Rz. 47

Der gem. § 19a Abs. 1 EStG zunächst nicht versteuerte Vorteil, ist gem. § 19a Abs. 4 EStG im Rahmen der Einkunftsart nach § 19 EStG nachzubesteuern. Der Betrag der Nachversteuerung unterliegt dann auch dem LSt-Abzugsverfahren als sonstiger Bezug (§ 38a Abs. 1 S. 3 EStG). Ist ein LSt-Abzug durch den Arbeitgeber unterblieben, etwa weil er keine Kenntnis von in der Sphäre des Arbeitnehmer stattfindenden Weiterübertragungen i. S. d. § 19a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG hat, muss bei dem Arbeitnehmer (zwingend) ein Veranlagungsverfahren für Zwecke der Nachversteuerung durchgeführt werden.

 

Rz. 48

Sind seit der Übertragung der Vermögensbeteiligung mindestens drei Jahre vergangen, sind die zu besteuernden Vorteile nach der sog. Fünftel-Regelung ermäßigt zu besteuern (§ 19a Abs. 4 S. 2 i. V. m. § 34 Abs. 1 und § 39b Abs. 3 S. 9 und 10 EStG); die weiteren Voraussetzungen für die Tarifermäßigung (z. B. das Vorliegen einer Zusammenballung) sind laut Finanzverwaltung nicht zu prüfen und als erfüllt anzusehen.[1]

 

Rz. 49

Der mit drei Nummern versehene Katalog, der die Nachversteuerung auslösenden Umstände enthält (§ 19a Abs. 4 S. Nr. 1 bis 3 EStG) sowie den Zeitpunkt der Nachversteuerung selbst sind abschließend geregelt – zumindest nach Auffassung der Finanzverwaltung.[2] Im Sinne der Rechtssicherheit ist dies zu begrüßen. Insofern führen Ansässigkeitsverlagerungen, fiktive Wegzugsbesteuerung (§ 6 AStG) oder fiktive Veräußerungstatbestände i. S. d. § 17 Abs. 5 EStG für sich allein nicht zu einer Nachversteuerung.

 

Rz. 50

Auch wenn die Formulierung in § 19a Abs. 4 S. 1 EStG auf den (gesamten) nicht besteuerten Arbeitslohn abstellt und der Katalog auch mit der Formulierung "wenn" eingeleitet wird, werden die nach § 19a Abs. 1 S. 1 EStG nicht besteuerten Vorteile betragsmäßig nur "insoweit" einer Nachversteuerung unterworfen, wie für sie eine der drei enumerativen Nachversteuerungsgründe vorliegen.[3] Liegen mehrere Chargen an Übertragungen von Vermögensbeteiligungen für einen Arbeitnehmer vor, geht die Finanzverwaltung widerlegbar entsprechend der Fifo-Methode vor; angesichts der Melde- und Übersendungspflichten der Notare aus § 54 Abs. 1 EStDV und der sowieso bestehenden Dokumentationspflichten aus § 19a Abs. 6 EStG ist diese Methodenwahl keine unangemessene verfahrensmäßige Benachteiligung der Beteiligten.

7.1 Einzelheiten zu den die Nachversteuerung auslösenden Umständen des § 19a Abs. 4 EStG

 

Rz. 51

Nr. 1 des § 19a Abs. 4 EStG: Die in dieser Nr. genannten Vorgänge, insbesondere Weiterübertragungen der Vermögensbeteiligungen, setzen jeweils einen Rechtsträgerwechsel bezüglich des Vermögensgegenstands voraus. D. h. im Umkehrschluss sollten Nießbrauchsbestellungen, bei denen es zivil-, aber auch steuerrechtlich nicht zu einem Wechsel der Inhaberschaft an den Vermögensgegenständen kommt, vorbehaltlich der §§ 39 bis 42 AO diesen Tatbestand nicht auslösen.

 

Rz. 52

Nr. 2 des § 19a Abs. 4 EStG: Die Zwölf-Jahre-Haltefrist ist dahingehend zu verstehen, dass hier stichtagsbezogen 12 volle Zeitjahre, d. h. 144 Monate, vergangen sein müssen. Mangels einer speziellen Regelung zur Fristberechnung handelt es sich hier um eine Ereignisfrist; maßgebliches Ereignis ist die ursprüngliche Übertragung der Vermögensbeteiligung, die ggf. ebenfalls auch zu einem zwischen 0 und 24 Uhr gelegenen Zeitpunkt (z. B. Geschäftszeiten) vorliegen kann. Für die Berechnung der Haltefrist als Ereignisfrist gelten gem. § 108 Abs. 1 AO grundsätzlich die §§ 187 bis 193 BGB entsprechend.

Entsprechendes gilt für die 15-Jahre-Haltefrist gem. § 19a Abs. 4 S. 1 Nr. 2 EStG in der Fassung ab 1.1.2024.

 

Rz. 53

Nr. 3 des § 19a Abs. 4 EStG: Betriebsübernahmen beenden das Dienstverhältnis nicht; denn gem. § 613a BGB tritt der neue Betriebsinhaber bei rechtsgeschäftlichen Betriebsübernahmen in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein.[1] Der Tod des Arbeitnehmers beendigt auch das Dienstverhältnis aufgrund der damit eintretenden Unmöglichkeit der persönlichen Leistungserbringung, der Tod des Arbeitgebers (z. B. Einzelunternehmer) dagegen nicht (§ 1922 Abs. 1 BGB, Gesamtrechtsnachfolge der Erben auch bezüglich der Arbeitgeberstellung). Zur Frage, der Besteuerungsfolgen im Rahmen des § 19a EStG bei Tod des Arbeitnehmers vor Ablauf der zwölfjährigen Haltefrist, s. Rz. 12.

Der bisherige Arbeitgeber kann bei Beendigung des Dienstverhältnisses die Zahlung der LSt übernehmen; in diesem Fall ist der übernommene Abzugsbetrag nicht Teil des zu besteuernden Arbeitslohns (§ 19a Abs. 4 S. 1 Nr. 3 S. 2 EStG); damit wird der Vorteil des Arbeitnehmers aus der Steuerübernahme steuerfrei gestellt; die LSt ist bei der Übernahme durch den Arbeitgeber nicht höher als in dem Fall, in dem der Arbeitnehmer die LSt trägt.[2]

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