Die größten New-Leadership-Mythen: Sechs Tipps für Führungskräfte
Globalisierung, Digitalisierung und multiple Krisen machen die Welt unvorhersehbarer. Das hat auch Auswirkungen auf die Arbeitswelt und die Rolle von Führungskräften. Dort wo traditionelle Führung mit ihren starren Hierarchien schnell an ihre Grenzen stößt, bietet New Leadership einen modernen Werkzeugkasten, der auch in der heutigen Zeit funktioniert.
Doch die Praxis zeigt, dass Führungskräfte und Mitarbeitende sich oft falsche Vorstellungen darüber machen, was New Leadership ist und was es kann. Konrad Holleis, Head of Executive Education der WU Executive Academy, hat sich die hartnäckigsten Mythen genauer angesehen:
Mythos 1: New Leadership setzt ausschließlich auf das Neue und den Wandel
Häufig wird New Leadership mit New Work, unternehmensinterner Transformation und der Digitalisierung von Geschäftsprozessen in Verbindung gebracht. Das stimmt zwar, bedeutet aber nicht, dass New Leadership erprobte Abläufe oder erfolgreiche Geschäftsmodelle außer Acht lässt. Im Gegenteil: Es geht vielmehr darum, Bewährtes beizubehalten und mit neuen Elementen zu verknüpfen – sei es im operativen Management, in der gesamten Organisation oder in der Teamentwicklung.
Tipp für die Praxis: Setzen Sie auf Evolution statt Revolution. Zeigen Sie anhand konkreter Beispiele, wie bewährte Praktiken in Ihrem Unternehmen mit neuen Ideen und Technologien kombiniert werden können. Führen Sie Pilotprojekte durch und veranschaulichen Sie den Mehrwert, indem Sie die Veränderungen über die Zeit hinweg verfolgen.
Mythos 2: New Leadership hat man drauf – oder eben nicht
Häufig gelten junge Führungskräfte mit "modernem Mindset" und sogenannte "Natural Leaders" als Idealtypen für New Leadership. Das legt nahe, dass man es entweder draufhat, ein New Leader zu sein – oder eben nicht. Dabei lassen wir allerdings außer Acht, dass die Prinzipien von New Leadership – also der Fokus auf Beziehungen, Ergebnisse, Kollaboration und Innovation – auch erlernt und trainiert werden können. Und zwar unabhängig von Alter, Erfahrung oder Führungs-Talent. New Leadership ist eine Haltung mit besonderen Fähigkeiten, die man sich aneignen kann. Allerdings, und das ist die schlechte Nachricht: Sie kann nicht einfach verordnet werden, sondern setzt voraus, dass Führungskräfte sich mit den entsprechenden Führungsprinzipien und Werten auseinandersetzen und diese reflektieren.
Tipp für die Praxis: Leadership hat viel mit Empathie und weniger mit Alter oder Erfahrung zu tun: Individuelle Führung heißt das Zauberwort. So vielseitig wie die Begabungen Ihrer Mitarbeitenden sind auch ihre Bedürfnisse. Versuchen Sie das in Ihrer Führungsarbeit zu berücksichtigen. Was eine Person braucht, ist bei der anderen möglicherweise kontraproduktiv. Und: Die vielzitierte Kundenorientierung gilt auch für Führungskräfte. Die Mitglieder Ihres Teams sind Ihre Kunden ("Servant Leadership") und so wollen sie auch behandelt werden.
Mythos 3: New Leadership bedeutet weniger Führung
Wenn Mitarbeitende mehr Verantwortung übernehmen, sich selbst organisieren und mehr Entscheidungen treffen dürfen, vermuten so manche, dass Führung obsolet wird und Chaos ausbricht. Dabei ist Führung sogar wichtiger denn je – um einen Rahmen, eine Richtung und Orientierung zu geben, Prozesse zu begleiten und den Überblick zu bewahren. New Leadership bedeutet vielmehr effektiv zu führen, damit die Mitarbeitenden mehr Verantwortung tragen und selbstbestimmt arbeiten können. Mit dem Ergebnis, dass sie motivierter sind.
Tipp für die Praxis: Kommunizieren Sie klar, dass New Leadership nicht darauf abzielt, Führung unwichtiger zu machen, sondern sie neu zu definieren. Bieten Sie Schulungen und Coachings an, um Führungskräfte dabei zu unterstützen, ihre Rolle als Rahmengeber und Orientierungspunkt effektiv auszufüllen. Arbeiten Sie anhand konkreter Beispiele heraus, wie diese Art der Führung zur Mitarbeiterentwicklung und -motivation beiträgt.
Mythos 4: New Leadership beschränkt sich auf technologische Skills
New Leadership ist ein ganzheitliches Führungskonzept und hat das Ziel, moderne Technologien im Sinne der Menschen einzusetzen. Die Technologie dient also stets den Menschen und nicht umgekehrt – ganz im Sinne des Digitalen Humanismus, oder auch der Corporate Digital Responsibility (CDR).
Tipp für die Praxis: Betonen Sie, dass New Leadership die Bedürfnisse der Menschen im Unternehmen ebenso berücksichtigt wie die strategischen Ziele des Unternehmens. Führen Sie Beispiele dafür an, wie Technologie erfolgreich eingesetzt wurde, um Prozesse zu verbessern und ermutigen Sie Ihre Teammitglieder dazu, Feedback zu geben und zu überlegen, wie neue Technologien ihre Arbeit unterstützen können.
Mythos 5: Bei New Leadership geht es darum, "weich" oder "nett" zu sein
Manche Menschen denken, dass sich New Leadership zu sehr auf Empathie, Zusammenarbeit und Integration konzentriert, und halten sie daher für schwach oder ineffektiv. Moderne Führungskräfte schaffen es jedoch, diese Aspekte zu berücksichtigen und gleichzeitig ergebnisorientiert und entscheidungsfreudig zu arbeiten. Studien zeigen, dass gerade empathische Führungskräfte viel eher in der Lage sind, Unternehmen durch schwierige Zeiten zu bringen, denn sie orientieren sich an den Menschen in und außerhalb der Organisation. Und das hat viele Vorteile für das Team: Mehr Resilienz, höhere Effizienz, niedrigere Burnout-Raten – um nur einige zu nennen.
Tipp für die Praxis: Zeigen Sie, dass Sie in der Lage sind, schwierige Entscheidungen zu treffen, während Sie gleichzeitig die Bedürfnisse und das Wohlbefinden Ihrer Mitarbeitenden im Blick behalten. Außerdem können Sie die Gründe für Ihre Entscheidungen darlegen und Teammitglieder gegebenenfalls in den Entscheidungsprozess einbeziehen.
Mythos 6: New Leadership passt nur zu bestimmten Branchen
Viele bringen New Leadership mit Bereichen wie der Tech-Branche oder Startups in Verbindung. In Wahrheit sorgt dieser Führungsansatz aber in jeder Branche dafür, dass Unternehmen in Zukunft agiler, menschzentrierter und dank neuer Technologien effizienter werden. Das betrifft den globalen Tech-Konzern ebenso wie den Handwerksbetrieb in der Region.
Tipp für die Praxis: Stellen Sie Best Practices und Erfolgsgeschichten aus verschiedenen Branchen vor, die zeigen, was New Leadership bringt und wie es funktioniert. Generell gilt aber: New Leadership ist dann besonders wirkungsvoll, wenn Sie und Ihr Team gemeinsam festlegen, welcher Führungsstil am besten für die Organisation, das Team, und die einzelnen Mitarbeiter passt. Führung ist ein Geben und Nehmen, das jeden Tag neu vereinbart werden sollte. So wie sich Organisationen und Menschen entwickeln, so kann sich auch das Führungsverständnis verändern.
Das könnte Sie auch interessieren:
Kolumne Leadership: Managen kann man viele, führen nur wenige
-
Workation und Homeoffice im Ausland: Was Arbeitgeber beachten müssen
1.993
-
Essenszuschuss als steuerfreier Benefit
1.713
-
Vorlage: Leitfaden für das Mitarbeitergespräch
1.500
-
Ablauf und Struktur des betrieblichen Eingliederungsmanagements
1.276
-
Probezeitgespräche als Feedbackquelle für den Onboarding-Prozess
1.249
-
Krankschreibung per Telefon nun dauerhaft möglich
1.129
-
BEM ist Pflicht des Arbeitgebers
1.031
-
Checkliste: Das sollten Sie bei der Vorbereitung eines Mitarbeitergesprächs beachten
709
-
Das sind die 25 größten Anbieter für HR-Software
514
-
Modelle der Viertagewoche: Was Unternehmen beachten sollten
390
-
Tipp der Woche: Mehr Inklusion durch KI
19.12.2024
-
Gleichstellung in Europa verbessert sich nur langsam
16.12.2024
-
Fünf Tipps für effektive Recruiting-Kampagnen zum Jahresstart
13.12.2024
-
Eine neue Krankenkasse als Zeichen der Fürsorge
11.12.2024
-
Wie Personalarbeit wirtschaftlichen Erfolg beeinflusst
10.12.2024
-
1.000 neue Fachkräfte für den Glasfaserausbau
09.12.2024
-
KI für eine inklusive Arbeitswelt
06.12.2024
-
Weihnachtsgeld: Wer bekommt wie viel?
05.12.2024
-
Mit Corporate Volunteering Ehrenamt ins Unternehmen bringen
05.12.2024
-
Die Angst vor KI lässt nach
05.12.2024