9.12.1.1 Allgemeines

 

Rz. 207

Die Ansprüche aus einer Lebensversicherung sind als Forderungen auf eine Geldzahlung grundsätzlich pfändbar, und zwar vor wie nach Eintritt des Versicherungsfalls, wenn die aus ihr resultierenden Ansprüche zum Vermögen des Schuldners gehören. Deshalb können sämtliche Rechte aus einer (Lebens-)Versicherung gepfändet werden, ohne dass es darauf ankommt, ob der Versicherungsfall bereits eingetreten oder die Versicherung gekündigt ist (BGH, Vollstreckung effektiv 2018, 169 = ZInsO 2018, 1804 = MDR 2018, 1080 = NJW 2018, 2732 = NZI 2018, 705; BGH, NJW 2012, 1510). Die Pfändung erfolgt mittels des amtlichen Pfändungsformulars gem. Anspruch E (an Versicherungsgesellschaften). Allerdings gilt es zu beachten, dass ein auf Pfändung von Ansprüchen aus Versicherungsverträgen bei einer Lebensversicherungsgesellschaft gerichteter Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, der die gepfändeten Forderungen nur abstrakt – generell ohne Bezug auf einen konkreten Versicherungsvertrag bezeichnet, regelmäßig - dahingehend auszulegen ist, dass er lediglich uneingeschränkt pfändbare Forderungen umfasst, nicht aber solche, die zum Zeitpunkt des Erlasses des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses nicht oder nur nach Maßgabe des § 850b Abs. 1 Nr. 1 ZPO pfändbar waren. Insofern muss der Gläubiger eine Pfändbarkeit durch ausdrückliche gerichtliche Anordnung gem. § 850b Abs. 2, 3 ZPO herbeiführen (BGH, Vollstreckung effektiv 2018, 169 = ZInsO 2018, 1804 = MDR 2018, 1080 = NJW 2018, 2732 = NZI 2018, 705; BGH, NJW 2012, 1510). Beschränkungen bestehen auch nach §§ 850 Abs. 3 Buchst. b, 850b Abs. 1 Nr. 4 ZPO und für Lebensversicherungen von Handwerkern (für vor dem 1.1.1962 abgeschlossene Lebensversicherungen gilt Pfändungsschutz nach § 22 Abs. 1 der 1. DVO HWG).

Zum Vermögen des Schuldners (Versicherungsnehmers) gehören die Ansprüche, wenn im Versicherungsvertrag ein begünstigter Dritter nicht benannt ist oder die Begünstigung eines Dritten noch widerrufen werden kann (vgl. § 159 VVG). Hat der Versicherungsnehmer seine Rechte aus einer Lebensversicherung vor der Pfändungsmaßnahme wirksam an den Versicherer zur Sicherung eines von diesem gewährten Darlehens abgetreten, kann eine Pfändung den Anspruch nicht mehr erfassen und geht ins Leere (OLG Frankfurt/Main, InVo 2002, 114; BGH, NJW 1987, 1703 = JR 1987, 415 m. Anm. Gerhardt; NJW 1988, 495). Die Abtretung, die in diesen Fällen die Vereinigung von Forderung und Schuld zur Folge hat, führt auch nicht zu einer Konfusion (OLG Düsseldorf, NJW-RR 1999, 1406). Die Pfändung wird auch nicht durch eine Rückabtretung der Forderung wirksam (OLG Frankfurt/Main, InVo 2002, 114). Die Pfändung eines Anspruchs auf den Rückkaufswert einer Lebensversicherung umfasst nicht auch den Anspruch des Versicherungsnehmers auf Rückabtretung seiner Forderung (OLG Düsseldorf NJW-RR 1999, 1406).

9.12.1.2 Pfändbare Ansprüche

9.12.1.2.1 Zahlung der Versicherungssumme

 

Rz. 208

Die Versicherungssumme gibt an, welche Versicherungsleistung durch die Versicherung bei einem Versicherungsfall zu erbringen ist. Die Höhe des Betrages wird bei Vertragsschluss zwischen Versicherungsgesellschaft und Versicherungsnehmer festgelegt. Bei der kapitalbildenden Lebensversicherung wird die Versicherungssumme auch als Ablaufleistung bezeichnet, die dem Versicherungsnehmer am Ende der Laufzeit zur Verfügung steht. Bei der Lebensversicherung gibt es zwei Versicherungsfälle, in deren Rahmen es zu einer Auszahlung der Versicherungssumme kommt:

  1. Tod des Versicherungsnehmers: es wird die komplette vertraglich festgelegte Summe an die Hinterbliebenen ausgezahlt.
  2. Ablauf der Versicherung (Erlebensfall): die auszuzahlende Versicherungssumme setzt sich zusammen aus der Garantiesumme, die zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung festgeschrieben wurde und der Überschussbeteiligung.

Im Unterschied zur kapitalbildenden Lebensversicherung wird die Versicherungssumme bei einer Risikolebensversicherung nur im Todesfall des Versicherungsnehmers ausgezahlt. Es wird also kein Vermögen aufgebaut, auf das nach Ablauf der Laufzeit, beispielsweise zum Zwecke der Altersvorsorge, zurückgegriffen werden könnte.

9.12.1.2.2 Überschussbeteiligung

 

Rz. 209

Dem Versicherungsnehmer steht gem. § 153 VVG eine Beteiligung an dem Überschuss und an den Bewertungsreserven (Überschussbeteiligung) zu, es sei denn, die Überschussbeteiligung ist durch ausdrückliche Vereinbarung ausgeschlossen.

9.12.1.2.3 Rückkaufswert

 

Rz. 209a

Wird eine Versicherung, die Versicherungsschutz für ein Risiko bietet, bei dem der Eintritt der Verpflichtung des Versicherers gewiss ist, durch Kündigung des Versicherungsnehmers, durch Rücktritt oder Anfechtung des Versicherers aufgehoben, hat der Versicherer den Rückkaufswert zu zahlen.

 

Rz. 209b

Zum Vermögen des Schuldners (Versicherungsnehmers) gehören die Ansprüche, wenn im Versicherungsvertrag ein begünstigter Dritter nicht benannt ist oder die Begünstigung eines Dritten widerrufen werden kann. Hat der Schuldner seine Rechte aus einer Lebensversicherung vor der Pfändungsmaßnahme wirksam an den Versicherer zur Sicherung eines von diesem gewährten Darlehens abgetreten, kann eine Pfändung d...

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