Distance Leading, Digital Leadership, Virtuelles Führen, Führen auf Distanz – all das sind Begriffe für den gleichen Sachverhalt: Mitarbeiter und Führungskräfte arbeiten räumlich und zeitlich entgrenzt.
Räumliche Entgrenzung meint, dass die Arbeitsleistung nicht im Unternehmen vor Ort erbracht wird, sondern an einem anderen Ort. Zeitliche Entgrenzung bedeutet, dass Arbeiten außerhalb von regulären betrieblichen Arbeitszeiten und einheitlichen Zeitzonen erfolgt.
Solche Konstellationen einer entgrenzten Arbeitsbeziehung gab es zwar schon immer, werden aber aufgrund sich verändernder Arbeitsbedingungen in der Arbeitswelt schon jetzt und in Zukunft immer häufiger vorkommen. Bereits das Arbeiten an verschiedenen Standorten eines Unternehmens, für die eine Führungskraft Verantwortung für Mitarbeiter und Leistungserbringung trägt, kann man im engeren Sinn als Führen auf Distanz bezeichnen. Mobile Arbeit durch Mitarbeiter im Außendienst oder Telearbeit, wie Arbeiten im Homeoffice, sind bekannte Varianten von Arbeitsbeziehungen ohne direkten Mitarbeiter-Führungs-Kontakt. Selbst Mitarbeiter im Personen- und Warentransport, sei es auf Straße, Schiene, auf dem Wasser oder in der Luft, sind nach arte legis entgrenzte Mitarbeiter. In der IT-Branche ist virtuelles Führen bekannt in Verbindung mit multikulturellen Teams, die über Landes- und Kontinentgrenzen weltweit verstreut in einem Team dauerhaft oder projektbezogen zusammenarbeiten.
Das Führen auf Distanz wird insbesondere in den Dienstleistungsbranchen zunehmen, da die sog. vierte Revolution in der Arbeitswelt, deren wesentliche Antriebskräfte die Globalisierung, die Digitalisierung und die rasante Entwicklung von Kommunikations- und Informationstechnologien sind, neue Arbeitsbeziehungen ermöglicht oder, anders gesagt, schafft und erlaubt. Theoretisch könnte ein Produkt erstellt oder eine Dienstleistung erbracht werden, ohne dass sich Mitarbeiter und Führungskraft jemals zu Gesicht bekommen.
Unabhängig von der Herausforderung, der Globalisierung, dem internationalen Wettbewerb, der weltweiten Vernetzung und den technischen und organisatorischen Möglichkeiten zu begegnen, ist ein kultureller Umbruch in Arbeitsbeziehungen festzustellen. Erwartungen und Ansprüche von Arbeitnehmern gegenüber ihren Arbeitgebern ändern sich: Mitarbeiter wünschen sich mehr Arbeitszeitsouveränität, passend zur Gestaltung ihrer individuellen Lebensentwürfe. Sie erwarten ein partnerschaftliches Rollenverständnis, Mitspracherechte und Gestaltungsspielräume bei der Ausführung ihrer Arbeitstätigkeiten.
Umgekehrt erwarten natürlich auch Unternehmen und Führungskräfte mehr von ihren Mitarbeitern, was sich äußert in Attributen, wie Engagement, Flexibilität, Mitdenken, Eigenverantwortung für ihre Arbeit, zusammengefasst also selbstständiges Arbeiten.
Diese beiderseitigen Erwartungen können vielfach in Deckungsgleichheit gebracht werden, wenn die Zusammenarbeit zwischen Beschäftigten und Führungskräften funktioniert. Das war schon immer so und wird auch in Zukunft so bleiben – vorausgesetzt Arbeiten 4.0 findet eine Entsprechung in Führen 4.0.