rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Überlassung eines Dienstfahrzeugs an den Arbeitnehmer zur uneingeschränkten privaten Nutzung. Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Sammelbeförderung
Leitsatz (redaktionell)
1. Kann eine Nutzungserlaubnis eines betrieblichen Fahrzeugs zu privaten Zwecken des Arbeitnehmers – auch für einzelne Monate – nicht festgestellt werden, kommt eine Besteuerung nach § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG nicht in Betracht.
2. Steht dem Arbeitnehmer für jeden Arbeitstag, an dem er seine regelmäßige Arbeitsstätte aufsucht, eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte zu, widerspricht die Zuschlagsregelung in § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG nicht deren Zweck, einen Ausgleich für abgezogene, aber tatsächlich nicht entstandene Erwerbsaufwendungen zu schaffen, soweit für Zwecke der Pauschalversteuerung die Entfernungspauschale in Ansatz gebracht wird.
3. Überlässt der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer einen Dienstwagen auch uneingeschränkt für private Zwecke, kommt die Steuerbefreiung für eine unentgeltliche oder verbilligte Sammelbeförderung eines Arbeitnehmers zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit einem vom Arbeitgeber gestellten Beförderungsmittel (§ 3 Nr. 32 EStG) nicht zur Anwendung.
Normenkette
EStG § 3 Nr. 32, § 8 Abs. 2 Sätze 2-3, § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4
Tenor
Abweichend von dem Nachforderungsbescheid über Lohnsteuer und Solidaritätszuschlag für die Zeit von Januar 2009 bis Dezember 2012 wird der Nachforderungsbetrag für Lohnsteuer auf 564,98 EUR und für Solidaritätszuschlag auf 31,07 EUR festgesetzt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt zu 9/100 der Beklagte und zu 91/100 die Klägerin.
Die Revision wird zugelassen.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in der gleichen Höhe leistet.
Tatbestand
Strittig ist, ob die Klägerin im Zeitraum vom 01.11.2009 bis 31.10.2010 an einer unentgeltlichen Sammelbeförderung von Arbeitnehmern zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit einem vom Arbeitgeber gestellten Beförderungsmittel teilgenommen hat.
Die Klägerin beschäftigt sich im Wesentlichen mit der Instandhaltung, dem Gebrauch und der Anschaffung flexibler … sowie der Reparatur von …. Sie wurde im Jahr 2008 gegründet. Am Firmensitz in … beschäftigte sie in den Jahren 2009 bis 2012 rund 20 Angestellte. Der Kommanditist und heutige einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführer der Komplementärin, Herr K., war zunächst nach eigenen Angaben technischer Leiter und ab November 2009 Geschäftsführer. Zu den Angestellten der Klägerin gehörten u. a. die als Zeugen vernommenen Arbeitnehmer C., M., G. und Frau H., die nach eigenen Angaben vorher mit dem Geschäftsführer K. bei der Firma … in … gearbeitet hatten. Nach den Angaben des Zeugen K. waren auch die anderen als Zeugen benannten Mitarbeiter vorher bei derselben Firma in … beschäftigt.
Am 01.04.2009 fand nach den übereinstimmenden Aussagen der angehörten Zeugen (Ausnahme Zeuge R.) im Büro des Herrn K. eine Besprechung statt. An dieser nahmen neben Herrn K. die Mitarbeiter O. K., P. G., S. G., H. H., B. S., J. C. und J. M. teil. Besprechungsthema waren die Einzelheiten einer Sammelbeförderung zur Betriebsstätte in …. Für diese Sammelbeförderung stellte die Klägerin mehrere Personenkraftwagen zur Verfügung. Die Mitarbeiter S. G. und O. K. waren ab 01.04.2009 und Herr J. C. ab März 2012 Fahrer der zur Verfügung gestellten Personenkraftwagen. Herr P. G. (der über keinen Führerschein verfügte) war Mitfahrer bei Herrn O. K.. Frau H. H. (die unter einer Augenkrankheit litt) und Frau B. S. waren Mitfahrer bei Herrn S. G.. Herr J. C. und Herr J. M. haben in den Jahren 2009 und 2010 nicht an den Transporten teilgenommen.
Frau B. S. war im Verhinderungsfall der primär zuständigen Fahrer K. und G. deren Ersatzfahrerin. Die den jeweils als Fahrer eingeteilten Mitarbeitern übergebenen Personenkraftwagen standen ihnen auch zur privaten Nutzung zur Verfügung. Für die Durchführung der von Frau S. als Ersatzfahrerin durchgeführten Fahrten wurde ihr jeweils ein Personenkraftwagen der Klägerin übergeben. Hierzu hat der Zeuge O. K. angegeben, dass Frau S. im Verhinderungsfall von Herrn G. in der Regel mit ihrem Privatwagen in den Betrieb gefahren sei. Dabei habe sie Frau H. H. mitgenommen. Im Betrieb habe sie das Poolfahrzeug (Mercedes A mit Kennzeichen …) übernommen. Bis zur Rückgabe des Poolfahrzeuges sei das Privatfahrzeug von Frau S. im Betrieb stehen geblieben. Frau S. sei spätestens zum Wochenende mit ihrem Privatwagen nach Hause gefahren.
Sämtliche Kosten, die mit dem Betrieb der für den Sammeltransport eingesetzten Personenkraftwagen entstanden seien, habe die Klägerin getragen. So habe es z. B. für die Kraftstoffbetankung Tankkarten gegeben, die auf die Firma gelaufen s...