Rz. 40
Die Pfändung vollzieht sich durch einen sog. Blankettbeschluss (vgl. BGHZ 166, 48 = Vollstreckung effektiv 2006, 55 = WM 2006, 488 = NJW 2006, 777 = Rpfleger 2006, 202 = FamRZ 2006, 483 = ZVI 2006, 146 = JurBüro 2006, 267 = MDR 2006, 1069; BayVWGH, Beschluss v. 1.10.2014, 3 ZB 12.461 – Juris). Dieser nimmt lediglich Bezug auf die Tabelle nach § 850c Abs. 5 Satz 2 ZPO und enthält keine näheren Angaben über den genauen pfändbaren Betrag.
Die betragsmäßige Feststellung des pfändbaren Einkommens bleibt somit dem Drittschuldner unter Berücksichtigung der gesetzlichen Pfändungsfreigrenzen für Arbeitseinkommen nach den §§ 850ff. ZPO überlassen (BayVWGH, Beschluss v. 1.10.2014, 3 ZB 12.461 – Juris; VG Würzburg, Beschluss v. 9.6.2005, W 5 E 05.455 – Juris). Im Gesetz fehlt hierzu eine ausdrückliche Regelung.
Rz. 41
Das Vollstreckungsgericht beziffert beim Erlass eines Blankettbeschlusses weder den Betrag, der vom Drittschuldner an den Gläubiger abzuführen ist, noch enthält der Beschluss Angaben über die Anzahl der unterhaltsberechtigten Personen. Der Gläubiger braucht daher in seinem Antrag auch keine Angaben über die Unterhaltspflichten des Schuldners zu machen. Der Drittschuldner hat regelmäßig die Höhe des pfändbaren Betrages selbst zu berechnen und deren Grundlagen zu ermitteln (§ 850e ZPO; SG Trier, JurBüro 2011, 326 = NZS 2011, 236). Dabei wird dem Arbeitgeber als Drittschuldner die Aufklärungslast – und das damit verbundene Risiko – für ihn nicht zugängliche Tatsachen zur Frage gesetzlicher Unterhaltspflichten auferlegt. Er hat materielle Fragen des Unterhaltsrechts nicht selbst und eigenverantwortlich aufzuklären. Vielmehr kann er diesbezüglich regelmäßig den Angaben des Schuldners vertrauen und sein Verhalten daran ausrichten. Es ist dann Sache des Gläubigers, die streitige Frage der Unterhaltslast ggf. in einem Verfahren nach § 850c Abs. 6 ZPO vom Vollstreckungsgericht klären zu lassen (BAG, DB 1983, 1263 = WM 1983, 739 = MDR 1983, 788; BayVWGH, Beschluss v. 1.10.2014, 3 ZB 12.461 – Juris). Dementsprechend braucht er etwaigen Zweifeln an der bestehenden Unterhaltspflicht und der Gewährung von Unterhalt nicht von sich aus nachzugehen und eigene Nachforschungen anzustellen, sondern kann sich bei der Berechnung des pfändbaren Arbeitseinkommens i. d. R. auf die Eintragungen in der Lohnsteuerkarte (heute: Lohnsteuerabzugsmerkmale) bzw. auf sonstige Lohn-/Personalunterlagen verlassen (BAG, DB 1975, 1370 = MDR 1975, 695 = FamRZ 1975, 488 = WM 1975, 468 = Rpfleger 1975, 298; LAG Mainz, BB 1966, 741). Zu Ermittlungen – etwa durch Befragung des Arbeitnehmers – ist der Arbeitgeber nur verpflichtet, wenn sich objektive Zweifel am Bestehen von bei Lohnsteuerabzug zu berücksichtigenden Unterhaltspflichten ergeben (LAG Hamm, Urteil v. 14.11.2012, 2 Sa 474/12 – Juris). Der Arbeitgeber, dem von seinem Arbeitnehmer mitgeteilt wird, dass er verheiratet ist und eine bestimmte Zahl minderjähriger Kinder zu unterhalten hat, kann deshalb bei der Berechnung des pfändbaren Teils des Arbeitseinkommens von einer dementsprechenden Zahl unterhaltsberechtigter Personen ausgehen, ohne irgendwelche Nachforschungen anstellen zu müssen. Diesen Personen ist der Schuldner nach §§ 1360, 1603 BGB nämlich auch dann zum Unterhalt verpflichtet, wenn dadurch sein eigener Unterhalt gefährdet wird. Nur wenn der Arbeitnehmer volljährige oder verheiratete Kinder oder sonstige Angehörige als unterhaltsberechtigte Personen berücksichtigt wissen will, muss der Arbeitgeber i. d. R. nachprüfen, ob entsprechende Unterhaltsansprüche bestehen, d. h. nach dem Arbeitseinkommen der betreffenden Personen fragen und prüfen, ob das Arbeitseinkommen des Arbeitnehmers ausreicht, ohne Gefährdung des eigenen angemessenen Unterhalts die Unterhaltsleistungen zu erbringen (BAG, BAGE 53, 359 = BB 1987, 550 = DB 1987, 794 = NJW 1987, 1573 = MDR 1987, 524). Eine solche Auslegung steht auch im Einklang mit den im Lohnpfändungsrecht besonders wichtigen Grundsätzen der Rechtsklarheit und Praktikabilität (BAG, BAGE 53, 359 = BB 1987, 550 = DB 1987, 794 = NJW 1987, 1573 = MDR 1987, 524; BayVWGH, Beschluss v. 1.10.2014, 3 ZB 12.461 – Juris). Dem entspricht es, dass sämtliche Beteiligten, insbesondere Gläubiger und Drittschuldner, leicht und zuverlässig feststellen können, welcher Teil des Arbeitseinkommens des Schuldners gepfändet ist; hierzu gehört auch, dass sich unschwer ermitteln lässt, ob bestimmte unterhaltsberechtigte Personen nach der Pfändungstabelle zu berücksichtigen sind. Im Regelfall, von dem für die Festlegung der Maßstäbe der Lohnpfändung als einem Massenverfahren grundsätzlich auszugehen ist, haben Gläubiger und Drittschuldner auch gar nicht die Möglichkeit, die für die Prüfung einer gesetzlichen Unterhaltspflicht erforderlichen Feststellungen zu treffen, weil sie meist die Familien- und Vermögensverhältnisse des Schuldners und seiner Angehörigen nicht näher kennen (BAG, BAGE 42, 54 = DB 1983, 1263 = WM 1983, 739 = MDR 1983, 788; BayVWGH, Beschluss v. 1.10.2014,...