Lernen findet immer noch im Kopf statt


2
Auch mit KI findet Lernen immer noch im Kopf statt

Das Jahr ist noch jung, doch eines ist absehbar: Generative KI wird auch 2025 das dominierende Thema in Learning & Development bleiben. Die Debatte darüber, ob KI-Tools Weiterbildung wirklich verbessern, ist längst in vollem Gange, zeigt unsere Kolumnistin Gudrun Porath – die trotz allem auch den menschlichen Faktor beim Lernen betont.

KI durchzieht das digitale Lernen wie ein unsichtbares Netz – überall präsent, oft unbemerkt. Kompetenzlücken? Werden natürlich automatisch durch Algorithmen erkannt. Lerninhalte zur Überbrückung der individuellen Skill-Gaps entsprechend den Anforderungen der Organisation? Werden selbstverständlich automatisch aus vorhandenen Dokumenten generiert oder einfach dem Trainer-Avatar im Video mit vertrauter Stimme in den Mund gelegt. Die Lernenden brauchen Unterstützung und Ansprache? Auch den Chatbot so zu füttern, dass sich jeder persönlich angesprochen fühlt, ist für die KI, entsprechend gepromptet, nur eine banale Herausforderung. Das alles ist keine Science Fiction mehr, sondern ein Meer von Möglichkeiten, das auch die Anbieter von E-Learning-Lösungen mit entsprechenden Tools fördern. Wer nicht mit der Zeit geht, geht schließlich mit der Zeit.

KI spielt eine zentrale Rolle in der Weiterbildung

Folgerichtig erschienen Ende vergangenen Jahres reihenweise Studien und Umfragen, die sich mit dem Einsatz von KI in L&D in Unternehmen beschäftigen. Das "SCIL F&E-Blitzlicht 2024" zu generativer KI im Arbeitsfeld L&D/PE von Christoph Meier von der Universität St. Gallen stellte beispielsweise im Dezember fest, dass generative KI-Werkzeuge bislang vor allem zur Generierung von textbasierten Lernmaterialien eingesetzt. Andere Nutzungspotenziale finden hingegen noch wenig Beachtung. L&D-Professionals wiederum gaben an, dass sie die Arbeit mit generativen KI-Tools als produktivitätssteigernd und stärkend empfinden. 

Auch andere Umfragen deuten darauf hin, dass Content King ist, wenn es um den Einsatz von generativer KI in L&D geht. Der Weiterbildungsanbieter Cegos GmbH etwa teilte Ende Oktober mit, dass generative künstliche Intelligenz eine immer zentralere Rolle in der Weiterbildung spielt. Demnach nutzen 44 Prozent der Mitarbeitenden bereits KI-basierte Lernmethoden, während 81 Prozent der HR-Entscheidungsträger diese Technologie einsetzen oder planen, sie bald in Schulungen zu integrieren.

Vor lauter KI im Lernprozess dürfen wir den Menschen nicht vergessen

Hier sind wir also fast vollständig durchautomatisiert. Die Adaption von KI in der Content-Produktion, sicher nicht nur in der textbasierten, schreitet mit Riesenschritten voran. Doch die entscheidende Frage bleibt: Nutzen wir KI wirklich so, dass sie das Lernen effektiver macht? Die britische KI-Expertin Philippa Hardman etwa ist überzeugt, dass es nicht ausreicht, generische KI-Modelle nur als technisches Werkzeug zu nutzen, um das Potenzial für L&D voll auszuschöpfen und mehr Wirksamkeit zu erzielen. Sie fordert vielmehr, spezialisierte Werkzeuge zu entwickeln und sich auch auf L&D-Workflows zu konzentrieren. Außerdem brauchen wir laut Hardman einen Fokus auf die Integration pädagogischer Prinzipien und die Priorisierung der Lernqualität über reine Effizienz- und Kostenziele hinaus.

Damit spricht Hardman einen Punkt an, der mir bei der ganzen Technik-Bubble, in der wir uns bewegen, sehr oft einfach zu kurz kommt. Menschen sind keine Roboter. Noch haben wir keine Chips implantiert, die uns lenken. Auch wenn uns der ständige Blick auf das Smartphone, mit dem insbesondere der Nachwuchs geradezu verwachsen zu sein scheint, etwas anderes suggerieren mag. Lernen bleibt ein zutiefst menschlicher Prozess – mit Reflexion, Erfahrung und emotionaler Verankerung. KI kann diesen unterstützen, aber niemals ersetzen. Das sollten wir bei all der technologischen Euphorie nicht vergessen. Davon bin ich überzeugt, obwohl auch ich gerne und oft generative KI als Werkzeug benutze. Lassen Sie uns gerne über das Thema sprechen, zum Beispiel auf der Zukunft Personal Nord in Hamburg. Wir sehen uns!


Über die Kolumnistin: Gudrun Porath ist freie Journalistin. Sie beobachtet unter anderem für das Haufe Personal-Portal und die Zeitschrift "personalmagazin - neues lernen" die Trends auf dem E-Learning-Markt.