Entscheidungsstichwort (Thema)
Tätigkeitsmittelpunkt eines Marinesoldaten – Verpflegungsmehraufwand bei Einsätzen auf See
Leitsatz (redaktionell)
- Bei einem Marinesoldaten liegt der Tätigkeitsmittelpunkt in seinem Stützpunkt an Land, wenn er diesem Stützpunkt dauerhaft zugeordnet ist und zwischen den Einsätzen zur See dort regelmäßig tätig wird.
- Der Werbungskostenabzug für Verpflegungsmehraufwand anlässlich der Einsätze auf See beschränkt sich bei einer längerfristigen vorübergehenden Tätigkeit an derselben Tätigkeitsstelle auf die ersten drei Monate.
- Hinsichtlich der Tage, an denen das Schiff in Auslandshäfen liegt, ist das Tagegeld für das Land des Auslandshafens anzusetzen.
- Im Übrigen stellt die Tätigkeit auf einem Schnellboot der Marine steuerlich eine Tätigkeit im Inland dar, so dass Auslandspauschbeträge nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 S. 4 EStG nicht berücksichtigt werden können. Dies gilt auch während des Aufenthalts in fremden Hoheitsgewässern.
- Für die steuerliche Frage, wo eine Tätigkeit ausgeübt wird, sind die Regeln des Völkerrechts maßgeblich.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 Sätze 2, 4, § 9 Abs. 5; LStR R 39 Abs. 3 S. 4
Streitjahr(e)
2000
Tatbestand
Der Kläger diente im Streitjahr 2000 wie in dem vorangegangenen Jahr als Soldat bei der Bundesmarine. Er war in den Kasernen in „Q-Stadt” und später in „L-Stadt” beschäftigt, wo er die Manövereinsätze auf See vor- und nachzubereiten sowie verschiedene weitere Aufgaben zu übernehmen hatte.
Außerdem wurde der Kläger an 130 Tagen auf einem Flugkörperschnellboot für mehrere Einsätze, die jeweils nicht mehr als drei Monate andauerten, eingesetzt. Im Einzelnen ist wie folgt zu unterscheiden: Das Boot befand sich an 21 Tagen, alle davon nach dem 1.4.2000, in Auslandshäfen; davon sieben Tage in Schweden, sechs Tage in Norwegen, sechs Tage in Frankreich und zwei Tage in Portugal („M-Stadt”). Das Boot befand sich an 83 Tagen auf See, auf den Beginn und das Ende der jeweiligen Einsätze entfallen weitere 26 Tage.
Für die mit dem Schnellboot gefahrenen Einsätze machte der Kläger ursprünglich Verpflegungsmehraufwendungen in Höhe von 9.685 DM geltend. Der Beklagte berücksichtigte die Aufwendungen nicht als Werbungskosten im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Daneben waren noch vorweggenommene Werbungskosten bzw. Sonderausgaben im Zusammenhang mit Fahrten zu Universitäten bzw. Wirtschaftsakademien, Absetzung für Abnutzung für einen PC sowie pauschale Telefonkosten streitig. Der Einspruch des Klägers hatte keinen Erfolg.
Der Senat wies im ersten Rechtszug die Klage mit Urteil vom 6.6.2003 (18 K 6417/01 E, EFG 2004, 1822) ab. Der Bundesfinanzhof (BFH) hob mit Urteil vom 16.11.2005 (VI R 12/04, BFHE 212, 64, BStBl. II 2006, 267) die Entscheidung auf. Er entschied, dass ein Soldat der Bundesmarine für die ersten drei Monate jedes vorübergehenden Einsatzes an Bord eines Schiffes Verpflegungsmehraufwendungen wegen Auswärtstätigkeit geltend machen könne. Die Sache wurde zur weiteren Aufklärung hins. der Dauer der einzelnen Einsätze zur See und zur Höhe des Verpflegungsmehraufwandes zurück verwiesen. Der BFH übertrug dem Senat auch die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens.
Streitig ist im zweiten Rechtszug noch die Höhe der Pauschbeträge für die 83 Tage, an denen sich das Schnellboot auf See befand. Hins. der 21 Tage, an denen sich das Schnellboot in Auslandshäfen befand, gehen die Beteiligten einvernehmlich von der Berücksichtigung des jeweiligen Auslandspauschbetrages aus. Hins. der 26 Tage zu Beginn und Ende der Einsätze war eine Ermittlung der Dauer der Auswärtstätigkeit nicht mehr möglich; die Beteiligten haben sich insoweit darauf verständigt, für jeweils 13 Tage die Inlandspauschalen für eine mindestens acht- bzw. 14-stündige Abwesenheit anzusetzen.
Der Kläger ist der Auffassung, für die 83 Tage auf See sei gem. R 39 Abs. 3 S. 4 Nr. 2 LStR das für Luxemburg geltende Tagegeld anzusetzen, da es sich um eine Auslandsdienstreise gehandelt habe. Insgesamt ergeben sich nach der Berechnung des Klägers Verpflegungsmehraufwendungen i.H.v. 8.224 DM.
Der Beklagte hat den angefochtenen Bescheid am 26.08.2004 und am 27.09.2007 geändert. Mit dem letzten Änderungsbescheid hat der Beklagte Verpflegungsmehraufwendungen i.H.v. 5.900 DM berücksichtigt. In der mündlichen Verhandlung vom 01.05.2007 hat der Kläger sein Klagebegehren insoweit eingeschränkt, als er nicht mehr die Berücksichtigung von vorweggenommenen Werbungskosten bzw. Sonderausgaben im Zusammenhang mit Fahrten zu Universitäten bzw. Wirtschaftsakademien (1.196 DM), Absetzung für Abnutzung für einen PC (800 DM) sowie pauschale Telefonkosten (50 DM) beantragt.
Der Kläger beantragt nunmehr,
den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2000 in Form des zuletzt geänderten Bescheids vom 27.09.2007 dahingehend zu ändern, dass zusätzliche Verpflegungsmehraufwendungen i.H.v. 2.324 DM als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbstständiger Tätigkeit in Ansatz gebracht werden.
Der Beklagt...