Coaching und Mentoring als Teil der Personalentwicklung

Führungskräfte und Personalverantwortliche stürzen sich auf das Zauberwort "Retention", also Mitarbeiterbindung. Kein Wunder - in Zeiten fehlender Fachkräfte sollte man die schon vorhandenen Mitarbeitenden umso mehr umgarnen. Ein wichtiger Hebel sind Mentoring und Coaching. Ein Überblick über Formate und Möglichkeiten.

Mitarbeitende binden und gleichzeitig Young Professionals und etablierte Fachkräfte anziehen - das ist das Recruiting-Ziel vieler Unternehmen. Ein wichtiger Faktor dafür sind Coachings, Weiterbildungen und Mentoring-Programme. Denn in unserer schnellebigen Arbeitswelt legen selbst (oder gerade?) schon Berufseinsteiger Wert auf Future Skills und lebenslanges Lernen. Für Personalverantwortliche wird das zunehmend zur Herausforderung.

Weiterbildung off the job, near the job und on the job

Kein Wunder: Die Personalentwicklungsformate sind zahlreich. Grob klassifizieren kann man die Maßnahmen nach den drei Kategorien "off the job", "near the job" und "on the job". Klassische Seminare oder Trainings gehören zur ersten Kategorie. Sie werden auch den formalen Weiterbildungen zugeordnet. Die gegenteilige Kategorie "on the job" umfasst Weiterbildung, die im Arbeitsprozess stattfindet. Hier spricht man auch vom informellen Lernen, das zum Beispiel durch "Job Enlargement" oder "Job Enrichment" von der Personalentwicklung gefördert werden kann.

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Mentoring und Coaching sind "Near the job"-Maßnahmen

Zu den "Near the job"-Maßnahmen zählen Formate wie Mentoring und Coaching. Sie werden oft auch als beratende Weiterbildungsmaßnahmen zusammengefasst. Dabei ist gerade das Coaching inzwischen fester Bestandteil im Instrumentenkoffer der Personalentwicklung von Unternehmen geworden, zeigt die Auswertung einer Umfrage der Managementberatung Machwürth Team International. Doch daneben gibt es noch mehr Weiterbildungsformate, die auf einer Form von Beratung basieren.

Um Personalern, Führungskräften und Mitarbeitenden eine erste Orientierung und eine Grundlage zur Auswahl des passenden Instruments zu bieten, sind hier die gängigsten Entwicklungsformate "near the job" zusammengestellt:

Coaching: Hilfe zur Selbsthilfe steht im Zentrum eines Coaching-Prozesses. Durch gezielte Fragen des Coachs entwickeln die Coachees eigene Lösungen für ihre Problemstellungen.

Mentoring: Eine erfahrene Person (der Mentor oder die Mentorin) gibt ihr fachliches Wissen an eine weniger erfahrene Person (dem oder der Mentee) weiter. Es sind in der Regel erfolgreiche Führungskräfte, die ihr Know-how teilen.

Patenprogramme: In Universitäten und Schulen kommen häufig Patenprogramme zur Anwendung, aber auch in Unternehmen sind sie anzutreffen. Ältere Studenten, Schüler oder langjährige Mitarbeitende sind dabei Ansprechpartner für Neulinge. Patenprogramme sind eine Art abgespeckte Variante vom oder Vorstufe zum Mentoring.

Supervision: Unter Supervision versteht man eine psychologische Beratung. Sie wird häufig mit Coaching gleichgesetzt, richtet sich in ihrer ursprünglichen Form aber nicht an alle Manager oder Beschäftigte, sondern primär an Berater oder Coachs selbst. Klassisch ist Supervision also eine Beratung für Berater.

Kollegiale Fallberatung: Bei der kollegialen Fallberatung findet eine Beratung in der Gruppe statt. Jedes Gruppenmitglied kann sein konkretes Anliegen aus dem Arbeitsalltag vorstellen und erhält Feedback von den anderen Teilnehmenden.

Varianten des klassischen Mentorings

Gerade beim Mentoring gibt es einige Abwandlungen des Formats, um unterschiedliche Personengruppen und Lernziele anzusprechen. So geht es etwa beim Cross-Mentoring darum, dass erfahrene Mitarbeitende ihr Know-how über die Unternehmensgrenze hinweg an jüngere Berufstätige weitergeben. Beim Peer-Mentoring stehen sich Mitarbeitende aus der gleichen Hierarchiestufe als Mentor und Mentee gegenüber. Häufig findet dieses Format auch als Gruppen-Mentoring statt.

Beim Reverse Mentoring, also einem "umgedrehten“ Mentoring, tritt nicht der ältere und/oder erfahrenere Mitarbeitende, sondern ein jüngerer Mitarbeitender als Mentor auf – etwa, um als Digital Native seinen digital weniger erfahrenen Kollegen Nachhilfe zu gängigen Social-Media-Diensten wie Twitter oder Facebook zu geben.

Coaching dient auch der Organisationsentwicklung

Eine strategische Personalentwicklung geht in der Regel mit der Organisationsentwicklung einher. Entsprechend sind auch die Weiterbildungsformate nicht immer nur darauf ausgelegt, ein bestimmtes persönliches Entwicklungsziel eines Mitarbeitenden zu erreichen. Vielmehr dient die Maßnahme gerade im Bereich der Führungskräfteentwicklung auch dazu, die Unternehmenskultur zu ändern. So wird zum Beispiel das Coaching inzwischen vermehrt zur Organisationsentwicklung eingesetzt, wie die Studie von Machwürth zeigt. Themen wie Zusammenarbeit und Kooperation, Arbeits- und Selbstorganisation sowie Ergebnissicherung rücken dabei stärker in den Fokus. Deshalb wird das Coaching-Angebot in vielen Unternehmen zunehmend auch auf Mitarbeitende ohne Führungsverantwortung ausgedehnt.

Auch Gruppen- und Projektcoachings gehen über die persönliche Weiterentwicklung Einzelner hinaus. Laut der Machwürth-Studie sind sie noch nicht so weit verbreitet wie Einzel-Coachings, die befragten Personalentwickler gehen aber davon aus, dass sich dies künftig ändern wird. Auch der "Coaching und Training Award 2020" des Deutschen Verbands für Coaching und Training (DVCT e.V.) bildet diesen Trend ab: Ausgezeichnet wurde Meike Christiansen mit ihrem Teamcoaching-Tool "Trust ease". Damit können die Mitglieder eines Teams einen Mangel an gegenseitigem Vertrauen beheben und so die Performance steigern.

Außerdem gibt es gezielte Diversity-Coachings, mit denen eine inklusive Kultur in den Unternehmen gefördert werden soll. Sowohl Coachings für Führungskräfte, die ihre wichtige Vorbildfunktion bei der Inklusion im Coaching reflektieren, als auch Coachings für einzelne Mitarbeitende, die beispielsweise ihre Vorurteile reflektieren und überwinden wollen, können dabei zum Einsatz kommen.

Vorsicht bei der Vermarktung von Mentoring-Programmen

Wer auf die Entwicklungsformate "near the job" setzen möchte, sollte auch darauf achten, dass er diese nach Innen und Außen transparent und definitionssicher bewirbt. Denn Wissenschaftler der Wirtschaftshochschule International School of Management (ISM) stellten bereits 2017 am Beispiel der Vermarktung von Mentoring-Programmen fest, dass Bewerber mit einem Hinweis auf solche Programme in Stellenausschreibungen zwar vielfältige, abwechslungsreiche und wichtige Aufgaben verbinden. Sie befürchten dabei aber auf der anderen Seite ein stärkeres Maß an sozialer Kontrolle und den Verlust von Selbstständigkeit – denn der Mentor könnte ständig ihre Arbeit überwachen. Dabei widerspricht genau das dem Prinzip des Instruments, das auf einer vertrauensvollen Zusammenarbeit von Mentor und Mentee beruht.


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