Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer 1995

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 15.12.1999; Aktenzeichen I R 80/98)

 

Tenor

Abweichend von dem Einkommensteuerbescheid … vom … in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom … wird die Einkommensteuer … ohne Einbeziehung der ausländischen Einkünfte in die Berechnung des Steuersatzes festgesetzt.

Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leisten.

Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war notwendig.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert beträgt … DM.

 

Tatbestand

Die Klägerin war vom … von der … an die Europäische Schule … abgeordnet. Ihren Wohnsitz in Berlin behielt sie bei und mietete in der Nähe von Brüssel eine Zweitwohnung. Ihr Beamtengehalt wurde vom Landesverwaltungsamt … fortgezahlt. Daneben erhielt die Klägerin nach dem Statut des abgeordneten Personals der Europäischen Schulen –Statut– von der Schule ein sogenanntes Europagehalt i. H. von umgerechnet … DM. Dieses Europagehalt ist in Belgien steuerbefreit (Art. 9 des Abkommens vom 12. Oktober 1962 zwischen der Belgischen Regierung und dem Obersten Rat der Europäischen Schulen, vgl. die Auskunft der Europäischen Schule vom 8. Mai 1996, Bl. 93 Einkommensteuerakte).

In ihrer Einkommensteuererklärung … erklärte die Klägerin lediglich die vom deutschen Dienstherrn erhaltenen Zahlungen als Arbeitslohn.

Der Beklagte sah demgegenüber in dem Europagehalt zwar steuerfreie, aber nach § 32 b Abs. 1 Nr. 2 Einkommensteuergesetz –EStG– im Rahmen des Progressionsvorbehaltes zu berücksichtigende Einnahmen, die allerdings um die Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung zu mindern seien.

Davon ausgehend erließ er am … einen Einkommen-Steuerbescheid …, in dem ausländische Einkünfte i. H. von … in die Berechnung des Steuersatzes einbezogen wurden.

Den dagegen am … eingelegten Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom … zurück.

Mit der am … erhobenen Klage machen die Kläger geltend, der Beklagte habe das Europagehalt zu Unrecht dem Progressionsvorbehalt unterworfen. Das Europagehalt sei vielmehr nach der Verordnung über die Gewährung von Vorrechten und Befreiungen an die Direktoren und Lehrer bei den Europäischen Schulen im Ausland vom 18. August 1995 Bundesgesetzblatt –BGBl– II 1995, 676 = Bundessteuerblatt –BStBl– I 1995, 416 steuerbefreit, ohne daß diese Steuerbefreiung unter einen Progressionsvorbehalt gestellt worden sei.

Die Kläger beantragen,

die Einkommensteuer 1995 abweichend von dem Einkommen-Steuerbescheid … vom … in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom … ohne Einbeziehung der ausländischen Einkünfte in die Berechnung des Steuersatzes festzusetzen,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Er hält die Klage für unbegründet, da die von den Klägern zitierte Verordnung vom 18. August 1995 nur für in Deutschland gezahlte Zulagen an Angehörige Europäischer Schulen gezahlte Zulagen gelte. Nur dies könne und müsse der deutsche Verordnungsgeber regeln. Für das Europagehalt der Klägerin ergebe sich die Steuerbefreiung aus dem Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland – Belgien, das jedoch einen Progressionsvorbehalt enthalte.

Dem Gericht hat ein Band der vom Beklagten für die Kläger unter der Steuernummer … geführten Steuerakten vorgelegen, auf dessen Inhalt wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens Bezug genommen wird.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Das streitige Europagehalt unterfällt nicht dem Progressionsvorbehalt gemäß § 32 b Abs. 1 Nr. 2 EStG.

Der Beklagte geht allerdings zu Recht davon aus, daß diese Einnahmen (auch) nach Art. 15 Abs. 1, 23 Abs. 1 Nr. 1 Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland – Belgien –DBA Belgien – in Deutschland steuerbefreit sind.

Die Steuerbefreiung ergibt sich nicht aus Art. 19 DBA Belgien (Vergütungen aus öffentlichen Kassen). Es kann dahingestellt bleiben, ob die Europäische Schule … zu den in Art. 19 Abs. 1 Satz 1 DBA Belgien genannten öffentlichen Kassen gehört, obwohl die Europäischen Schulen als überstaatliche Einrichtung keinem der beiden Vertragsstaaten zuzuordnen sind (vgl. die Satzung der Europäischen Schule vom 12. April 1957, Bundesgesetzblatt II 1965, 1041 i. V. mit dem Protokoll über die Gründung Europäischer Schulen vom 13. April 1962, BGBl II 1969, 1301, nunmehr abgelöst durch die Vereinbarung über die Satzung der Europäischen Schulen, BGBl II 1996, 2558). Der Anwendung des Art. 19 DBA Belgien steht jedenfalls entgegen, daß die Klägerin nur die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt (Art. 19 Abs. 1 Satz 2 DBA Belgien), so daß Art. 15 DBA Belgien (unselbständige Arbeit) zur Anwendung kommt (Malinsky in Debatin/Wassermeyer, DBA, Art. 19 Belgien Rdz. 22).

Der Beklagte ...

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