Rz. 57

In § 2 Abs. 2 werden Arbeitnehmer als Arbeiter und Angestellte und die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten definiert. Von der Berufsbildung ist nach § 1 BBiG die Berufsausbildungsvorbereitung, die Berufsausbildung, die berufliche Fortbildung und die berufliche Umschulung erfasst.

Die vorgenommene Unterscheidung in Arbeiter und Angestellte ist für das Arbeitsrecht irrelevant und kann ohnehin erst erfolgen, wenn festgestellt ist, ob ein Dienstverpflichteter Arbeitnehmer ist.[1]

 

Rz. 58

Für das ArbZG gilt der von Rechtsprechung und Literatur entwickelte allgemeine Arbeitnehmerbegriff, der inzwischen auch § 611a BGB entnommen werden kann. Danach ist Arbeitnehmer, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist.[2] Dabei ist nicht entscheidend, wie die Parteien das Verhältnis selbst bezeichnen oder welche Rechtsfolgen sie herbeiführen möchten, sondern der Geschäftsinhalt, der bei Diskrepanzen zwischen der Bezeichnung durch die Parteien und der tatsächlichen Durchführung letzterer bestimmt wird.[3] Damit soll die Umgehung der Arbeitnehmerschutzrechte verhindert werden.

[1] Richardi, § 5 BetrVG, Rz. 8.
[2] BAG, Beschluss v. 26.9.2002, 5 AZB 19/01; vgl. auch EuGH, Urteil v. 21.2.2018, C-518/15 (Ville des Nevilles ./. Rudy Matzak).

2.2.1 Vertragliche Verpflichtung zur Arbeit

2.2.1.1 Privatrechtlicher Vertrag

 

Rz. 59

Der Arbeitnehmer muss aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags für den Arbeitgeber tätig werden. Dieses Kriterium dient der Unterscheidung zu Rechtsverhältnissen, in denen Dienstleistungen aufgrund anderer als privatrechtlicher Verpflichtung erbracht werden, etwa öffentlich-rechtlicher, sodass das ArbZG beispielsweise auf Beamte oder Richter keine Anwendung findet.

 

Rz. 60

Unerheblich ist, ob der Vertrag wirksam geschlossen wurde. Eine Nichtigkeit oder Fehlerhaftigkeit des Vertrags berührt die Arbeitnehmereigenschaft des Dienstverpflichteten nicht.[1] Hier greift der Grundsatz des fehlerhaften Arbeitsverhältnisses. Vergütungsansprüche, Urlaubsentgeltansprüche und eventuelle Ansprüche auf Entgeltfortzahlung sind daher durch den Arbeitgeber zu befriedigen.[2]

2.2.1.2 Verpflichtung zur Dienstleistung

 

Rz. 61

Ferner erforderlich ist, dass der Arbeitnehmer zur Dienstleistung verpflichtet ist, mithin zur Tätigkeit und nicht zur Erbringung eines Erfolges.[1] Damit erfolgt eine Abgrenzung des Arbeitsvertrags i. S. d. § 611a BGB zum Werkvertrag nach § 631 BGB.

2.2.2 Persönliche Abhängigkeit

 

Rz. 62

Der Dienstverpflichtete muss seine Dienstleistung im Dienst eines anderen erbringen. Dies dient der Abgrenzung von der Selbstständigkeit und dem freien Dienstvertrag. Erforderlich dafür, dass der Arbeitnehmer "im Dienste eines anderen" tätig wird, ist ein gewisser Grad an persönlicher Abhängigkeit.[1] Insofern kann § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB herangezogen werden, der einen allgemeinen Rechtsgedanken bezüglich der Abgrenzung von selbstständiger zu unselbstständiger Arbeit enthält. Danach ist selbstständig, wer im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann.

 

Rz. 63

Allgemeingültige Kriterien können aufgrund der Eigenarten der verschiedenen Arbeitsverhältnisse kaum aufgestellt werden, aber die vom BAG entwickelten Maßstäbe helfen bei einer Abgrenzung. Diese müssen allerdings nicht kumulativ vorliegen, sondern anhand einer wertenden Gesamtbetrachtung zu der Annahme führen, dass der Arbeitnehmer persönlich abhängig ist.[2] Dabei sind alle Umstände des Einzelfalls in die Abwägung mit einzustellen.[3]

2.2.2.1 Fachliche Weisungsgebundenheit

 

Rz. 64

Ein Indiz für das Bestehen einer persönlichen Abhängigkeit des Arbeitnehmers ist die Weisungsgebundenheit bei Erbringung der Arbeitsleistung. Da diese aber auch im Rahmen eines Werkvertrags vorliegen kann, wie § 645 Abs. 1 BGB aufzeigt, muss dies in der Gewichtung des Merkmals entsprechend Niederschlag finden. Darüber hinaus muss auch beachtet werden, dass für Dienste höherer Art gerade keine fachliche Weisungsgebundenheit besteht, sodass dies bei der Beurteilung ebenfalls berücksichtigt werden muss.[1] Das Vorliegen oder Fehlen der fachlichen Weisungsgebundenheit lässt damit keinen zwingenden Schluss auf eine persönliche Abhängigkeit zu.

2.2.2.2 Zeitliche Weisungsgebundenheit

 

Rz. 65

In Anlehnung an § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB ist zur Bestimmung, ob ein Arbeitsverhältnis vorliegt, auch die zeitliche Weisungsgebundenheit des Arbeitnehmers als Merkmal heranzuziehen.[1] Das BAG verneint in der Regel eine Arbeitnehmereigenschaft, wenn der Dienstverpflichtete in der Einteilung seiner Zeit frei ist.[2] Allerdings entfaltet auch dieses Merkmal lediglich Indiz-Wirkung, sodass dessen Nicht-Vorhandensein keine zwingende Schlussfolgerung auf eine fehlende Arbeitnehmereigenschaft zulässt.

[1] Richardi, § 5 BetrVG, Rz 23.

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