Leadership 4.0: Weiterentwicklung der Führungskompetenzen

Die Digitalisierung verändert die Zusammen­arbeit zwischen Führungskräften und deren Mit­arbeitenden massiv. Um den Heraus­forderungen der Arbeitswelt 4.0 gerecht zu werden, bedarf es einer kontinuierlichen Weiter­entwicklung der Führungskompetenzen. Welche Kompetenzen konkret für "Leadership 4.0" nötig sind, zeigt ein an der TU Dortmund entwickeltes Programm.

Die schnelle und tiefgreifende Veränderung der Arbeitswelt 4.0 stellt Führungskräfte und Personalverantwortliche vor die Herausforderung, neue Konzepte für effektives Handeln von Führungskräften bereitzustellen und sie nachhaltig zu nutzen. Doch welche Skills sind es genau, die Führungskräfte aktuell benötigen?

Diesbezüglich hat in den vergangenen Jahren das Team des Lehrstuhls für Personalentwicklung und Veränderungsmanagement der TU Dortmund sowohl die Erfahrungen von Führungskräften als auch die wissenschaftlichen Erkenntnisse aus den Bereichen Personalführung und Arbeit 4.0 genutzt, um das neue Konzept "Leadership 4.0" zu definieren, zu erstellen und in der Praxis zu testen. 

Leadership 4.0: Skillset aus vier Dimensionen

Leadership 4.0 sind diejenigen Führungsverhaltensweisen, die – nach Studien in unterschiedlichen Unternehmen zufolge – in der modernen Arbeitswelt 4.0 erfolgsrelevant sind. Dabei setzt sich Leadership 4.0 aus vier Dimensionen zusammen.

1. Partizipation

Die erste Dimension bildet die Partizipation, mit welcher Führungskräfte es ihren Mitarbeitenden ermöglichen, bei bestimmten arbeitsrelevanten Fragen mitzuentscheiden. Dies gilt bei allen für Mitarbeitende relevanten Themen wie bei Arbeitsinhalten und -prozessen (zum Beispiel Change-Prozesse) oder auch Prozessinnovationen. Sowohl in Praxis als auch Forschung wird immer deutlicher, dass Mitarbeitende nicht nur immer mehr einen Sinn bei der Arbeit erleben, sondern sich auch aktiv mit ihren Werten und Interessen in ihren Organisationen einbringen wollen. Aus diesen Gründen ist das Angebot der Partizipation für Mitarbeitende sehr wichtig. Aktuelle Studien zeigen dabei, dass Partizipation die Motivation von Mitarbeitenden und ihre Bindung an das Unternehmen stärkt. Die Partizipation stellt somit einen relevanten wie auch wettbewerbsorientierten Vorteil für Unternehmen dar.

2. Bedürfnisgerechte Arbeitsgestaltung

Da durch die Digitalisierung die Arbeitswelt von einem radikalen Wandel begriffen ist, bildet die Arbeitsgestaltung durch Führungskräfte die zweite Dimension von Leadership 4.0. Durch die Arbeitsgestaltung ermöglichen Führungskräfte die räumliche, zeitliche und die technologische Seite der Arbeit bedürfnisgerechter zu gestalten, sodass ihre Mitarbeitenden gerne sowie nachhaltig arbeiten können und wollen. 

Zur räumlichen Arbeitsgestaltung gehören beispielsweise Angebote im Bereich des Homeoffice oder mobiler Arbeit. Führungskräfte ermöglichen ihren Mitarbeitenden sowohl im Unternehmen als auch von unterwegs oder von zu Hause flexibel zu arbeiten und zu kommunizieren. Vereinbarungen hierzu sollten wieder, wie oben beschrieben, partizipativ getroffen werden. 

Der zweite Bereich der Arbeitsgestaltung gehört zu den zeitlichen Arbeitsbedingungen, also der Frage, wer wann arbeitet und wie die Teammitglieder über technologische Tools auch zeitversetzt miteinander arbeiten können. Führungskräfte moderieren hierzu den Abstimmungsprozess im Team, um auch die gegebenenfalls zeitlich versetzte Zusammenarbeit zu ermöglichen. Auch hier zeigen aktuelle Studien, dass Mitarbeitende, die ihre Wunscharbeitszeiten von ihrer Führungskraft mehr berücksichtigt sehen, motivierter und leistungsbereiter sind, weil unter anderem die Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben verbessert wird. 

Schließlich ist auch die technologische Arbeitsgestaltung ein zentrales Merkmal für die effektive Zusammenarbeit in der Arbeitswelt 4.0. Sie zeichnet sich dadurch aus, dass Führungskräfte, die diesen Leadership-4.0-Skill besitzen, für die Arbeit und die Kommunikation mit Mitarbeitenden digitale Tools wie Videoanrufe (beispielsweise Microsoft Teams für ortsunabhängige Meetings), Kommunikationstools (beispielsweise Team-Chats) und auch kollaborative Bearbeitungsprogramme (beispielsweise Dropbox, Google Drive, Microsoft Teams) nutzen. 

3. Individuelle Mitarbeiterentwicklung

Die dritte Dimension von Leadership 4.0 ist die individuelle Entwicklung, bei der Führungskräfte ihre Mitarbeitenden persönlich durch beispielsweise gemeinsame Zielsetzung, Feedback, Interessenberücksichtigung und Wertschätzung unterstützen, fordern und fördern. Studien zufolge lohnt sich die Zeit, die Führungskräfte in die Gespräche für diese individuelle Entwicklung stecken, sehr: Oft klären sich die genauen Arbeitsziele, der Sinn der Arbeit wird klarer, und die langfristige persönliche Entwicklung wird für jeden Mitarbeitenden greifbarer. Außerdem fühlen sich Mitarbeitende durch ihre Führungskraft wahrgenommen und geschätzt – alles wertvolle Motivationsbooster.

Download-Tipp: Durch Führung verbinden

Mit den verschiedenen Generationen in Unternehmen und Teams treffen unterschiedliche Erwartungen und Einstellungen aufeinander. Das Haufe Akademie Whitepaper "Von Baby Boomer bis Gen Z: Durch Führung verbinden" beleuchtet, wie Führungskräfte auf die verschiedenen Erwartungshaltungen reagieren können.

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4. Teamentwicklung

Die Teamentwicklung bildet die vierte und letzte Dimension von Leadership 4.0. Führungskräfte unterstützen hier ihr gesamtes Team durch Förderung der Zusammenarbeit und Kommunikation im Team, Stärkung des Wir-Gefühls, Übertragung von Verantwortung ans Team, Unterstützung bei der Vernetzung innerhalb und außerhalb des Teams sowie einem effektiven Konfliktmanagement. Es hat sich gezeigt, dass Führungskräfte bei der Teamentwicklung besonders erfolgreich sind, wenn sie beispielsweise Geschichten über vergangene Erfolge, und wie diese zu Stande kamen, in Meetings einbauen. Auf diese Weise erschaffen sie eine geteilte, soziale Identität, welche wiederum motivierend für die Mitarbeitenden ist und das Commitment gegenüber dem Arbeitgeber stärkt.

Insgesamt wirkt sich eine erfolgreiche Anwendung von Leadership 4.0 somit nicht nur auf das Unternehmen, sondern auch auf das Team und auf jedes einzelne Individuum im Team positiv aus. Darüber hinaus ist es auch ein wichtiges Instrument, um ein Bewusstsein sowie die Akzeptanz gegenüber Veränderungen zu schaffen. In einer unserer Studien (Nogga und Rowold, 2022)  konnten wir zeigen, dass Leadership 4.0 nicht nur zu einer Steigerung der Arbeitsmotivation oder dem Commitment, sondern auch zu einer Steigerung von Arbeitszufriedenheit führt. All jene Faktoren sind relevant, um Mitarbeitende nicht zu verlieren, die Produktivität beziehungsweise Leistung im Unternehmen zu steigern und Unternehmen damit langfristig wettbewerbs- und anpassungsfähig zu halten.

Entwicklungsprogramm für Führungskräfte 4.0

Der Change zur erfolgreichen Führung in der Arbeitswelt 4.0 gelingt nicht jeder Führungskraft - vor allem nicht in kurzer Zeit. Aus diesen Gründen haben wir ein eintägiges Entwicklungsprogramm für Führungskräfte entwickelt, das die oben kurz vorgestellten Inhalte von Leadership 4.0 trainiert. Dabei nimmt es auf die individuellen Stärken sowie Entwicklungspotenziale jeder teilnehmenden Führungskraft Rücksicht und ist gleichzeitig durch das eintägige Format sehr zeiteffizient.

Hinweis: Dies ist ein Auszug aus einem Beitrag, der erstmals erschienen ist in personalmagazin neues lernen, Ausgabe 3/2024, das Fachmagazin für Personalentwicklung. Darin können Sie weiterlesen, aus welchen Betsandteilen das sogenannte TYL 4.0 ("Train your Leadership 4.0") besteht. Als Abonnent haben Sie Zugang zu diesem Beitrag und allen Artikeln dieser Ausgabe in unserem Digitalmagazin als Desktop-Applikation oder in der App personalmagazin - neues lernen.


Die Autoren:

Prof. Dr. Jens Rowold ist Inhaber des Lehr­stuhls für Personal­ent­wick­lung und Ver­ände­rungs­management an der Tech­nischen Uni­ver­sität Dort­mund. Er pro­mo­vierte 2001 an der Uni­versität Münster und habilitierte dort im Jahr 2007 im Fach Orga­nisations­psychologie. Seine Forschungs­schwerpunkte sind Per­sonal­führung, Personal­entwicklung, Kosten-­Nutzen-Analysen sowie Gesundheit.  

Dr. Julia Nogga stu­dierte Wirtschafts­wissen­schaften an der TU Dortmund und promovierte dort von 2019 bis 2023 zum Thema Leader­ship 4.0. Seit 2023 arbeitet sie als Senior Asso­ciate People & Change Advisory bei KMPG.

Laura Wuttke stu­dierte von 2016 bis 2022 sowohl im Bachelor als auch Master Wirt­schafts­wissen­schaften an der TU Dort­mund. Seit November 2022 arbeitet sie als wissenschaftliche Mit­arbeiterin und Dok­torandin am Lehrstuhl für Personal­ent­wicklung und Veränderungs­management der TU Dortmund unter der Leitung von Prof. Dr. Jens Rowold. Ihr For­schungsthema, welches gleichzeitig Themengebiet ihrer Dissertation ist, handelt von Leadership 4.0.


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