rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Zahlung von 50.000 € für einen Prokuristen kein steuerfreies „Trinkgeld”

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Zahlung von 50.000 € an einen Prokuristen übersteigt den Rahmen dessen, was nach dem allgemeinen Begriffsverständnis als Trinkgeld im Sinne des § 3 Nr. 51 EStG verstanden werden kann, deutlich.

2. Es fehlt an einem für das Trinkgeldverhältnis typischen persönlichen Kunden- oder Dienstleistungsverhältnis, in dessen Rahmen die erforderliche zusätzliche Leistungsbeziehung hätte bedient werden können, die Grundlage für die Trinkgeldzahlung ist, und damit an der doppelten Leistungsbeziehung zwischen den Beteiligten, wenn sich der (besondere) Einsatz des Trinkgeldempfängers nicht auf die Zufriedenheit des von ihm persönlich betreuten Trinkgeldzuwendenden („Kunden”) bezog, sondern vorrangig auf die Erfüllung seiner arbeitsvertraglichen Pflichten gegenüber seiner Arbeitgeberin, deren Geschäftsführer zugleich auch der Geschäftsführer des Trinkgeldzuwendenden war (hier: Zahlung seitens der Gesellschafterin der Arbeitgeberin des Trinkgeldempfängers im Zusammenhang mit der Veräußerung von Anteilen des Trinkgeldzuwendenden an der Arbeitgeberin des Trinkgeldempfängers).

 

Normenkette

EStG § 19 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Nr. 51

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob eine Zahlung in Höhe von 50.000 € an den Kläger, die dieser im Streitjahr von der Z Verwaltungs-GmbH, einer zwischenzeitlichen Gesellschafterin der Arbeitgeberin des Klägers, erhalten hat, als steuerfreies Trinkgeld im Sinne des § 3 Nr. 51 EStG anzusehen ist.

Die Kläger sind zusammenveranlagte Eheleute. Der Kläger ist seit 2008 als Prokurist bei der Y GmbH tätig und hier insbesondere für den Bereich Business Administration zuständig.

Alleinige Gesellschafterin der Y GmbH war im Streitjahr 2016 die Y Holding GmbH. An der Y Holding GmbH wiederum hielt zu Beginn des Jahres 2016 die Z Verwaltungs-GmbH 26,6 % der Gesellschaftsanteile. Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Z Verwaltungs-GmbH ist Herr Z, der im Jahr 2016 auch Geschäftsführer der Y GmbH war.

Im Jahr 2016 veräußerte die Z Verwaltungs-GmbH etwa 5,2 % der Gesellschaftsanteile an der Y Holding GmbH für ca. … Mio. Euro.

Im Zusammenhang mit der Anteilsveräußerung zahlte die Z Verwaltungs-GmbH im November 2016 an den Kläger 50.000 Euro. In einem Schreiben der Z Verwaltungs-GmbH vom 28. November 2016 an den Kläger, das Herr Z unterschrieben hatte, heißt es unter anderem: „Ich persönlich möchte mich an dieser „Zwischenstation” unserer erfolgreichen gemeinsamen Reise auch aus Sicht des Gesellschafters mit dem beigefügten „Scheck” ganz herzlich bei Dir für die gemeinsame erfolgreiche Zeit bedanken.” Zudem wird in dem Schreiben „ohne Gewähr” darauf hingewiesen, dass der Betrag überwiesen werde und es sich steuerrechtlich um eine Schenkung handele und das Finanzamt über die Schenkung zu informieren sei. Lohnsteuer oder Sozialversicherungsabgaben würden nicht anfallen.

Eine schriftliche Vereinbarung zwischen dem Kläger und seiner Arbeitgeberin, der Y GmbH, über die Zahlung bestand nicht. Neben dem Kläger erhielt auch ein weiterer Prokurist eine entsprechende, sich lediglich der Höhe nach unterscheidende Zahlung.

Mit Wirkung zum 1. Januar 2017 wurde die Y GmbH auf die Y Holding GmbH verschmolzen. Die vormalige Y Holding GmbH firmiert seitdem unter Y GmbH. An dieser hielt in 2017 die Z Verwaltungs-GmbH weiterhin ca. 21,4 % der Gesellschaftsanteile. Der Kläger war dort weiterhin als Prokurist tätig.

Im Juli 2018 veräußerte die Z Verwaltungs-GmbH die restlichen 21,4 % der Gesellschaftsanteile an der Y GmbH für ca. … Mio. Euro, die in zwei Tranchen in 2018 und 2019 zu zahlen waren. Herr Z blieb nach der Veräußerung Geschäftsführer der Y GmbH.

In der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2016 berücksichtigten die Kläger die Zahlung der 50.000 Euro zunächst nicht. Die erstmalige Steuerfestsetzung für 2016 erfolgte durch Bescheid vom 14. November 2017 entsprechend ohne Berücksichtigung dieser Zahlung. Mit Schreiben vom 28. Dezember 2018 übersandten die Kläger eine geänderte Anlage N zu ihrer Steuererklärung für 2016 und informierten den Beklagten mit einem Begleitschreiben über die Zahlung der 50.000 Euro. Ursprünglich sei von einer Berücksichtigung im Rahmen der Schenkungsteuer ausgegangen worden. Da der Kläger mittlerweile davon ausginge, dass der ausgezahlte Betrag zu den einkommensteuerbaren Bezügen zähle, erfolge die Übermittlung der geänderten Anlage N. Er, der Kläger, gehe jedoch davon aus, dass es sich um ein steuerfreies Trinkgeld nach § 3 Nr. 51 EStG handele, da der Betrag anlässlich seiner Arbeitsleistung von einem Dritten freiwillig und ohne dass ein Rechtsanspruch auf sie bestand, zusätzlich zu dem Betrag gegeben worden sei, der vom Arbeitgeber für die Arbeitsleistung zu zahlen gewesen sei.

Der Beklagte folgte dieser rechtlichen Einschätzung des Klägers nicht und erließ am 30. Dezember 2019 einen nach § 173 Absatz 1 Nummer 1 AO geänderten Einkommensteuerbescheid für 20...

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