Dipl.-Psych. Julia Scharnhorst
Viele Menschen möchten gerne genauer wissen, wie stark ihre persönliche Resilienz ausgeprägt ist und in welchen Bereichen sie ihre Stärken oder Schwächen haben. Auch für Unternehmen wäre es interessant zu prüfen, inwiefern sich die Resilienz tatsächlich durch Maßnahmen zu deren Förderung verbessern lässt. Es stellt sich also die Frage, ob und womit sich Resilienz messen lässt. In der Psychologie werden zur Messung derartiger Konstrukte üblicherweise Fragebögen bzw. Tests eingesetzt.
Auch wenn derartige Tests sehr beliebt sind, sollte vor deren Einsatz genau überlegt werden, ob das sinnvoll ist und was damit bezweckt werden soll:
- Resilienztestung innerhalb einer Maßnahme, z. B. innerhalb eines Trainings. Das Ergebnis ist nur dem Ausfüllenden bekannt und dient lediglich seiner persönlichen Einschätzung der Resilienz und seiner Stärken und Schwächen. Für diesen Zweck würden schon Fragebögen reichen, die nicht unbedingt wissenschaftlich entwickelt und standardisiert wurden. Werden Tests in diesem Rahmen eingesetzt, dienen sie meist eher dem Reflektieren und als Grundlage zur Diskussion.
- Resilienztestung i. S. einer Evaluation von Maßnahmen im Unternehmen, die der Förderung der Widerstandsfähigkeit dienen. In diesem Fall würden die Testergebnisse von möglichst vielen Mitarbeitern gesammelt und ausgewertet werden, um Aussagen über den Erfolg der Maßnahmen treffen zu können. Dieser Zweck ist deutlich anspruchsvoller, weil die Testergebnisse über das weitere Vorgehen im Unternehmen mit entscheiden. Daher sollte ein wissenschaftlich begründetes und standardisiertes Verfahren eingesetzt werden.
Datenschutz
Wenn die Personalabteilung die Testergebnisse von einzelnen Mitarbeitern erhalten möchte, fällt das auf jeden Fall unter den Datenschutz und wäre auch mitbestimmungspflichtig.
Falls tatsächlich eine Resilienzmessung, z. B. zur Überprüfung des Erfolgs von Maßnahmen, durchgeführt werden soll, muss das passende Instrument ausgewählt werden. Dieses Instrument muss zu dem Resilienzkonzept passen, das den Maßnahmen zugrunde gelegt wurde.
Resilienz ist in der Psychologie kein einheitliches, scharf abgegrenztes Konzept. Unterschiedliche Autoren und Wissenschaftler fassen unter diesem Begriff unterschiedliche Schutzfaktoren zusammen. Sinnvollerweise sollte ein Resilienztest also die Schutzfaktoren abfragen, die auch in den Maßnahmen angesprochen und gefördert werden sollen.
Zum Resilienzmodell von Ursula Nuber ("Die sieben Säulen der Resilienz") findet sich ein Fragebogen im Buch "Der R-Faktor" von M. Rampe, der es ermöglichen soll, ein Resilienzprofil zu erstellen. Dieser Fragebogen ist allerdings nicht auf wissenschaftlicher Grundlage entwickelt oder ausgewertet worden!
Zum Resilienzmodell von Al Siebert, das aus 5 aufeinander aufbauenden Stufen besteht, gibt es ebenfalls einen Fragebogen. Dieser soll die Ausprägung der verschiedenen Fähigkeiten ermitteln, ist aber ebenfalls eher als Instrument zum Einstieg in das Thema und zur Selbstreflektion geeignet, weil er nicht wissenschaftlich evaluiert wurde.
Einen anspruchsvolleren Test gibt es zum Resilienzmodell von Reich und Shatté, das RFI (Resilience Factor Inventory), das an der Universität Pennsylvania entwickelt wurde.
Ebenfalls auf wissenschaftlicher Grundlage entwickelt und an der Universität Jena auf deutsche Verhältnisse übertragen ist die "Resilienzskala" (RS). Die beiden letztgenannten Tests wären auch zur Evaluation von Maßnahmen zur Resilienzförderung geeignet.