Rz. 31
Abs. 4 gewährt dem Arbeitnehmer einen Anspruch auf Umsetzung auf einen Tagesarbeitsplatz. Hierfür legt § 6 Abs. 4 Satz 1a) bis c) abschließend Gründe fest, wann ein solcher Anspruch durch den Nachtarbeitnehmer geltend gemacht werden kann.
3.2.4.1 Allgemeine Voraussetzungen
Rz. 32
Voraussetzung für die Entstehung des Anspruchs ist das Verlangen des Arbeitnehmers. Dieses muss ausdrücklich mit einer Begründung gegenüber dem Arbeitgeber erfolgen. Form- oder Fristvorschriften bestehen für die Geltendmachung nicht.
Rz. 33
Außerdem bedarf es eines für den Arbeitnehmer geeigneten Tagesarbeitsplatzes. Dies wird dann bejaht, wenn der Nachtarbeit den für den Tagesarbeitsplatz bestehenden Anforderungen genügt und die erforderliche Qualifikation aufweist.
3.2.4.2 Gründe
Rz. 34
Ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Umsetzung an einen Tagesarbeitsplatz besteht nur dann, wenn einer der Gründe, die Abs. 4 Satz 1 a–c aufzählt, vorliegt.
3.2.4.3 Gesundheitsgefährdung
Rz. 35
Wird der Arbeitnehmer bei Fortführung der Nachtarbeit in seiner Gesundheit gefährdet und wurde dies arbeitsmedizinisch festgestellt, kann er einen Umsetzungsanspruch geltend machen. Diese Feststellung wird durch den Betriebsarzt oder durch einen externen Arbeitsmediziner durch Attest getroffen.
Rz. 36
Die Gesundheitsgefährdung muss dabei konkreter Natur sein, sie muss also im Bereich des Möglichen liegen bzw. zu erwarten sein. Teilweise wird eine hinreichende Wahrscheinlichkeit gefordert, mit der eine Beeinträchtigung der Gesundheit zu erwarten ist. Dem ist zuzugeben, dass nicht jedwede Möglichkeit einer Gesundheitsgefährdung genügen kann, um einen Umsetzungsanspruch geltend zu machen, da Nachtarbeit grundsätzlich für jeden Menschen schädlich ist. Eine generelle Gefährdung der Gesundheit, die nach dem Bundesverfassungsgericht durch Nachtarbeit ausgeht, wie beispielsweise Schlaflosigkeit, Appetitstörungen, erhöhte Nervosität, ist jedenfalls nicht ausreichend.
Rz. 37
Da aber auch insoweit die ärztliche Schweigepflicht besteht, ist eine Beurteilung durch den Arbeitgeber, wann ein Umsetzungsanspruch gerechtfertigt ist, kaum möglich. Daher wird in der Literatur mitunter eine deutliche Prognose des Arztes gefordert und dem Arbeitgeber bei Zweifeln ein Recht auf eine Nachuntersuchung ggf. durch einen anderen Arbeitsmediziner zugestanden. Alternativ wird eine Pflicht des Arbeitnehmers zur Entbindung des Arztes von der Schweigepflicht angenommen, damit der Arbeitgeber die Berechtigung des Umsetzungsverlangens prüfen kann.
3.2.4.4 Kinderbetreuung
Rz. 38
Ebenfalls dann, wenn im Haushalt des Arbeitnehmers ein Kind unter 12 Jahren lebt, das nicht von einer anderen im Haushalt lebenden Person betreut werden kann, kann der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Umsetzung geltend machen. Dies ist insbesondere für alleinerziehende Elternteile von Bedeutung.
Nicht erforderlich ist es, dass die im Haushalt lebende Person in einem Verwandtschaftsgrad mit dem Arbeitnehmer oder Kind steht. Auch ein im Haushalt lebendes Haus- oder Au-Pair-Mädchen ist damit geeignet, für die ausreichende Betreuung des Kindes zu sorgen. Nicht verwehrt werden kann der Anspruch allerdings mit der Begründung, dass beispielsweise eine außerhalb des Haushalts lebende Großmutter das Kind betreuen könnte.
Rz. 39
Die Beurteilung, ob eine andere im Haushalt lebende Person als der Arbeitnehmer zur Betreuung des Kindes herangezogen werden kann, erfolgt anhand objektiver Kriterien. Nicht entscheidend ist es deshalb, ob der Arbeitnehmer das Kind aus persönlichen Gründen durch die andere Person nicht betreut wissen möchte, wenn diese objektiv aber zur Betreuung geeignet ist. Auch nicht von Bedeutung ist, ob die Person auch willens ist, das Kind zu betreuen. Allein ausschlaggebend ist damit die objektive Fähigkeit zur Betreuung des Kindes.
Zwar sind die Bedenken, die gegen die Verfassungsmäßigkeit dieses Kriteriums vorgebracht werden, nicht von der Hand zu weisen, da damit die Entscheidungsfreiheit der Eltern berührt wird. Der damit berührte Art. 6 GG ist in Abwägung mit den konkurrierenden Grundrechten des Arbeitgebers aus Art. 12 und Art. 14 GG zu bringen. Mit der Berücksichtigung der objektiv nicht nachvollziehbaren Gründe bei der Durchsetzung des Anspruchs aus § 6 Abs. 4 Satz 1 lit. b ArbZG würde der Schutz der Arbeitgebergrundrechte aus Art. 12 GG und Art. 14 GG der Willkür des Arbeitnehmers unterliegen. Daher ist die objektive Geeignetheit als Kriterium heranzuziehen.
Rz. 40
Das Vorliegen der Voraussetzung von § 6 Abs. 4 Satz 1 lit. b ArbZG gibt dem Nachtarbeitnehmer nach Auffassung der Rechtsprechung ein Leistungsverweigerungsrecht, wenn er sich in einer unvermeidbaren Zwangslage befindet.