Rz. 45
Abs. 3 sieht eine Sonderbehandlung bestimmter Gläubiger vor. Diese erhalten in Abs. 3 erweiterte Pfändungsmöglichkeiten wegen künftig fällig werdender Ansprüche, die bereits zugleich mit der Pfändung wegen fälliger Ansprüche gepfändet und überwiesen werden können (sog. Vorratspfändung). Die Vorschrift stellt eine Ausnahmeregelung zu § 751 ZPO dar, wonach eine Vollstreckung zunächst die Anspruchsfälligkeit voraussetzt. Denn künftige Ansprüche sollen nicht durch ein Pfändungspfandrecht lange im Voraus gesichert werden können, während Gläubiger bereits fälliger Ansprüche mit nachrangigen Pfandrecht blockiert wären, nur weil sie ihren Titel später erlangt haben (BGH, Vollstreckung effektiv 2004, 60 = WM 2003, 2408 = NJW 2004, 369 = ZVI 2003, 646 = FamRZ 2004, 183 = BGHReport 2004, 193 = Rpfleger 2004, 169 = FPR 2004, 143 = MDR 2004, 413 = KKZ 2004, 68 = FF 2004, 25 = InVo 2004, 193 = DB 2004, 650). Die von der Norm bevorrechtigten Gläubiger erhalten damit erweiterte Pfändungsmöglichkeiten wegen bereits fälliger Unterhaltsansprüche oder bereits fälliger Ansprüche auf Rentenzahlungen wg. Körper- oder Gesundheitsverletzung in Arbeitseinkommen. Zukünftige Forderungen sind bereits pfändbar, wenn schon eine Rechtsbeziehung zwischen Schuldner und Drittschuldner besteht, aus der die spätere Forderung nach ihrem Inhalt und der Person des Drittschuldners bestimmt werden kann (BGHZ 53, 29 = WM 1969, 1417 = NJW 1970, 241; BGHZ 147, 193 = WM 2001, 898 = ZIP 2001, 825 = DB 2001, 1085 = Rpfleger 2001, 357 = MDR 2001, 1014 = KKZ 2001, 205 = FamRZ 2001, 1214). Begünstigt sind gesetzliche Unterhaltsgläubiger auch wegen künftig fällig werdender Unterhaltsansprüche bei der Vollstreckung in Kontoguthaben (BGH, Vollstreckung effektiv 2004, 60 = WM 2003, 2408 = NJW 2004, 369 = ZVI 2003, 646 = FamRZ 2004, 183 = BGHReport 2004, 193 = Rpfleger 2004, 169 = FPR 2004, 143 = MDR 2004, 413 = KKZ 2004, 68 = FF 2004, 25 = InVo 2004, 193 = DB 2004, 650). Der Gläubiger erwirbt somit ein Pfandrecht wegen seiner noch nicht fälligen Forderung. Die Vorauspfändung bewirkt jedoch keine andauernde Kontensperre. Nur i. H. d. gepfändeten Betrags hat sich der Schuldner zw. dem Eintritt der Pfändungswirkung und der Auskehr des Betrages an die Gläubiger einer Verfügung über das Guthaben zu enthalten, damit der fällige Unterhaltsansprüche befriedigt werden kann. Die Rechte anderer Gläubiger werden nicht beeinträchtigt, weil die Vorauspfändung keine rangwahrende Wirkung hat. Ihre Position ist nicht anders, als wenn die Unterhaltsgläubiger jeweils am Monatsanfang eine neue Pfändung ausbrächten. Die anderen Gläubiger können vor dem auf den Monatsersten folgenden Werktag wg. bereits fälliger Ansprüche das bestehende und künftige Guthaben grds. insgesamt pfänden. Auch soweit der jeweils fällige Unterhaltsbetrag gepfändet ist, können sie in darüber hinausgehende Guthabenbeträge vollstrecken. Zwischenzeitliche Verfügungen des Schuldners und Pfändungen dritter Gläubiger bleiben dann nämlich unberührt. In Konkurrenz zum einstweiligen Rechtsschutz (Arrest) fehlt es an dem erforderlichen Sicherungsbedürfnis für dessen Anordnung zur Sicherung künftig fällig werdender Unterhaltsansprüche, wenn eine Vorratspfändung gem. Abs. 3 möglich und für die Abdeckung des laufenden Unterhaltes ausreichend ist (AG Ludwigslust, FamRZ 2006, 285).
Rz. 46
Für die Zulässigkeit der Vorratspfändung kommt es auf das Vorhandensein und die gleichzeitige Beitreibung fälliger Ansprüche im Zeitpunkt des Erlasses des Pfändungsbeschlusses an, nicht erst im Zeitpunkt der Zustellung. Die zulässige Vorratspfändung kann daher auch dann noch wirksam gemacht werden, wenn der Schuldner zwischen Erlass des Pfändungsbeschlusses und Zustellung die Rückstände bezahlt hat (LG Mühlhausen, Beschluss v. 2.10.2010, 2 T 194/10 – Juris; Stöber Rn. 688, m. w. N.; MünchKomm/ZPO-Smid, § 850d Rn. 33 ff., Zöller/Stöber, § 850d Rn. 22).