetzes (EStG 2010).
Der Kläger arbeitete seit dem 1. Januar 1974 ununterbrochen bis zum Zeitpunkt seiner vorzeitigen Pensionierung zum 30. April des Streitjahres für auf dem Hoheitsgebiet der Schweizerischen Eidgenossenschaft (confoederatio helvetica –im Folgenden: CH bzw. Schweiz–) ansässige Arbeitgeberinnen: Zunächst für die A-AG in B/CH, ab dem 1. Januar 1997 für die CS-AG in B/CH.
Im Jahr 2008 wurde die C-Holding AG von der deutschen F-AG übernommen. Im April 2009 wurde die A-AG (u.a. auch die CS-AG) in den F-Konzern integriert. Im März des Streitjahres fusionierten die Schweizer Gruppengesellschaften F Schweiz AG und die A-AG zur F Schweiz AG –im Folgenden: S-AG bzw. Arbeitgeberin–.
Der Kläger unterlag während seiner Berufstätigkeit mit seinen –von den zuvor genannten Arbeitgeberinnen gezahlten– Einkünften aus unselbständiger Arbeit als Grenzgänger im Sin...