Rz. 21

Ausnahmsweise unterliegen Geldforderungen, die zum Vermögen des Schuldners zählen, dann nicht der Pfändung, wenn sie aufgrund gesetzlicher Regelungen oder wegen sonst vorrangigen Rechts (z. B. des Völkerrechts) unpfändbar sind.

5.1 Diplomatische Vertretungen

 

Rz. 22

Die hoheitlichen Zwecken dienenden Forderungen ausländischer diplomatischer Missionen, konsularischer Vertretungen und sonstiger exterritorialer Personen unterliegen nicht der Pfändung. Dies ist z. B. der Fall bei Forderungen aus einem laufenden Bankkonto einer Botschaft, das im Inland errichtet ist und zur Deckung der laufenden Kosten der Mission bestimmt ist. Das folgt aus den allgemeinen Grundsätzen und Folgen der Exterritorialität (§§ 18 bis 20 GVG). Durch die Pfändung einer Forderung hingegen, deren Drittschuldner eine ausländische Botschaft ist, werden Rechte der ausländischen Mission zunächst nicht betroffen. Die Pfändung einer inländischen Forderung gegen einen ausländischen Drittschuldner kann daher vom Gläubiger betrieben werden (Stöber, Rn. 38 ff.; LG Leipzig, JurBüro 2012, 327; OLG Frankfurt, MDR 1976, 321; Mülhausen, WM 1986, 959; a. A. LG Stuttgart, NJW 1986, 1442). Zu unterscheiden ist hierbei der Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses, für den das Wohnsitzvollstreckungsgericht des Schuldners (§ 828 Abs. 1 ZPO) sachlich und örtlich zuständig ist, von der Frage der Zustellung als Wirksamkeitsvoraussetzung der Pfändung (§ 829 Abs. 3 ZPO). Ersteres kann das deutsche Vollstreckungsgericht vornehmen, ohne in die territoriale Hoheitsgewalt eines fremden Staates einzugreifen; der Pfändungsbeschluss allein lässt die Rechtsstellung des ausländischen Drittschuldners noch unberührt (vgl. Stöber, Rn. 40). Die Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses gegen den ausländischen Drittschuldner erfolgt sodann im Parteibetrieb (§§ 829 Abs. 2 Satz 1, 191 ff. ZPO) unter ggf. Zuhilfenahme der deutschen Justizverwaltung, die das Zustellungsgesuch an den ausländischen Staat weiterleitet. Unabhängig davon ist die Frage zu beurteilen, ob der ausländische Staat die Rechtswirkungen der Pfändung anerkennt. Diese Problematik ist jedoch für das deutsche Vollstreckungsgericht im Rahmen der Beurteilung des Erlassgesuches hinsichtlich des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses nicht von Relevanz (LG Leipzig, JurBüro 2012, 327). Die Zustellung eines solchen Pfändungsbeschlusses und die Durchsetzung des Arrestatoriums allerdings setzen die – freiwillige – Mitwirkung des ausländischen Staates voraus. Diese wird in den seltensten Fällen gegeben sein (ausführlich Stöber, Forderungspfändung, Rn. 39 bis 42).

 

Rz. 23

Besondere Regelungen gelten indes hinsichtlich der Zwangsvollstreckung durch Pfändung von Bezügen von Angehörigen ausländischer Streitkräfte aus dem NATO-Verbund, die in der Bundesrepublik Deutschland stationiert sind (NATO-Truppenstatut und Zusatzvereinbarung sowie Gesetz zum NATO-Truppenstatut und zu den Zusatzvereinbarungen; ausführlich Stöber, Rn. 45 bis 52).

5.2 Nicht abtretbare Forderungen

 

Rz. 24

Forderungen sind nur insoweit der Pfändung unterworfen, als sie abtretbar bzw. übertragbar sind (§ 851 ZPO). Eine Ausnahme macht – um Manipulationen zuungunsten des Gläubigers zu verhindern – § 851 Abs. 2 ZPO in den Fällen, in denen die Nichtübertragbarkeit der Forderung ausschließlich auf einer privatrechtlichen Abrede zwischen Forderungsinhaber und Drittschuldner beruht.

 

Rz. 25

Unübertragbarkeit kann sich ausdrücklich aus Vorschriften des materiellen Rechts ergeben (z. B. § 38 BGB: Unübertragbarkeit der Mitgliedschaft in einem Verein, wenn in der Satzung nichts anderes bestimmt ist, § 40 BGB). Gem. § 399 1. Alt. BGB sind Ansprüche unübertragbar, wenn die Leistung an einen anderen als den ursprünglichen Gläubiger nicht ohne Änderung des Leistungsinhalts erfolgen kann. Das ist anzunehmen, wenn

  • die Leistung auf höchstpersönlichen Ansprüchen des Berechtigten beruht, die nur er selbst erheben kann, oder
  • ein Gläubigerwechsel (anders als bei solchen höchstpersönlichen Ansprüchen) zwar rechtlich vorstellbar, das Interesse des Schuldners an der Beibehaltung einer bestimmten Gläubigerperson aber besonders schutzwürdig ist oder
  • ohne Veränderung des Leistungsinhalts die dem Gläubiger gebührende Leistung mit seiner Person so verknüpft ist, dass die Leistung an einen anderen Gläubiger als andere Leistung erscheinen würde. In diesen Fallgruppen ist die Abtretbarkeit – und damit auch die Pfändbarkeit – ausgeschlossen, weil anderenfalls die Identität der Forderung nicht gewahrt bliebe (BGH, WM 1986, 70 = DB 1986, 266 = NJW 1986, 713 = MDR 1986, 310 = JZ 1986, 336 = MittBayNot 1986, 17 = BauR 1986, 98 = ZIP 1986, 234 = BB 1986, 840; BGH ZEV 2010, 91 = FamRZ 2010, 367 = NZM 2010, 523 = NJW-RR 2010, 1235).

Aus dem Wortlaut des § 851 Abs. 2 ZPO könnte man schließen, dass Geldforderungen dennoch stets gepfändet werden könnten, da Geld als geschuldeter Gegenstand immer der Pfändung unterworfen ist. Sinn und Zweck des § 851 Abs. 2 ZPO ist es jedoch, zu vermeiden, dass der Schuldner durch die Vereinbarung eines Abtretungsverb...

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