Prof. Dr. jur. Tobias Huep
Praktisch wichtigster Fall der bezahlten Freistellung ist die Freistellung im Zusammenhang mit einer Kündigung. Dabei besteht auch nach Ausspruch einer Kündigung die Beschäftigungspflicht des Arbeitgebers grundsätzlich fort. Allerdings gelten hier wichtige Ausnahmen, wenn der Arbeitgeber ein betriebliches Interesse an der Freistellung des gekündigten Arbeitnehmers hat. Ein solches Interesse liegt z. B. in der Wahrung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen. Nach der Rechtsprechung ist eine Freistellung nach Zugang der Kündigung regelmäßig zulässig. Etwas anderes gilt nur
- bei offensichtlicher Unwirksamkeit der Kündigung oder
- Obsiegen des Arbeitnehmers im Kündigungsschutzprozess in der ersten Instanz.
Der Weiterbeschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers kann sich auch dann durchsetzen, wenn ein besonderes Interesse des Arbeitnehmers an der Weiterbeschäftigung besteht, z. B. die Erhaltung eines Wissens- oder Kenntnisstands in bestimmten, sich schnell entwickelnden Branchen. Die Nichterfüllung des Weiterbeschäftigungsanspruchs gewährt allerdings keinen auf Entgeltzahlung gerichteten Schadensersatzanspruch, wenn der eigentliche Anspruch aus §§ 611, 615 BGB entfällt. Der Arbeitnehmer kann sich gegen die Freistellung im Wege der einstweiligen Verfügung wehren. Zulässig ist die arbeitsvertragliche Vereinbarung einer Freistellung für den Kündigungsfall bereits bei Vertragsschluss.
Die Freistellung ist nicht ohne Weiteres mit der Anrechnung von Resturlaubsansprüchen verknüpft. Dazu bedarf es einer vorherigen vertraglichen Regelung bzw. einer eindeutigen Erklärung des Arbeitgebers als "unwiderrufliche" Freistellung unter Festsetzung der genauen Urlaubstage. Einer nicht näher bestimmten Urlaubsfestlegung kann der Arbeitnehmer regelmäßig entnehmen, dass der Arbeitgeber es ihm überlässt, die zeitliche Lage seines Urlaubs innerhalb des Freistellungszeitraums festzulegen. Ein Arbeitgeber gewährt durch eine Freistellungserklärung für den Zeitraum nach dem Zugang einer fristlosen, hilfsweise ordentlichen Kündigung nur dann wirksam Urlaub, wenn er dem Arbeitnehmer die Urlaubsvergütung vor Antritt des Urlaubs zahlt oder vorbehaltlos zusagt. Allerdings überwiegt insoweit das betriebliche Interesse an der urlaubsbedingten Freistellung, sodass eventuelle Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zurücktreten. Während der kündigungsbedingten Freistellung besteht der Lohnanspruch fort. Die urlaubsbezogene Freistellung ist auch dann möglich, wenn der Betrieb des Arbeitgebers geschlossen worden ist. Der Arbeitnehmer kann eine anderweitige Beschäftigung aufnehmen, ohne dass er sich den dort erzielten Verdienst auf sein Arbeitsentgelt anrechnen lassen muss. Eine analoge Anwendung des § 615 Satz 2 BGB scheidet ohne entsprechende vertragliche Vereinbarung aus.