DVCT-Award geht an Programm zu Selbstführung bei Bosch
Die Schlagzeilen über Bosch waren am Abend der Award-Verleihung im Publikum noch präsent: Der Konzern will in Konsequenz der umfassenden Transformation in der Automobilbranche rund 3.800 Stellen allein in Deutschland abbauen. Davon betroffen sind auch die beiden Standorte Stuttgart-Feuerbach und Schwieberdingen, an denen die Finalistinnen und Bosch-Mitarbeiterinnen Dagmar Kerkamm und Kathrin Jann ihre Lernreise, für die sie mit dem DVCT-Award ausgezeichnet wurden, anbieten.
Mitarbeitende in der Transformation unterstützen
Genau diese Herausforderungen sind aber auch Antrieb für die beiden, um ihr Lernkonzept voranzutreiben. Ihr Ziel: Im sogenannten „Wellenreiter-Club“ sollen die Teilnehmenden auf Basis von psychologischem Empowerment lernen, wie sie ihre Veränderungsfähigkeit steigern und so die Transformation selbst mitgestalten können. Die psychische Gesundheit steht dabei im Vordergrund – ein Thema, das seit Corona ins Bewusstsein des Managements gerückt sei und einen hohen Stellenwert einnehme, so die Finalistinnen in ihrem Vortrag.
Die Idee dazu kam Kathrin Jann im Bali-Urlaub. Nach ihrer Rückkehr nutze sie die mitgenommenen Eindrücke und gründete zusammen mit Dagmar Kerkamm den „Wellenreiter-Club“. Alle Bosch-Mitarbeitenden, die Interesse am Thema „Selbstführung“ haben, können Mitglied werden. Das Angebot umfasst Coaching, Wissenstransfer und Peer-Learning mit Beziehungsangeboten. Das Club-Setting dient der Bündelung der diversen internen Angebote der Sozialberatung, der Personalentwicklung sowie des Coachingspools, die auch vorher bereits im Unternehmen vorhanden waren. Durch den Clubgedanken erhalten diese nun wesentlich mehr Aufmerksamkeit. Zudem wird so der Netzwerkgedanke gestärkt und die Kontinuität der Lernreise betont.
Besonders wichtig ist den Finalistinnen dabei: Das Angebot ist freiwillig, für alle, läuft hochindividuell sowie selbstgesteuert und soll sehr niedrigschwellig sein, um möglichst einfach viele Mitarbeitende mitzunehmen auf dem Weg der Transformation. Offenbar gelingt das: Das Angebot besteht seit gut einem Jahr und von den circa 16.000 Mitarbeitenden an beiden Standorten sind bereits 1.000 Clubmitglieder – eine Zahl, die unter den L&D-Profis in Publikum und Jury Erstaunen und Anerkennung hervorrief.
Auszeichnung als qualifiziertes Produkt: Spocklab und M-Power-Haus
Auch die anderen Finalistinnen konnten das Publikum (dessen Wertung mit einer Stimme in die Entscheidung einbezogen wurde) und die Jury überzeugen, sodass sie die Auszeichnung als „Qualifiziertes Produkt“ erhielten.
Corina Milek und Cornelia Hogrefe von der PfO Beratungsgesellschaft mbH stellten mit „Spocklab” einen Sharepoint-basierten Online Classroom für kooperatives Lernen sowie aktive und bedarfsorientierte Lernreisen vor. Die beiden entwickeln diese dreidimensionalen virtuelle Lernräume, die als Lernumgebung ansprechend und ganz spezifisch auf die Bedürfnisse der jeweiligen Lerngruppe angepasst werden können. Sie bieten damit die technologische Komponente, die individuell zugeschnittene Trainings online begleiten kann und so Blended-Learning-Konzepte und modulare Lernreisen einbinden kann.
"Spocklab" unterstützt das selbstgesteuerte Lernen, indem die Lernenden die Freiheit erhalten, Inhalte in ihrem eigenen Tempo und nach ihren individuellen Bedürfnissen auszuwählen und zu bearbeiten. Gleichzeitig unterstützen die Trainier und Trainerinnen die Lernenden aktiv als Lern-Coach durch ad hoc in den Lernprozess eingesteuerte Tipps und Feedback zu asynchron und synchron erarbeiteten Ergebnissen. So sind eine kontinuierliche Lernerfolgskontrolle und Transferbegleitung möglich.
Training zur Traumaprävention für Lokführer
Marion Abend präsentierte mit ihrem Konzept „M-Power Haus“ eine Traumaprävention für Lokführende zur Vorbereitung auf Personenunfälle und Schienensuizid. Wörtlich abgeleitet soll das „Ermächtigungshaus“ (englisch – empower = ermächtigen) einen gesunden Umgang mit akuten, belastenden Ereignissen trainieren – präventiv, wie Abend klarstellte und damit die Innovativität ihres Ansatzes betonte.
Durch das zweitägige Training sollen die Teilnehmenden einen Rahmen für individuelle Reaktionsmöglichkeiten im Falle eines Unfalls erhalten, um damit dem Gefühl der Ohnmacht entgegenzusteuern. Mit Übungen wird das Bewusstsein für das eigene Stressverhalten sensibilisiert und die Akzeptanz und das Verständnis für den eigenen seelischen Gesundheitszustand gestärkt. Die Teilnehmenden lernen, eigene Grenzen zur leichteren Bereitschaft für professionelle Unterstützung zu erkennen und ein Handwerkzeug anzuwenden, das auf andere akute Situationen übertragbar ist.
Über den DVCT-Award 2024
Mit dem Award bietet der Deutsche Verband für Coaching und Training e.V. Trainern und Trainerinnen sowie Coachs die Möglichkeit, sich mit Innovationen im Themenfeld Learning & Development zu präsentieren und ihre Arbeit von Profis der Weiterbildungs- und Personalwelt bewerten zu lassen. Prämiert werden richtungweisende Ideen für neue Zugänge zur Gestaltung von Lern- und Entwicklungsprozessen. Ebenfalls werden veränderungswirksame Ansätze im Training und Coaching, in der Personal- und Organisationsentwicklung sowie im Bereich der Bildungstechnologie ausgezeichnet.
Um das Finale zu erreichen, müssen die Teilnehmenden zunächst den sogenannten "Rütteltest" der DVCT-Fachexperten in der Vorrunde überstanden haben. Im Finale müssen die Bewerbenden das stimmberechtigte Publikum und die Fachjury überzeugen. In diesem Jahr waren Lars-Peter Linke, stellvertretender Vorstandvorsitzender des DVCT, Jürgen Neff, DVCT-Beirat, Katrin Höftmann, Talentmanagerin bei Tui, sowie Kristina Enderle da Silva, Chefredakteurin des Award-Medienpartners „neues lernen“, in der Jury.
Der DVCT ist mit über 1.900 Mitgliedern der nach eigenen Angaben größte Fachverband für Coachs und Trainern sowie Trainerinnen im deutschsprachigen Raum.
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