Entscheidungsstichwort (Thema)
Berichtigung eines Steuerbescheides, Fahrtenbuch, private KfZ-Nutzung, verdeckte Gewinnausschüttung
Leitsatz (redaktionell)
1) Die Angabe einer falschen Berichtigungsvorschrift in einem Änderungsbescheid ist unerheblich, solange nur überhaupt die Voraussetzungen einer Berichtigungsvorschrift vorliegen.
2) Werden dem Finanzamt ein unzureichend geführtes Fahrtenbuch erst im Rahmen der Betriebsprüfung bekannt, ist eine neue Tatsache gegeben, die zur Änderung der Steuerfestsetzung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO berechtigt.
3) Ein Fahrtenbuch ist nicht ordnungsgemäß geführt, wenn lediglich für Teilzeiträume Eintragungen vorhanden und die Fahrtziele und aufgesuchten Kunden nicht hinreichend genau bezeichnet sind.
4) Dem GmbH-Geschäftsführer ist für die Privatnutzung eines PKWs aufgrund fremdüblicher Vereinbarung im Anstellungsvertrag zwar keine verdeckte Gewinnausschüttung zuzurechnen. Der Wert der Privatnutzung ist aber als Gehaltsbestandteil bei den Einkünften gemäß § 19 EStG zu berücksichtigen.
5) Der geldwerte Vorteil aus der Überlassung eines Dienstwagens zur Privatnutzung gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG führt unabhängig von den tatsächlichen Nutzungsverhältnissen zu einer Bereicherung des Arbeitnehmers und fließt diesem bereits mit der Inbesitznahme des Dienstwagens zu. Der Nutzungswert nach § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG ist hingegen nur bei tatsächlicher Nutzung des Pkw für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte anzusetzen.
Normenkette
EStG § 8 Abs. 2 S. 2, 3, 4, § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 20 Abs. 1 Nr. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 4 Sätze 2-3
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die steuerliche Behandlung der Pkw AA-BB 100 und AA-CC 200 in den Streitjahren 2009 und 2010.
Die Kläger wohnen in M. und werden seit dem Jahr 2010 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Zuvor wurde der Kläger allein zur Einkommensteuer veranlagt. Er betreibt ein Einzelunternehmen, dessen Gegenstand die Vermietung von Betriebsgrundstücken sowie die Vermittlung und Beratung von Kapitalanlagen, Versicherungen und Finanzierungen ist. Neben gewerblichen Einkünften erzielte er auch Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, aus Kapitalvermögen und sonstige Einkünfte.
Der Kläger ist zudem alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der … X. GmbH mit Sitz in F. (Amtsgericht M., HRB …, im Folgenden: „GmbH”), mit der eine Betriebsaufspaltung besteht. Der Kläger als Besitzunternehmer verpachtet dem Betriebsunternehmen u.a. Grundstücke und Gebäude. Unternehmensgegenstand der GmbH ist die Vermittlung und Beratung in den Geschäftsbereichen Kapitalanlagen, Versicherungen und Finanzierungen. Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der GmbH war im Streitzeitraum der Kläger.
Am 9.6.2008 schloss der Kläger mit der GmbH einen Geschäftsführer-Anstellungsvertrag, der den Vertrag vom 20.1.2004 ersetzte. In § 8 „Sonstige Leistungen”) war geregelt:
„(1) Für seine Tätigkeit steht dem Geschäftsführer für die Dauer des Dienstverhältnisses ein Dienstwagen Marke, Typ oder ein vergleichbarer Pkw zur Verfügung.
(2) Der Geschäftsführer ist berechtigt, das Fahrzeug auch zu privaten Zwecken und für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu nutzen. Eine Nutzungsvergütung hat er hierfür nicht zu leisten.”
Der Kläger ermittelte seinen Gewinn durch Bestandsvergleich. Er erzielte Umsatzerlöse i.H.v. 29.286,32 € (2008), 38.293,50 € (2009) und 38.693,52 € (2010) und erklärte Jahresüberschüsse laut Gewinn- und Verlustrechnungen von 24.187,68 € (2008), ./. 8.767,53 € (2009) und 1.484,39 € (2010).
Im Betriebsvermögen wies er in den Streitjahren den Pkw AA-BB 100 (Porsche 911 Turbo) aus, den er am 17.11.2008 angeschafft hatte. Der Pkw wurde unstreitig vom Kläger auch privat genutzt.
Bereits im Jahr 2006 hatte der Kläger einen Sonderposten mit Rücklageanteil i.H.v. 44.000 € gebildet. Diesen löste er im Jahr 2008 aufgrund der Anschaffung des Pkw AA-BB 100 auf. Eine Verzinsung der Auflösung des Sonderpostens mit Rücklageanteil nahm er aufgrund der Neuanschaffung nicht vor. Zudem berücksichtigte er für diesen Pkw im Jahr 2008 eine regelmäßige Absetzung für Abnutzung – AfA – von 6.133,07 € und eine Sonder-AfA i.H.v. 24.033 € (20 % von 120.168,07 € Anschaffungskosten). In den beiden Folgejahren setzte er eine regelmäßige AfA von jährlich 20.032 € an (16,67 % von 120.168,07 €).
Für den Pkw AA-BB 100 führte der Kläger Fahrtenbücher, allerdings lediglich für die Zeiträume vom 17.11.2008 bis zum 10.12.2008, vom 6.2.2009 bis zum 23.8.2009 und vom 17.4.2010 bis zum 14.10.2010. Bei den Aufzeichnungen fasste er regelmäßig Hin- und Rückfahrten in einer Zeile zusammen. Als Ziel der Fahrt nannte er lediglich Städte- bzw. Gemeindebezeichnungen. Die jeweils aufgesuchten Gesprächspartner wurden regelmäßig z.B. als „Kunde”, „Produkt” oder „Veranstaltung” bezeichnet, im Übrigen lediglich mit den Nachnamen. Das jeweilige Datum von Privatfahrten wurde nicht eingetragen, auch Tankfahrten waren nicht erkennbar. Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb wurden nicht klar erkennbar vermerkt; es ...