Wie Unternehmen eine Förderkultur schaffen

Beschäftigte in Deutschland schätzen sich selbst als hilfsbereit ein, erleben jedoch selten Unterstützung durch andere. Das zeigt eine repräsentative Umfrage des Coachinganbieters Inkonstellation, die das Marktforschungsinstitut Bilendi unter 1.011 Berufstätigen bundesweit durchgeführt hat.
Demnach sind mehr als drei Viertel der Befragten bereit, ihre Kolleginnen und Kollegen bei der Entwicklung ihrer Karriere zu unterstützen: 37 Prozent stimmen der Aussage zu, dass sie gerne als Mentorin oder Förderer für andere Mitarbeitende fungieren möchten, 40 Prozent glauben, dass sie diese Rolle bereits erfüllen. Dabei zeigen sich geschlechtsspezifische Unterschiede: Frauen geben mit 40 Prozent etwas häufiger an als Männer (35 Prozent), dass sie gerne eine solche Funktion für jemanden übernehmen möchten. Andererseits identifizieren sich Männer mit 44 Prozent bereits deutlich häufiger mit der Rolle des Förderers als Frauen, von denen dieser Aussage nur 35 Prozent zustimmen.
Wenig Karriereförderung durch Führungskräfte
Trotz dieser positiven Selbsteinschätzung berichten nur sechs Prozent der Befragten, dass eine Person aus dem Kollegenkreis sie im Laufe ihrer beruflichen Laufbahn gefördert hat. Stattdessen kommt die meiste Unterstützung aus dem privaten Umfeld: 53 Prozent geben an, dass vor allem ihre Eltern ihre berufliche Entwicklung gefördert haben, bei acht Prozent war es eine Freundin oder ein Freund. Zehn Prozent der Befragten berichten, dass eine lehrende Person sie in ihrer Karriere weitergebracht hat.
Führungskräfte als unterstützende Person nennen dagegen nur 16 Prozent der Teilnehmenden. Gerade junge Beschäftigte erleben Vorgesetzte als wenig hilfreich: Nur acht Prozent der Befragten zwischen 18 bis 29 Jahren geben an, dass eine Führungskraft sie in ihrer Karriere gefördert hat – obwohl diese Form der Unterstützung gerade für den Berufsstart besonders wichtig ist. Bei den 30- bis 39-Jährigen steigt dieser Anteil auf 24 Prozent.
Insgesamt haben 20 Prozent der Männer eine fördernde Führungskraft erlebt, bei den Frauen sind es nur zwölf Prozent. Die Zahlen sollten Führungskräften zu denken geben, da es ja mitunter zu ihrem Job gehört, Talente zu fördern und Mitarbeitende zu empowern. In vielen Organisationen fällt dies auch in den Tätigkeitsbereich von HR oder Learning & Development. Ob und wie diese Abteilungen Mitarbeitende gezielt fördern oder ob sich die Befragten durch HR und L&D gefördert fühlen, hat die Studie allerdings nicht untersucht.
Manche Führungskräfte scheinen sich sogar negativ auf die Karriere ihrer Mitarbeitenden auszuwirken: 16 Prozent der Befragten geben an, dass eine Führungskraft sie blockiert habe – und werfen den Vorgesetzten unter anderem destruktive Kritik (46 Prozent), einschränkende Kontrolle (35 Prozent) sowie das Zurückhalten von Informationen (34 Prozent) vor. Doch nicht nur Führungskräfte können im Weg stehen: 14 Prozent der Befragten berichten, dass eine Kollegin oder ein Kollege ihre berufliche Entwicklung blockiert habe. Drei Viertel derjenigen, die mit blockierenden Personen zu tun hatten, erlebten deren Einfluss als stark oder sehr stark.
Was Mitarbeiterförderung bedeutet
Wer in seiner Karriere gefördert wurde, schreibt dieser Person meist positive Eigenschaften zu. 57 Prozent nennen Respekt als wichtigste Kompetenz, gefolgt von Empathie mit 47 Prozent. Auch aktives Zuhören, ein gutes Gespür für Situationen sowie wertvolles Feedback und Kommunikation werden von mindestens vier von zehn Befragten als prägende Merkmale genannt. Interessanterweise bewerten diejenigen, die von einer Führungskraft gefördert wurden, diese Person nicht ganz so positiv.
Die Befragten sind vor allem dankbar dafür, dass ihre Mentorin oder ihr Wegbereiter ihnen ihre Stärken klargemacht und sie gelehrt hat, diese zu nutzen; 88 Prozent stimmen dieser Aussage zu. 85 Prozent berichten zudem, dass die Person ihnen entscheidende Impulse für die persönliche Entwicklung gegeben habe, 82 Prozent seien gut in einer Veränderungssituation begleitet worden. Am seltensten erhielten die Befragten Hilfe beim Networking: Nur 64 Prozent geben an, dass die unterstützende Person sie mit entscheidenden Menschen zusammengebracht hat.
Zudem sind die meisten Befragten durchaus optimistisch, was ihr eigenes Potenzial für eine Rolle als fördernde Person angeht: Ganze 59 Prozent der Teilnehmenden glauben, die dafür notwendige Wertschätzung anderen gegenüber mitzubringen und 58 Prozent sind überzeugt, empathisch genug zu sein, um sich in andere hineinzuversetzen und deren Bedürfnisse zu verstehen. 45 Prozent glauben zudem, einen guten Blick für die berufliche Situation ihrer Kollegen und Kolleginnen zu besitzen, um Handlungsoptionen für deren Karrieresituation zu erkennen. Doch die Befragten zeigen sich in mancher Hinsicht auch selbstkritisch: Knapp die Hälfte räumen ein, dass sie etwa beim aktiven Zuhören, dem Blick auf die Situation anderer oder beim Feedbackgeben durchaus noch Lernbedarf hätten. Vor allem beim letzten Punkt denken viele, dass diese Fähigkeit bei ihnen noch ausbaufähig ist.
Förderkultur fördern
Die Ergebnisse geben bereits Hinweise darauf, wo Unternehmen ansetzen könnten, um eine Kultur des gegenseitigen Förderns zu etablieren: gerade Kompetenzen wie Zuhören und Feedbackgeben lassen sich in Workshops und Seminaren erlernen. Das würde sich laut Einschätzung der Befragten lohnen: Jeweils 58 Prozent stimmen der These zu, dass mehr Personen in fördernden Rollen zu einer besseren Arbeitsatmosphäre beitragen sowie die Motivation und Produktivität steigern würden. Viele sehen zudem positive Auswirkungen auf das Talent Management (55 Prozent), auf die Zusammenarbeit (54 Prozent) und die Bindung an den Arbeitgeber (52 Prozent).
Um mehr Menschen zu Förderern und Unterstützerinnen zu machen, sollten Unternehmen gezielt an ihrer Kultur arbeiten: Die Befragten halten vor allem Schulungen für Führungskräfte, eine offene Kommunikationskultur sowie gelebte Wertschätzung und Anerkennung für wirkungsvolle Maßnahmen.
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