BFH zur Vorteilsminderung bei der 1 %-Regelung
Hintergrund: Gesetzliche Regelung
Überlässt der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer unentgeltlich oder verbilligt einen Dienstwagen auch zur privaten Nutzung, führt das nach der ständigen Rechtsprechung des für die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zuständigen VI. Senats des BFH zu einem als Lohnzufluss nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zu erfassenden steuerbaren Nutzungsvorteil des Arbeitnehmers. Dies gilt unabhängig davon, ob und in welchem Umfang der Arbeitnehmer den Dienstwagen tatsächlich privat nutzt.
Fraglich war im Urteilsfall, ob der nach der 1 %-Regelung ermittelte geldwerte Vorteil um vom Arbeitnehmer selbst getragene Aufwendungen gemindert werden kann?
Sachverhalt: Überlassung eines Dienstwagens auch zur Privatnutzung
Der Kläger erzielte im Streitjahr 2017 u.a. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. In seiner Einkommensteuererklärung machte er bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend, der geldwerte Vorteil aus der Nutzungsüberlassung eines Dienstwagens zur Privatnutzung, den er nach der 1 %-Regelung ermittelte,
- sei um selbst getragene Maut-, Fähr-, Benzin- und Parkkosten sowie
- die AfA eines privat angeschafften Fahrradträgers für den Dienstwagen zu mindern.
- Die Maut- und Fähraufwendungen betreffen private Urlaubsreisen und Fahrten des Klägers.
- Die Parkkosten betreffen die Wahrnehmung eines Termins durch den Kläger vor dem BFH. Die übrigen Parkkosten sind anlässlich der Nutzung des Dienstwagens für Urlaubsfahrten des Klägers angefallen.
Finanzamt und Finanzgericht haben die beantragte Minderung abgelehnt
Im Einkommensteuerbescheid 2017 lehnte das Finanzamt (FA) die begehrte Minderung des geldwerten Vorteils aus der Nutzungsüberlassung des Dienstwagens ab. Die u.a. dagegen gerichtete Klage wurde vom Finanzgericht (FG) abgewiesen.
Entscheidung: Aufwendungen mindern den geldwerten Vorteil nicht
Der BFH hält die Revision für unbegründet und hat sie daher zurückgewiesen. Das FG hat zutreffend entschieden, dass die vom Kläger getragenen Maut-, Fähr- und Parkkosten sowie die AfA für den Fahrradträger nicht den geldwerten Vorteil des Klägers aus der Überlassung des Dienstwagens zur privaten Nutzung bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit mindern.
Vom Arbeitnehmer getragene Nutzungsentgelte können geldwerten Vorteil mindern
Der VI. Senat des BFH hat entschieden, dass gezahlte Nutzungsentgelte, die der Arbeitnehmer an den Arbeitgeber für die außerdienstliche Nutzung (Nutzung zu privaten Fahrten und zu Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte) leistet, den Wert des geldwerten Vorteils aus der Nutzungsüberlassung mindern. Denn insoweit fehlt es an einer Bereicherung des Arbeitnehmers und damit an einer Grundvoraussetzung für das Vorliegen von Arbeitslohn im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG (BFH, Urteil v. 30.11.2016, VI R 2/15, BStBl II 2017, 1014, Rz. 12 ff.).
Der steuerbare Vorteil des Arbeitnehmers, den ihm der Arbeitgeber mit der Überlassung des Dienstwagens einräumt, besteht lediglich in der Differenz zwischen dem Wert der Nutzungsüberlassung nach § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG und dem vom Arbeitnehmer zu zahlenden Nutzungsentgelt (vgl. BFH, Urteile v. 4.7.2023, VIII R 29/20, BStBl II 2023, 1005, Rz. 29; v. 30.11.2016, VI R 2/15, BStBl II 2017, 1014, Rz. 23).
Die vom Kläger im Streitfall getragenen Aufwendungen (Maut-, Fähr- und Parkkosten sowie die AfA für den Fahrradträger) sind keine an den Arbeitgeber gezahlten Nutzungsentgelte, zeitraumbezogene Einmalzahlungen oder übernommene Anschaffungskosten des Dienstwagens.
Getragene Aufwendungen nicht von der Abgeltungswirkung der 1 %-Regelung erfasst
Ferner mindert sich der Vorteil des Arbeitnehmers aus der Überlassung des Fahrzeugs, soweit der Arbeitnehmer im Rahmen der privaten Nutzung einzelne (nutzungsabhängige) Kraftfahrzeug-Kosten übernimmt (vgl. BFH, Urteil v. 30.11.2016, VI R 2/15, BStBl II 2017, 1014, Rz. 14 ff.). Er muss insoweit gegenüber dem Arbeitgeber zur Tragung dieser Aufwendungen für das überlassene Fahrzeug vertraglich verpflichtet sein (BFH, Urteil v. 4.7.2023, VIII R 29/20, BStBl II 2023, 1005, Rz 32).
Dabei mindern jedoch nur solche vom Arbeitnehmer vertraglich übernommenen und getragenen Aufwendungen den Vorteil aus der Überlassung des Fahrzeugs, die bei einer (hypothetischen) Kostentragung durch den Arbeitgeber Bestandteil dieses Vorteils und somit von der Abgeltungswirkung der 1 %-Regelung erfasst wären. Dies ist weder in Bezug auf die Maut- und Fährkosten noch in Bezug auf die Parkkosten und die AfA für den Fahrradträger der Fall.
Zur Übernahme von Maut- und Vignettenkosten, denen die Fährkosten gleichstehen, durch den Arbeitgeber hat der VI. Senat des BFH entschieden, dass darin in Abgrenzung zur Nutzungsüberlassung des Fahrzeugs die Zuwendung eines weiteren (eigenständigen) geldwerten Vorteils liege. Dieser werde nicht von der Abgeltungswirkung der 1 %-Regelung erfasst, da diese vom Arbeitgeber getragenen Kosten nicht unter die Aufwendungen im Sinne von § 8 Abs. 2 Satz 2 bis 5 EStG fallen.
Der erkennende Senat entnimmt dieser Rechtsprechung über den entschiedenen Streitfall hinaus den Grundsatz, dass die Übernahme von Kosten durch den Arbeitgeber für Privatfahrten des Arbeitnehmers zu den von diesem bestimmten Zielen außerhalb des mit der 1 %-Regelung abgegoltenen Vorteils liegt, ein betriebs- und fahrbereites Fahrzeug nutzen zu können, und einen eigenständigen geldwerten Vorteil begründet. Daraus ergibt sich, dass entsprechende Aufwendungen des Arbeitnehmers den geldwerten Vorteil nicht mindern. Dies gilt insbesondere für die vom Kläger getragenen Fähr- und Mautkosten.
Auch die Parkkosten und die AfA für den Fahrradträger können nach dieser Maßgabe nicht vorteilsmindernd sein. Denn insoweit handelte es sich, wenn der Arbeitgeber die Kosten getragen hätte, um eigenständige geldwerte Vorteile, die zu dem Vorteil der Fahrzeugüberlassung hinzuträten.
Hinweis: Prozesszinsen als Kapitaleinkünfte
Der BFH hat in seinem Urteil darüber hinaus entschieden, dass Prozesszinsen (§ 236 AO) steuerbare und steuerpflichtige Kapitalerträge nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 1 EStG sind.
BFH, Urteil v. 18.6.2024, VIII R 32/20; veröffentlicht am 14.11.2024
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