Rz. 1
Die Norm regelt Besonderheiten für die Zwangsvollstreckung in bestimmte Renten und rentenähnliche Bezüge, die wie Arbeitseinkommen dem Lebensunterhalt des Schuldners dienen (BGH, NJW-RR 2007, 1390 = FamRZ 2007, 1646 = MDR 2007, 1218 = Rpfleger 2007, 614 = JurBüro 2007, 607 = ZVI 2007, 553). Die Regelung dient der Existenzsicherung des Schuldners.
Die Norm ist anzuwenden bei der Pfändung sämtlicher Forderungen in Bezug zu Arbeitseinkommen gem. § 850 ZPO. Die grundsätzliche Unpfändbarkeit, die nur im Einzelfall und unter bestimmten Voraussetzungen nach Abs. 2 ganz oder teilweise aufgehoben werden kann, soll dafür sorgen, dass dem Schuldner das Existenzminimum verbleibt (BGH, WM 2010, 271 = ZInsO 2010, 188 = Rpfleger 2010, 233 = MDR 2010, 408 = ZVI 2010, 102; BGHZ 70, 206 = BB 1978, 427 = NJW 1978, 950 = Rpfleger 1978, 131 = EBE/BGH 1978, 114 = DB 1978, 788 = VersR 1978, 447 = RuS 1978, 117 = DRsp IV(424) 104 = MDR 1978, 839 = WM 1978, 356; MünchKomm/ZPO-Smid, § 850b Rn. 1; Zöller/Herget, § 850b ZPO Rn. 1). Die Bezüge i. S. d. § 850b ZPO sind im Gegensatz zu § 850a ZPO relativ unpfändbar. Sie stellen kein Arbeitseinkommen dar (BGH, Vollstreckung effektiv 2005, 127 = WM 2005, 1185 = NJW-RR 2005, 869 = FamRZ 2005, 1083 = JurBüro 2005, 381 = Rpfleger 2005, 446 = MDR 2005, 1015; OLG Hamm, Beschluss v. 6.10.2011, 8 WF 215/11, II-8 WF 215/11 – Juris).
Sie werden als Renten oder rentenähnliche Bezüge lediglich wie Arbeitseinkommen behandelt, weil sie dem Lebensunterhalt des Schuldners zu dienen bestimmt sind. Dies betrifft u. a. (Unterhalts-) Renten, fortlaufende Einkünfte aus Stiftungen, Bezüge aus Witwen-, Waisen-, Hilfs- und Krankenkassen, die zu Unterstützungszwecken gewährt werden. Diese Leistungen können aber aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung wie Arbeitseinkommen gem. §§ 850, 850, 850d ZPO dann gepfändet werden, wenn durch die Vollstreckung in das sonstige Vermögen des Schuldners die Forderung nicht in voller Höhe getilgt werden kann und die Pfändung der "Billigkeit" entspricht (Abs. 2; vgl. Rz. 10 ff.).
Rz. 2
Vom Schutz der Regelung wird der Schuldner auch dann erfasst, wenn bevorrechtigte Unterhaltsgläubiger vollstrecken und zwar auch dann, wenn die Forderung, wegen derer die Vollstreckung betrieben wird, auf einer vom Gläubiger zum Zwecke des Unterhalts des Schuldners erbrachten Leistung beruht (BGHZ 113, 90 = NJW 1991, 839). Der dem Schuldner vom Gesetzgeber umfassend gewährte Schutz seiner Existenzgrundlage für den Fall einer Körper- oder Gesundheitsverletzung beschränkt sich damit eben nicht auf bereits entstandene Ansprüche (OLG Jena, VersR 2000, 1005; OLG Hamm, ZInsO 2006, 878).
Rz. 3
Die Regelung ist auch im Insolvenzverfahren – entgegen des Wortlauts nach § 36 Abs. 1 Satz 2 InsO – mit der Maßgabe anzuwenden, dass bedingt pfändbare Bezüge des Schuldners in die Insolvenzmasse fallen, soweit dies nach den Umständen des Falles, insbesondere nach der Art des beizutreibenden Anspruchs und der Höhe der Bezüge der Billigkeit entspricht (BGH, DB 2014, 594 = VersR 2014, 452 = ZIP 2014, 688 = MDR 2014, 470 = WM 2014, 748 = RuS 2014, 183 = FamRZ 2014, 752 = NZI 2014, 369 = ZInsO 2014, 833 = ZVI 2014, 197 = NJW-RR 2014, 683; BGH, ZInsO 2010, 188 = WM 2010, 271 = ZIP 2010, 293 = NZI 2010, 141 = Rpfleger 2010, 233 = MDR 2010, 408 = FoVo 2010, 52; a. A. LG Heilbronn, Rpfleger 2009, 640; LG Hildesheim, ZInsO 2009, 1961).
Rz. 4
Die Regelung hat auch im Rahmen der Pfändung von Guthaben bei einem Pfändungsschutzkonto (P-Konto) Gültigkeit (vgl. § 850k Abs. 4 ZPO).