Rz. 16
Der Gesetzgeber schafft in § 10 Abs. 1 ArbZG gesetzliche Ausnahmetatbestände vom Verbot der Sonntagsarbeit für bestimmte Bereiche und hat dabei teilweise die früheren Regelungen der Gewerbeordnung übernommen.
Bei den in den Nummern 1, 2, 3, 6, 7 und 12 3. Alternative genannten Bereichen handelt es sich um die Beschäftigung von Arbeitnehmern in nichtgewerblichen Dienstleistungsbereichen, die vor Inkrafttreten des ArbZG nicht unter das Sonn- und Feiertagsverbot des § 105 b GewO fielen. Da nunmehr auch diese Bereiche uneingeschränkt dem ArbZG und damit dem Verbot des § 9 ArbZG unterfallen, mussten für sie Ausnahmeregelungen geschaffen werden.
4.1 Not-, Rettungsdienste, Feuerwehr (§ 10 Abs. 1 Nr. 1)
Rz. 17
Das Gesetz sieht für Dienste mit helfender Funktion eine Ausnahme vom Verbot der Sonntagsarbeit vor.
Hierunter fallen die bei der Feuerwehr sowie Not- und Rettungsdiensten beschäftigten Arbeitnehmer. Hierzu zählen sowohl die bei öffentlichen und gemeinnützigen Diensten (etwa DRK, Malteser Hilfsdienst, Technisches Hilfswerk) als auch die bei privaten, auf Gewinnerzielung ausgerichteten Einrichtungen zur Verhinderung von und Hilfeleistung bei Not- und Unglücksfällen tätigen Beschäftigten, unabhängig davon, ob die Dienste institutionalisiert sind. Als Beispiele sind ärztliche, zahnärztliche und tierärztliche Notdienste, Dienste der Flugwacht, Straßenwacht und Bergwacht, aber auch die Notrufzentralen der Automobilclubs zu nennen.
Zulässig ist die Beschäftigung der Arbeitnehmer mit den Tätigkeiten, die zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit dieser Dienste erforderlich sind. Hierzu sind aber nicht nur die Maßnahmen der Ersten Hilfe, Bergung und Transport von Verletzten oder Kranken, sondern auch die überwachenden oder lenkenden Tätigkeiten in den jeweiligen Leitstellen zu rechnen.
Von der Ausnahme der Nr. 1 werden auch handwerkliche Notdienste zur Beseitigung von Störungen an Heizungen, Klimaanlagen, Gas-, Wasser- und Elektroanlagen, aber auch Schlüssel- und Reparaturnotdienste und die zentralen Sperrannahmedienste von Banken und Kreditorganisationen erfasst.
4.2 Zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie der Funktionsfähigkeit von Gerichten und Behörden und für Zwecke der Verteidigung (§ 10 Abs. 1 Nr. 2)
Rz. 18
Die Bedeutung dieser Regelung ist in der Praxis gering, da bei der Polizei- und Ordnungsverwaltung sowie den Gerichten überwiegend Soldaten, Beamte und Richter tätig sind, für die das ArbZG bereits generell nicht gilt.
In Betracht kommt daher etwa die Beschäftigung von Angestellten in Gerichten, Staatsanwaltschaften sowie Behörden, die zur Umsetzung der im Rahmen von Bereitschafts- und Eildiensten getroffenen Entscheidungen wie etwa einstweiligen Verfügungen oder Haftbefehlen benötigt werden.
Unter die Ausnahmeregelung fallen auch unaufschiebbar notwendige Straßen- und Gleisbauarbeiten.
Rz. 19
Unter den Bereich der Verteidigung zählen die bei der Bundeswehr sowie die bei anderen, auch privaten Arbeitgebern, beschäftigten Arbeitnehmer, sofern sie Arbeiten ausführen, die dem Zweck der Verteidigung dienen.
4.3 In Krankenhäusern und anderen Einrichtungen zur Behandlung, Pflege und Betreuung von Personen (§ 10 Abs. 1 Nr. 3)
Rz. 20
Um die gesundheitliche Versorgung und Betreuung der Bevölkerung auch an Sonn- und Feiertagen zu gewährleisten, lässt das Gesetz die Beschäftigung in Krankenhäusern sowie anderen Einrichtungen zur Behandlung, Pflege und Betreuung von Personen an diesen Tagen zu. Dem Ausnahmetatbestand unterfallen zunächst alle stationären Einrichtungen, in denen Kranke, die ärztliche Behandlung oder Pflege bedürfen, versorgt werden. Hierzu zählen Krankenhäuser, aber auch Rehabilitationskliniken, Sanatorien, Kurkliniken , Kur- und Pflegeheime, Obdachlosenunterkünfte, Frauenhäuser sowie Senioren- oder Kinderheime. Aber auch der Bereich der rein pflegerischen Versorgung wird hiervon erfasst, so dass auch Arbeitnehmer von ambulanten Pflegediensten an Sonn- und Feiertagen beschäftigt werden dürfen.
Der Begriff der Betreuung ist weit auszulegen, sodass hierunter die Leistung jeglicher notwendiger Arbeiten wie Hilfe beim Essen, Anziehen oder Waschen zählt. Dabei kann eine Betreuung auch nur in Form eines Bereitschaftsdienstes erfolgen. Auch wenn keine permanente Betreuung erfolgt, sondern nur in Notfällen Mitarbeiter, die Bereitschaftsdienst leisten, zur Verfügung stehen, greift der Ausnahmetatbestand des § 10 Abs. 1 Nr. 3 ein. Daher werden nur reine Wohnheime ohne jegliches Betreuungspersonal nicht erfasst.
4.4 In Gaststätten und anderen Einrichtungen zur Bewirtung und Beherbergung sowie im Haushalt (§ 10 Abs. 1 Nr. 4)
Rz. 21
Die Vorschrift übernimmt die frühere Regelung in § 105i Abs. 1 GewO, erfasst zusätzlich aber die Beschäftigung von Arbeitnehmern im Haushalt.
Unter den Begriff Gaststätten fallen Schankwirtschaften nach § 1 Abs. 1 GastG, also Betriebe, in denen Getränke zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht werden sowie Speisewirtschaften, d. h. Betriebe, in denen zubereitete Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht werden. Dabei ist es aber unerheblich, ob der Zutritt jedermann oder nur einem bestimmten Personenkreis gestattet ist. Keine Rolle spielt auch, ob die Einrichtung gewerbsmäßig, also mit der Absicht der Gewinnerzielung, betrieben wird, sodass...