4.3.1 Bedeutung des Zuflusses

 

Rz. 88

Nach der gesetzlichen Regelung handelt es sich bei dem Zufließen um ein Tatbestandsmerkmal des Begriffs der Einnahmen (str.; Rz. 55). Ohne den Zugang geldwerter Güter (Rz. 57ff.) fehlt es daher bereits am Vorliegen einer Einnahme.

 

Rz. 89

Der Zufluss ist ferner für die zeitliche Abgrenzung von Einnahmen ausschlaggebend (zeitliche Zurechnung). Der Zeitpunkt des Zuflusses kann von erheblicher Bedeutung sein. Er entscheidet darüber, in welchem Vz (oder Lohnzahlungszeitraum) eine Einnahme zu erfassen ist. Die zeitliche Abgrenzung ist ausschließlich in § 11 Abs. 1 EStG geregelt (§ 11 EStG Rz. 4).

 

Rz. 90

Nach dem Zufluss ist auch zu entscheiden, wem die Einnahme zuzurechnen ist (persönliche Zurechnung). Einnahmen sind demjenigen zuzurechnen, dem sie zufließen, d. h. dessen Vermögen sie wirtschaftlich vermehren (Rz. 105ff.).

4.3.2 Begriff des Zuflusses

 

Rz. 91

Der Begriff des Zuflusses ist rein wirtschaftlich zu verstehen. Entscheidend ist die wirtschaftliche Vermehrung des Vermögens des Stpfl., d. h. die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die geldwerten Güter.[1] Abzustellen ist auf die Vermögensmehrung i. S. einer objektiven Bereicherung.[2] Auch bei einem Schneeballsystem sind tatsächlich ausgezahlte bzw. gutgeschriebene Renditen als Einnahmen anzusetzen, wenn der Betreiber des Schneeballsystems bei entsprechendem Verlangen des Anlegers zur Auszahlung der gutgeschriebenen Beträge leistungsbereit und leistungsfähig gewesen wäre (Rz. 250).[3]

 

Rz. 91a

Es kommt nicht darauf an, ob der Stpfl. nach zivilrechtlichen oder öffentlich-rechtlichen Grundsätzen Eigentum oder Verfügungsbefugnis an geldwerten Gütern erlangt hat. Auch woher die vom Schuldner zur Begleichung seiner (vermeintlichen) Verbindlichkeiten verwendete Mittel stammen, ist ohne Belang.[4] Einnahmen liegen nur vor, wenn tatsächlich ein Zufluss von Vorteilen von außerhalb der Sphäre des Stpfl. erfolgt. Deshalb sind weder ersparte Aufwendungen (Rz. 77) noch der Verzicht auf Einnahmeerzielung (Rz. 100) unter dem Begriff der Einnahmen zu erfassen. Ein Zufluss liegt auch dann vor, wenn der Arbeitslohn auf Weisung des Arbeitnehmers nicht an ihn ausgezahlt wird, sondern z. B. zur Erfüllung einer Verbindlichkeit des Arbeitnehmers i. S. einer Abkürzung des Zahlungswegs verwandt wird (Rz. 114).[5]

 

Rz. 91b

Nach der Rspr. des BFH sind Einnahmen (z. B. Arbeitslohn) dem Stpfl. zugeflossen, sobald er über sie wirtschaftlich verfügen kann. Die Form des Übergangs der wirtschaftlichen Verfügungsmacht ist unerheblich. Der Stpfl. erlangt diese auch dann, wenn der Geld- oder Sachwert im abgekürzten Zahlungsweg an einen Dritten für Rechnung des Stpfl. geleistet wird.[6] Besteht zwischen dem Arbeitnehmer und dem Zahlungsempfänger hinsichtlich der von diesem zu erbringenden Leistung ein Vertragsverhältnis, liegt eine Barlohnzuwendung vor. Ist dagegen der Arbeitgeber Vertragspartner des Leistungserbringers, liegt beim Arbeitnehmer ein Sachbezug vor.[7]

 

Rz. 91c

Leistet der Arbeitgeber im Rahmen eines ausgelagerten Optionsmodells zur Vermögensbeteiligung der Arbeitnehmer Zuschüsse an einen Dritten als Entgelt für die Übernahme von Kursrisiken, so führt dies bei den Arbeitnehmern zu Sachlohn, wenn die Risikoübernahme des Dritten auf einer vertraglichen Vereinbarung mit dem Arbeitgeber beruht.[8]

4.3.3 Einzelfälle

4.3.3.1 Aufbewahrung

 

Rz. 92

Güter, die der Stpfl. zur Aufbewahrung erhält, führen nicht zu einer Vermögensvermehrung (Zufluss) und damit nicht zu Einnahmen. Das Vermögen des Stpfl. ist mit dem Rückgabeanspruch des Hinterlegers belastet. Anders verhält es sich, wenn die Rückgabeverpflichtung nicht ernsthaft besteht oder wenn bereits in der Gebrauchsüberlassung ein geldwerter Vorteil zu sehen ist (z. B. unentgeltliche Pkw-Gestellung; Rz. 154ff.).

4.3.3.2 Darlehensaufnahme

 

Rz. 93

Auch die Darlehensaufnahme führt nicht zu Einnahmen, da mit dem Zugang der Darlehensvaluta gleichzeitig ein Rückforderungsanspruch des Gläubigers entsteht. Insoweit werden die Grundsätze des Bestandsvergleichs übernommen.[1] Wird ein zinsgünstiges oder zinsloses Darlehen gewährt, kann allerdings in Höhe des Zinsvorteils eine Einnahme vorliegen...

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