Entscheidungsstichwort (Thema)

Regisseure und Dramaturgen fallen nicht unter den Begriff vortragende Künstler

 

Leitsatz (redaktionell)

Von den dem Art. 17 MustAbK entsprechenden Bestimmungen der einzelnen Doppelbesteuerungsabkommen werden lediglich vortragende Künstler erfasst, die unmittelbar oder allenfalls mittelbar über die Medien in der Öffentlichkeit oder vor Publikum auftreten. Darunter fallen Regisseure und Dramaturgen regelmäßig nicht.

 

Normenkette

DBA ESP Art. 17; DBA BEL Art. 14, 17; DBA GBR Art. XI Abs. 6; DBA NLD Art. 9 Abs. 2

 

Tatbestand

Die Kläger sind verheiratet und werden zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Sie erzielen als Regisseur bzw. Dramaturgin sowohl Einkünfte aus nichtselbständiger als auch aus selbständiger Arbeit. Im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung 1995 gaben sie folgende nach dem Doppelbesteuerungsabkommen - DBA - steuerfreie Einkünfte an:

Kläger

Staat

Einkünfte

Belgien

111.137,00 DM

Spanien

8.222,00 DM

Österreich

121.540,00 DM

Holland

47.952,00 DM

288.851,00 DM

Klägerin

Belgien

61.001,00 DM

Der Beklagte folgte dieser Auffassung nicht und rechnete sie bei der Einkommensteuerfestsetzung den übrigen Einkünften aus selbständiger Arbeit zu. In der Anlage zum Einkommensteuerbescheid 1995 vom 12. Juni 1997 führte er u. a. aus:

„Die in den Anlagen AUS erklärten ausländischen Einkünfte unterliegen der vollen Steuerpflicht in Deutschland.

Nach Auffassung der Außensteuerreferenten des Bundes und der Länder sind „Künstler“ nach DBA nur solche Personen, die unmittelbar vor Publikum auftreten. Zur Begründung gilt Folgendes:

Der englische und französische Wortlaut des Art. 17 OECD-Muster verlangt ein umittelbares Auftreten des Künstlers vor dem Publikum. Dementsprechend führt der OECD-Kommentar 1992 zu Art. 17 in Nr. 3 aus:

„Der Ausdruck „Künstler“ schließt einerseits eindeutig auf einer Bühne auftretende Personen, Film-Schauspieler oder Schauspieler (einschließlich früherer Sportler) für Fernsehwerbung ein. Der Artikel gilt auch für Einkünfte von Künstlern oder Sportlern, die an staatsbürgerlichen, sozialen, religiösen oder mildtätigen Tätigkeiten teilnehmen, soweit diese unterhaltenden Charakter haben. Er gilt auf der anderen Seite nicht für Gastredner auf einer Tagung oder Verwaltungskräfte und Techniker (z. B. der Kameraleute bei der Filmproduktion, Film-Regisseure, Choreografen, technische Kräfte, die Versorgungsmannschaft einer Popgruppe usw.).“

In der beispielhaften Aufzählung von Künstlern, wie „Bühnen-, Film-, Rundfunk- oder Fernsehkünstlern“ ist als gemeinsames verbindendes Merkmal die Notwendigkeit des unmittelbaren Auftretens vor dem Publikum zu sehen.“

Im Einspruchsverfahren wiesen die Kläger auf die im Streitfall maßgeblichen Doppelbesteuerungsabkommen hin und führten aus: Aus den einschlägigen Bestimmungen ergebe sich, dass der Begriff des Künstlers weit auszulegen sei und nicht auf Künstler begrenzt sei, die vor einem Publikum auftreten würden. Dies habe der Bundesfinanzhof - BFH - in seinem zu Art. 17 DBA-Belgien ergangenen Urteil vom 11. April 1990 I R 75/88 (Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs - BFHE - Bd. 160, 53) bestätigt. Das OECD-Musterabkommen - OECD - MustAbk - entfalte keine Rechtswirkung. Im Übrigen würden die Kläger in Belgien eine Eigentumswohnung besitzen, weshalb die Einkünfte nach Art. 14 DBA-Belgien ohnehin dort zu versteuern seien.

Der Einspruch blieb erfolglos. Der Beklagte hielt an seiner Rechtsauffassung fest, dass z. B. Regisseure, Dramaturgen, die nicht vor Publikum auftreten würden, nicht zu den Künstlern im Sinne des DBA rechneten. Ergänzend führte er aus: Auch die Tatsache, dass der Kläger wegen des gleichgelagerten Sachverhalts bei der Einkommensteuer 1984 sowohl im Klage- als auch im Revisionsverfahren obsiegt habe (Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1988, 460, ferner BFHE Bd. 160, 513), könne zu keiner anderen Entscheidung führen. Die Außensteuerreferenten des Bundes und der Länder seien übereingekommen, dieses BFH-Urteil nicht über den entschiedenen Einzelfall hinaus anzuwenden. Daran sei die Verwaltung gebunden.

Hiergegen richtet sich die Klage, zu deren Begründung die Kläger u. a. vortragen: Der Beklagte übersehe zunächst, dass die verschiedenen DBA den Begriff des Künstlers im Rahmen der Besteuerung unterschiedlich definierten. So ordneten sowohl Art. 9 DBA-Niederlande als auch Art. 8 DBA-Österreich an, dass für eine freiberuflich ausgeübte künstlerische, vortragende, sportliche oder artistische Tätigkeit eine Ausnahme zur Besteuerung von Einkünften aus selbständiger Arbeit gelte. Durch die Aufzählung der vortragenden und der künstlerischen Tätigkeit werde deutlich, dass sämtliche künstlerische Tätigkeiten erfasst würden. Es sei unstreitig, dass die Kläger künstlerisch tätig seien. Mit dem bereits zitierten Urteil vom 11. April 1990 habe der BFH ausdrücklich hinsichtlich Art. 17 BDA-Belgien entschieden, dass bei einem selbständig tätigen Regisseur oder Bühnenbildner das Besteuerungsrecht dem Vertragsstaat zustehe, in dem er seine ...

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