Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerfreies Trinkgeld
Leitsatz (amtlich)
Das den Tänzerinnen und Tänzern eines Tabledance-Clubs von den Gästen zugesteckte "Spielgeld" ist, wenn es vom Arbeitgeber teilweise wieder in Geld eingetauscht wird, kein steuerfreies Trinkgeld, sondern ein steuerpflichtiger - erfolgsabhängiger - Lohnbestandteil.
Normenkette
EStG § 3 Nr. 51, § 19
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob es sich bei Zahlungen, die die Klägerin als Tänzerin erhalten hat, um steuerfreie Trinkgelder im Sinne des § 3 Nr. 51 EStG handelt oder aber um steuerpflichtigen Arbeitslohn.
Die Einkünfte der Klägerin setzten sich aus drei Bestandteilen zusammen: Für jeden Abend, an dem die Klägerin als Tänzerin auftrat, erhielt sie von ihrem Arbeitgeber eine Tagesgage i.H.v. 75,00 €; für jeden Tanz, den die Klägerin auf einem der "Tables" aufführte, erhielt sie eine zusätzliche Gage von jeweils 10,00 €; und schließlich erhielt die Klägerin am Ende eines Arbeitstages von ihrem Arbeitgeber Geld für die "A-Spielgeldscheine", die sie während der einzelnen Darbietungen von den Gästen erhalten hatte. Bei diesen "A-Spielgeldscheinen" handelte es sich um eine Art Spielgeld, das den Gästen des Lokals zu einem festen Preis und nur für den genannten Zweck angeboten wurde; Getränke (oder Ähnliches) konnten damit nicht bezahlt werden. Ein Rückumtausch erworbener und nicht verbrauchter "A-Spielgeldscheine" durch die Gäste war ausgeschlossen.
Über das Geld, das die Tänzerinnen und Tänzer von ihrem Arbeitgeber für die von den Gästen zugesteckten "A-Spielgeldscheinen" von ihrem Arbeitgeber erhielten, gab es keine schriftlichen Vereinbarungen. Den Feststellungen des Beklagten zufolge wurden die "A-Spielgeldscheine" den Tänzerinnen und Tänzern zu dem Preis vergütet, den die Gäste vorher dafür bezahlt hatten; allerdings behielt der Arbeitgeber einen Teil des Geldes für sich. Den Angaben der Klägerin zufolge variierte der "Wechselkurs" auf Veranlassung der Geschäftsführung in unregelmäßigen Abständen und lag üblicherweise unter dem, was die Gäste für die "A-Spielgeldscheine" zu zahlen hatten.
Im Jahr 2008 stellte das Finanzamt für Prüfungsdienste und Strafsachen in Hamburg im Rahmen einer bei dem Arbeitgeber der Klägerin durchgeführten Lohnsteuer-Außenprüfung erhebliche Abweichungen zwischen den erklärten Lohnzahlungen an die Tänzerinnen und Tänzer einerseits und den tatsächlich ausgezahlten Beträgen andererseits fest. Unter anderem waren die Zahlungen, die auf die Vergütung der zugesteckten "A-Spielgeldscheine" zurückgingen, vollständig als steuerfreie Trinkgelder behandelt worden; wegen der Einzelheiten wird auf die Prüfungsfeststellungen des Finanzamts vom 13.03.2006 Bezug genommen (Bl. 3 der "Handakten"). Aufgrund dieser Feststellungen wurde (auch) gegen die Klägerin ein Strafverfahren eingeleitet.
Nach den auf der Grundlage der sichergestellten Tagesabrechnungen getroffenen Feststellungen entfielen auf die Klägerin von Januar 2002 bis einschließlich Juni 2004 insgesamt folgende Lohnzahlungen:
|
2002 |
2003 |
2004 |
Tagesgagen |
10.950,00 |
8.310,00 |
3.050,00 |
Gagen für "Tables" |
9.910,00 |
6.580,00 |
1.770,00 |
aus "A-Spielgeldscheinen“ |
23.823,50 |
20.485,00 |
4.885,00 |
Gesamt: |
44.683,50 |
35.375,00 |
9.705,00 |
Im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer wertete der Beklagte 10% der Gagen aus den "A-Spielgeldscheinen" als steuerfreies Trinkgeld und erfasste die verbleibenden Beträge i.H.v. 42.301,00 € (2002), von 34.461,00 € (2003) und von 9.216,00 € (2004) mit Bescheiden vom 07.04.2008 für 2003 und 2004 bzw. vom 11.04.2008 für 2002 als steuerpflichtigen Arbeitslohn.
Die Klägerin legte dagegen Einspruch ein.
Mit Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 17.02.2009 wurde die Klägerin zu einer Gesamtgeldstrafe von 30 Tagessätzen bei einem Tagessatz von 85,00 € verurteilt. Das Urteil ist rechtskräftig.
Mit Entscheidungen vom 30.03.2009 wies der Beklagte die Einsprüche der Klägerin als unbegründet zurück.
Am 29.04.2009 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie macht geltend, dass es sich bei ihren Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit, soweit diese auf den ihr von den Gästen zugesteckten und von dem Arbeitgeber eingetauschten "A-Spielgeldscheinen" beruhten, um Arbeitslohn handle, der als Trinkgeld gemäß § 3 Nr. 51 EStG steuerfrei sei. Die Gäste des "A" hätten die "A-Spielgeldscheine" freiwillig erworben; es habe weder eine rechtliche Verpflichtung noch ein faktischer Zwang zum Erwerb bestanden. Die Tänzerinnen und Tänzer hätten die "A-Spielgeldscheine" ihrerseits von den Gästen persönlich und ohne Rechtsanspruch erhalten. Die "A-Spielgeldscheine" seien auch keine Gegenleistung für die tänzerischen Darbietungen auf den jeweiligen "Tables" gewesen; denn es habe sich dabei um standardisierte Tanzabläufe und Choreographien gehandelt, die immer in gleicher Weise aufgeführt würden. Dies könne erforderlichenfalls durch Zeugen belegt werden. Außerdem seien die Darbietungen bereits mit der Zahlung des jeweiligen "Tables" durch die Gäste entlohnt worden. Die zugesteckten "A-Spielgeldsch...