3.3.1 Menschlichkeit
Menschen wollen vor allem eins: Respekt, Anerkennung, Wertschätzung und Bindung. Und dieses Bedürfnis ist vollkommen altersunabhängig.
Wenn Angehörige verschiedener Generationen aufeinandertreffen, ist dies ein Thema der Haltung:
- Bin ich grundsätzlich offen, meinem Gegenüber menschlich zu begegnen?
- Bin ich bereit, ihn oder sie in seinem/ihrem Kontext und Bedürfnissen bewusst wahrzunehmen?
- Ist mir bekannt, was mein Gegenüber will oder was er zu leisten bereit ist?
Wie finde ich das heraus?
Egal ob als junger oder älterer Vertreter meiner Generation, der Schlüssel liegt in der Kommunikation! Dies gelingt durch:
- Miteinander respektvoll reden,
- offen füreinander sein,
- Fragen stellen,
- zuhören,
- Bedürfnisse analysieren,
- Perspektivenwechsel einzunehmen,
- Rahmenbedingungen klären, ...
Viele der sozialen Kompetenzen sind die Schlüssel für ein gelingendes Miteinander. Und auch soziale Kompetenz ist nicht altersabhängig. Es ist die Haltung zu meinem Gegenüber, vor allem wenn er sich durch diverse Merkmale von mir unterscheidet.
Der erste Schritt ist die Eigenreflektion:
- Welches Bild habe ich von meinem Gegenüber?
- Und bin ich bereit mich auf den Menschen vor mir wahrhaftig einzulassen?
- Sind mir meine eigene Stärken bewusst, erkenne ich die Stärken des Anderen?
- Empfinde ich sein Verhalten als Konkurrenz oder verursacht es Angst, nicht mehr gut genug zu sein?
Diese Fragen sind enorm wichtig, um vorurteilsfrei in eine generationsübergreifenden Begegnung zu gehen. Für diese Reflektion eignen sich auch diese Fragen:
- Was will ein Bewerber der Generation Y?
- Was ist ihm wirklich wichtig?
- Welche Prioritäten setzt er in seinem ganz individuellem Lebenskontext?
- Was ist einem erfahrenen Babyboomer wichtig?
- Welche Erwartungen hat eine Babyboomer an die jüngere Generation?
- Wie wird Bindung im Unternehmen erlebt? Wer gehört zusammen? Wer fühlt sich ausgegrenzt? Hat dies mit Altersgruppen zu tun?
- Wie kann man aktive Bindung und Zugehörigkeitsgefühl innerhalb der Organisation stärken?
Dies sind alles Beispiele an Impulsfragen, die gestellt werden dürfen – von allen Beteiligten.
Das gemeinsame Ziel ist, dass das menschliche Grundbedürfnis nach dem "gegenseitigen Gesehen werden" erfüllt wird. Dies ist eine stabile Basis für ein gelingendes, altersübergreifendes Arbeiten. Wie das konkret aussehen kann, wird im nächsten Kapitel höchst pragmatisch beschrieben.
3.3.2 Sicherheit
Kommen wir zum zweiten menschlichen Urgrundbedürfnis – nach Sicherheit.
Sicherheit war den Babyboomern sehr wichtig. Regelmäßiger Lohn und planbare Karriereverläufe gaben den Babyboomern das Gefühl, sicher durchs Leben zu kommen. Der jüngeren Generation wird oft nachgesagt, sie wollten frei sein und alles nach ihren Vorstellungen gestalten. Doch dies ist ein Trugschluss, denn unter diesem großen weltweiten "Alles ist möglich"-Angebot verbirgt sich die völlige Überforderung nach der richtigen Wahl und der entsprechenden Entscheidung. Derzeitige Stapelkrisen verstärken den Wunsch nach Sicherheit. Was bleibt? An was oder wem kann ich mich in unsicheren Zeiten überhaupt noch orientieren? Viele Vertreter der Generation Y & Z wünschen sich
- nachvollziehbare Regelwerke,
- klare Rahmenbedingungen,
- orientierungsspendende Wertesysteme.
Diese sicherheitsgebenden Leitplanken erfüllen das menschliche Grundbedürfnis nach Sicherheit.
Im Kontext der generationsübergreifenden Arbeit bedeutet dies, die gemeinsame Erarbeitung von Unternehmensvisionen, von allen Beteiligten gelebte Unternehmenswerte, klaren Rollenbeschreibungen, kommunizierte Entscheidungspielräume, klar formulierte Verantwortungsbereiche, aufgestellte Regelwerke, transparente Unternehmensstrategien, sozial vertretbares internes und externes Beziehungsverhalten, deutliche Erwartungen an Führungsebenen und Mitarbeiterschaft.
Dies sind alles Themen einer gut gelebten Unternehmenskultur: In allen Facetten eine klare Informationsübergabe auf allen hierarchischen Ebenen. Dies fördert ebenfalls eine generationsübergreifende Zusammenarbeit. Denn die Bedürfnisse und Vorstellungen der diversen Generationen werden wahrgenommen und konstruktiv miteinander verwoben. Sicherheitsspendende Rahmenbedingungen, altbewährte Werte, Erfahrungsschätze und daraus resultierende Ableitungen für sinnvolle Regelungen – dies alles hilft den Mehrwert von Generationenarbeit zu steigern. Krisen zu meistern, das haben einige Vertreter der älteren Generation schon vielfach vollbracht und gleichzeitig bringt die jugendliche Vitalität alternative flexible Lösungsstrategien mit ins Spiel, um aus Krisen gestärkter hervorzugehen.
3.3.3 Freiraum
Freiraum, Entwicklung und Autonomie sind ebenfalls menschliche Urgrundbedürfnisse. Zu Babyboomerzeiten galt eher das Prinzip: Schule, Ausbildung, Beruf, Rente. Einmal etwas Anständiges gelernt – das reicht. In Neuzeiten ist diese stringente Form kaum noch nachvollziehbar. Die Arbeitsbedingungen, der globale Wandel, die Vielfalt der Krisen erfordert eine hohe Anpassungs- und Lernbereitschaft. Immer! In jedem Lebensabschnitt!
Von daher wird dieses Bedürfnis v...