Rz. 6
Die Überweisung zur Einziehung stellt die reguläre, weil in den meisten Fällen für den Gläubiger weniger risikoreiche, Form der Verwertung nach § 835 ZPO dar und ist daher im Zweifelsfall als die vom Gläubiger gewählte Form anzunehmen, zumal die Überweisung an Zahlungs statt gewöhnlich nur auf ausdrücklichen Antrag des Gläubigers erfolgt (LSG Rheinland-Pfalz, NZS 2019, 240). Diese Form der Überweisung der Forderung entspricht der Form der Verwertung rechtsgeschäftlich verpfändeter Forderungen. Der Pfandgläubiger ist nach Eintritt der Pfandreife gemäß § 1282 Abs. 1 Satz 1 BGB zur Einziehung der Forderung gegenüber dem Schuldner berechtigt (BGH, Rpfleger 2017, 99 = DGVZ 2017, 35 = ZIP 2017, 399 = JR 2019, 25 = IBR 2017, 53 = MDR 2017, 14 = Vollstreckung effektiv 2017, 22). Hierdurch wird der Gläubiger materiell-rechtlich zu allen im Recht des Schuldners begründeten, der Befriedigung dienenden Maßnahmen ermächtigt.
Die Überweisung zur Einziehung macht den Pfändungsgläubiger nicht zum Inhaber (Rechtsnachfolger) der gepfändeten Forderung. Die Inhaberschaft der Forderung oder des Rechts verbleibt vielmehr bei dem Schuldner (vgl. BGH, NJW 1978, 1914; BGHZ 82, 28). Deshalb erwirbt der Gläubiger die Verfügungsbefugnis nicht uneingeschränkt (BGH, Vollstreckung effektiv 2019, 122 = DGVZ 2019, 124 = Rpfleger 2019, 405 = ErbR 2019, 428 = JurBüro 2019, 379). Die Überweisung der Forderung zur Einziehung an den Gläubiger stellt sich als zwangsweise Abtretung "schwächeren Grades" dar (LSG Rheinland-Pfalz, NZS 2019, 240; MünchKomm/ZPO-Smid, § 829 Rn. 42). Die Forderungspfändung findet ihre materiell-rechtliche Entsprechung im Recht der Verpfändung, §§ 1273 ff. BGB. Die Kompetenzen des Pfändungsgläubigers an der beschlagnahmten Forderung beruhen vielmehr darauf, dass dem Gläubiger durch den Akt der staatlichen Zwangsvollstreckung ein Pfändungspfandrecht an der Forderung begründet wird (vgl. § 1273 BGB; MünchKomm/ZPO-Smid, § 829 Rn. 42). Die Überweisung stellt vielmehr das vollstreckungsrechtliche Gegenstück zur materiell-rechtlichen Abtretung dar. Sie führt, anders als die Überweisung an Zahlungs statt, auch dann nicht zur Befriedigung des Gläubigers, wenn die gepfändete Forderung besteht und nicht einredebehaftet ist. Vielmehr ist der Gläubiger erst dann befriedigt, wenn er vom Drittschuldner die von diesem auf die gepfändete Forderung geschuldete Zahlung erhält (BGH, WM 2011, 993 = ZInsO 2011, 980 = MDR 2011, 754 = VersR 2011, 1056 = NJW 2011, 2649 = ZGS 2011, 294 = JurBüro 2011, 498 = JuS 2011, 1032). Er kann bei Zahlungsunfähigkeit des Drittschuldners weiterhin in andere Vermögenswerte des Schuldners vollstrecken, ohne seinen Titel verbraucht zu haben.
Rz. 7
Die Überweisung zur Einziehung führt zu keiner Prozessstandschaft (OLG Köln, Rpfleger 2003, 370) mit der Folge, dass der Gläubiger befugt ist, im eigenen Namen (und nicht als Vertreter des Schuldners) und für eigene Rechnung die gepfändete Forderung und die dazu gehörenden Nebenrechte wie z. B. Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch (OLG Karlsruhe, NJW-RR 1998, 990; AG Calw, JurBüro 2001, 109) gegenüber dem Drittschuldner geltend zu machen und die Forderung einzuziehen. Das Einziehungsrecht ist hingegen kein selbstständiges Vermögensrecht und unterliegt nicht der Pfändung (Musielak/Voit/Flockenhaus, § 835 Rn. 11 m. w. N.; OLG Stuttgart, Rpfleger 1983, 409; LG Leipzig, Rpfleger 2000, 401; a. A. MüKoZPO/Smid, § 835 Rn. 12 m. w. N.). Als Nebenrecht besteht es in Akzessorietät zur Pfändung (OLG Stuttgart, Rpfleger 1983, 409; a. A. LG Osnabrück, NJW 1956, 1076). ). Er ist damit ermächtigt, alle Handlungen vorzunehmen, die im Recht des Schuldners begründet und der Befriedigung des Anspruchs dienlich sind (BGHZ 82, 28 = WM 1981, 1338 = JZ 1982, 24 = ZIP 1981, 1380 = NJW 1982, 173 = JurBüro 1982, 63 = DB 1982, 325 = BauR 1982, 71 = Rpfleger 1982, 73 = MDR 1982, 221 = Information StW 1982, 111 = JuS 1982, 300 = JR 1982, 285 = BB 1982, 1446).
Handelt es sich um eine Geldforderung i. S. d. § 829 Abs. 1 ZPO, darf der Pfändungsgläubiger im eigenen Namen die Forderung kündigen, einziehen (sofern der Anspruch fällig ist; LSG Rheinland-Pfalz, NZS 2019, 240; OLG Brandenburg, 20.12.2007, 5 Wx 11/07 m. w. N., juris), mit ihr aufrechnen (BGH, NJW 2001, 287; LSG Rheinland-Pfalz NZS 2019, 240) und vor allem auf Leistung an sich klagen (BGH, NJW 1978, 1914). Der Pfändungsgläubiger kann zudem die ihm zur Einziehung überwiesene Forderung zum Insolvenzverfahren des Drittschuldners anmelden und zusammen mit dem Schuldner das Stimmrecht ausüben (Zöller/Herget,§ 836, Rn. 4) Die Verwertung eines zur Einziehung überwiesenen Rechts kann aber nur in der Weise vollzogen werden, dass das zur Einziehung überwiesene Recht tatsächlich "verwertet" wird, nicht aber in der Weise, dass der Anspruch, in den vollstreckt wird, entschädigungslos entwertet oder seine Durchsetzung lediglich erschwert wird. Dies stellt keine Vollstreckung und Verwertung dar. Die Überweisung zur Einziehung verschafft dem Pfändung...