Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Steuerklasse III für Arbeitslosengeld I beziehenden Ehegatten im Jahr der Heirat
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Ehepaar hat im Jahr der Heirat keinen Anspruch darauf, dass der Ehegatte, der Arbeitslohn bezieht, in Steuerklasse V eingereiht wird, und der andere Ehegatte, der Arbeitslosengeld I bezieht, in die Steuerklasse III eingereiht wird, um dadurch ein höheres Arbeitslosengeld zu erhalten.
2. Eine Auslegung des § 38b EStG dergestalt, dass vom Arbeitnehmerbegriff auch Arbeitslose erfasst sind und dass der Bezug von Arbeitslohn dem Bezug von ALG I gleichgestellt wird, ist nicht geboten.
Normenkette
EStG 2014 § 39e Abs. 3 S. 3, § 38b Abs. 1 S. 2 Nr. 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa, Nr. 4, § 52 Abs. 52, § 39 Abs. 6 S. 3
Nachgehend
BFH (Beschluss vom 23.10.2017; Aktenzeichen VI B 39/17) |
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.
Tatbestand
Die Kläger, die am 24.10.2014 geheiratet haben, beantragten am 5.11.2014 beim Beklagten die Änderung der Lohnsteuerklassen –LSK– dahingehend, dass der Arbeitslohn beziehende Kläger die LSK V und die Arbeitslosengeld I –ALG I– beziehende Klägerin die LSK III erhalten solle. Dies lehnte der Beklagte ab und verwies darauf, dass es bei der automatisierten LSK-Einordnung nach der Heirat von IV/IV bleibe. Der Einspruch hiergegen blieb erfolglos. Der Beklage führte in seiner Einspruchsentscheidung zur Begründung aus, dass nach § 38b Einkommensteuergesetz –EStG – allenfalls der Kläger die LSK III bekommen könne, weil die Klägerin kein Arbeitnehmer sei.
Zur Begründung ihrer Klage machen die Kläger geltend, dass § 38b EStG eine Einordnung in eine ungünstigere LSK zulasse. Es bestehe eine Wahlfreiheit, solange dem Staat keine Steuereinnahmen verloren gingen. Das Abstellen auf den Begriff des Arbeitnehmers in § 38b EStG durch den Beklagten würde dazu führen, dass sie – die Klägerin – auch nicht in die LSK V eingeordnet werden dürfe und im Ergebnis LSK-los wäre. Trotz des Ziels, mit der begehrten LSK-Verteilung mehr ALG I für sie – die Klägerin – zu erlagen, liege kein rechtmissbräuchliches Verhalten vor.
Der Arbeitnehmerbegriff müsse im Streitfall weiter gefasst werden als in der LohnsteuerDurchführungsverordnung –LStDV–. Auch in anderen Vorschriften des EStG werde davon ausgegangen, dass ein Arbeitnehmer nicht zwingend Arbeitslohn beziehen müsse, etwa in § 3 Nr. 2 Buchst. a oder 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG. Zudem zeige § 52 Abs. 52 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung –EStG 2014–, wonach nach Heirat den Ehegatten automatisiert die Steuerklassen IV/IV zugeteilt würden, dass es bei der LSK-Einordnung nicht auf ein bestehendes Dienstverhältnis ankomme. Im Übrigen gehe es im Streitfall um die erstmalige Bildung einer LSK nach Heirat und nicht um einen Wechsel.
Die Kläger beantragen,
unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 7.11.2014 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9.10.2015 den Beklagten zu verpflichten, ab dem 24.10.2014 für die Klägerin die Lohnsteuerklasse III und für den Kläger die Lohnsteuerkasse V zu bilden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er stützt sich auf die in der Einspruchsentscheidung vorgebrachten Gründe und führt ergänzend aus, dass die beantragte Steuerklassenverteilung auch deshalb zu versagen sei, weil sie eine unzulässige Rechtsausübung darstellen würde. Den Klägern ginge es nur um den Bezug eines höheren ALG I.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Die Ablehnung der Änderung der LSK durch den Beklagten war rechtmäßig und verletzt die Rechte der Kläger nicht (vgl. § 101 Satz 1 Finanzgerichtsordnung –FGO–). Die Kläger haben keinen Anspruch darauf, dass die Klägerin in die LSK III und der Kläger in die LSK V eingereiht wird.
Nach § 39 Abs. 3 S. 3 EStG werden für Arbeitnehmer, die im Laufe des Kalenderjahres geheiratet haben, folgende Steuerklassen automatisiert gebildet: Die Steuerklasse III, wenn die Voraussetzungen des § 38b Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG vorliegen oder die Steuerklasse IV für beide Ehegatten, wenn die Voraussetzungen des § 38b Abs. 1 Satz 2 Nummer 4 EStG vorliegen. Nach dieser Vorschrift hätte der Kläger in die LSK III eingeordnet werden müssen, da die Klägerin keinen Arbeitslohn bezogen hat. Die Klägerin selbst wäre in keine LSK einzureihen gewesen. Tatsächlich ist der Klägerin aber die LSK IV automatisch zugeteilt worden, was seinen Grund in § 52 Abs. 52 EStG 2014 haben dürfte, wonach von § 39e Abs. 3 Satz 3 EStG für jeden Ehegatten automatisiert die Steuerklasse IV gebildet wird, wenn die Voraussetzungen des § 38b Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 oder Nr. 4 EStG vorliegen. Ob die Vorschrift insofern korrekt angewandt wurde, was wegen des personellen Anwendungsbereichs nur auf Arbeitnehmer, die geheiratet haben, zweifelhaft ist, kann dahingestellt bleiben, weil die Klägerin die LSK III begehrt, was § 52 Abs. 52 EStG 2014 keinesfalls gewähren kann.
Den Antrag der Kläger vom 5.11.2014 auf Einordung in die LSK V/III (Kläger/Kläg...