rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschlussfrist bei der Arbeitnehmerveranlagung. Kein Zwang zur Durchführung einer Veranlagung zur Berücksichtigung eines auf den Schluss des vorangegangenen Veranlagungszeitraums festgestellten verbleibenden Verlustvortrags. Einkommensteuerveranlagung
Leitsatz (redaktionell)
1. In Fällen der Antragsveranlagung unterbleibt eine Veranlagung zur Einkommensteuer, wenn die Antragsfrist des § 46 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 EStG schuldhaft versäumt wird.
2. § 56 EStDV regelt entsprechend seiner Überschrift, wann eine Einkommensteuererklärung abzugeben ist, nicht dagegen, in welchen Fällen eine Veranlagung zur Einkommensteuer zu erfolgen hat. § 56 Abs. 2 EStDV, wonach eine Einkommensteuererklärung abzugeben ist, wenn zum Schluss des vorangegangenen Veranlagungszeitraums ein verbleibender Verlustvortrag festgestellt worden ist, enthält keine Aussage dergestalt, dass eine Veranlagung zur Berücksichtigung des Verlustvortrags zwingend durchzuführen wäre.
Normenkette
EStG 1997 § 25 Abs. 1, § 46 Abs. 2 Nr. 8, § 10d Abs. 4; EStDV 2000 § 56 Abs. 2
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob eine Veranlagung zur Einkommensteuer zur Berücksichtigung eines vortragsfähigen Verlusts durchzuführen ist.
Mit Bescheid vom 11. März 2003 stellte der Beklagte (das Finanzamt – FA –) gegenüber der Klägerin den verbleibenden Verlustvortrag zur Einkommensteuer zum 31. Dezember 1999 auf 116.934,00 DM fest. Am 09. April 2003 (Eingang 10. April 2003 – Frühleerung –) reichte die Klägerin ihre Einkommensteuererklärung für 2000 beim Beklagten ein. Angegeben sind bei den Einkünften lediglich solche aus nichtselbständiger Arbeit mit einem Bruttolohn (entsprechend den Eintragungen auf der Lohnsteuerkarte) in Höhe von 48.544,00 DM. Der Beklagte lehnte eine Veranlagung zur Einkommensteuer mit dem Hinweis auf die zum 31. Dezember 2002 für eine Antragsveranlagung abgelaufene Frist ab (Bescheid vom 31. Juli 2003). Der Einspruch blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 23. August 2004).
Zur Begründung der Klage wird im Wesentlichen geltend gemacht: § 46 Abs. 2 Nr. 8 Satz 3 EStG enthalte zwar eine Regelung zur Berücksichtigung von Verlustabzügen nach § 10 d EStG als Teil einer Antragsveranlagung. Damit solle aber lediglich dem Betroffenen die Möglichkeit gegeben werden, trotz Ablaufs der Antragsfrist für das Verlustrücktragsjahr die Veranlagung zur Anrechnung von Verlusten zu erreichen. Dagegen sei für eine Veranlagung zur Berücksichtigung eines Verlustvortrags in § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG nichts bestimmt. Es gehe dementsprechend im Streitfall auch gar nicht um eine Antragsveranlagung i. S. v. § 46 EStG. Vielmehr schreibe § 56 Satz 2 EStDV zwingend eine Steuererklärungspflicht vor, wenn zum Schluss des vorangegangenen Veranlagungszeitraums wie im Streitfall ein verbleibender Verlustvortrag festgestellt worden sei. Das habe zur Folge, dass zur Berücksichtigung des Verlustvortrags für das nachfolgende Jahr eine Veranlagung durchzuführen sei. Außerdem sei der Verlustfeststellungsbescheid als Grundlagenbescheid für die Bestimmung der Einkommensteuer des nachfolgenden Veranlagungszeitraums anzusehen. Die Bindungswirkung des Grundlagenbescheids ziehe die Pflicht nach sich, einen entsprechenden Einkommensteuerbescheid zur Berücksichtigung des vorgetragenen Verlusts zu erlassen (§ 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO).
Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung des Bescheids vom 31. Juli 2003 und der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 23. August 2004 den Beklagten zu verpflichten, eine Einkommensteuerveranlagung für 2000 aufgrund der abgegebenen Einkommensteuererklärung und unter Berücksichtigung des zum 31. Dezember 1999 festgestellten verbleibenden Verlustvortrags durchzuführen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Er bezieht sich zur Begründung auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung.
Weitere Einzelheiten ergeben sich aus den gewechselten Schriftsätzen sowie aus den Behördenakten, auf die Bezug genommen wird.
Das Gericht entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 FGO).
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
1. Nach § 25 Abs. 1 EStG i. V. m. § 46 EStG ist für die Klägerin eine Veranlagung zur Einkommensteuer 2000 nicht durchzuführen.
1.1 Wird während eines Kalenderjahres Einkommen bezogen, so ist nach der abschließenden Regelung in § 25 Abs. 1 EStG eine Veranlagung zur Einkommensteuer durchzuführen, wenn und soweit nicht nach § 46 EStG eine Veranlagung ausscheidet. Nach § 46 EStG unterbleibt eine Veranlagung, wenn Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielt wurden, die dem Lohnsteuerabzug unterlegen haben (§§ 38 ff EStG) und wenn die dabei eingehobene Lohnsteuer die Höhe der Einkommensteuer – ungeachtet eines geringfügigen Einkunftsbetrags anderer Einkünfte in Höhe von 410,00 EUR, § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG – zumindest erreicht (§ 46 Abs. 2 Nr. 1 – 7 EStG). ...