[1] Für einen Arbeitnehmer gelten während einer vorübergehenden Beschäftigung im Ausland die deutschen Vorschriften über die Sozialversicherung nach § 4 Abs. 1 SGB IV, wenn

  • es sich um eine Entsendung im Rahmen eines in Deutschland bestehenden Beschäftigungsverhältnisses (Abschnitt 3.1) handelt und
  • die Dauer der Beschäftigung im Ausland vertraglich oder durch ihre Eigenart im Voraus zeitlich begrenzt ist (Abschnitt 3.2).

[2] Eine Entsendung kann auch bei erlaubter Arbeitnehmerüberlassung ins Ausland (Abschnitt 3.3) vorliegen.

[3] Die Voraussetzungen einer Entsendung im Sinne der Ausstrahlung nach § 4 Abs. 1 SGB IV sind nicht identisch mit denen der Entsenderegelung im Rahmen des europäischen Gemeinschaftsrechts nach Art. 12 Abs. 1 VO (EG) Nr. 883/2004). Während das europäische Gemeinschaftsrecht beispielsweise als einen Ausschlusstatbestand für eine Entsendung die Ablösung eines zuvor entsandten Arbeitnehmers vorsieht, hat ein derartiges Ablöseverbot demgegenüber bei der Prüfung der Voraussetzungen einer Entsendung im Sinne der Ausstrahlung nach § 4 Abs. 1 SGB IV grundsätzlich keine Bedeutung. Unterschiede bestehen ferner bei der Weiterbelastung des Arbeitsentgelts an das im Ausland ansässige Unternehmen, die im europäischen Gemeinschaftsrecht – grundsätzlich anders als bei einer Entsendung im Sinne der Ausstrahlung nach § 4 Abs. 1 SGB IV – ohne Auswirkungen auf das Vorliegen einer Entsendung bleibt. Dies gilt auch beim nur im europäischen Gemeinschaftsrecht bestehenden Erfordernis einer gewöhnlich nennenswerten Geschäftstätigkeit des entsendenden Unternehmens im Entsendestaat. Besonders deutlich wird der Unterschied bei dem zeitlichen Rahmen für Entsendungen. Während § 4 Abs. 1 SGB IV keine starre Zeitgrenze kennt, beschränkt das europäische Gemeinschaftsrecht Entsendungen auf eine maximale Dauer von 24 Monaten.

3.1 Entsendung im Rahmen eines in Deutschland bestehenden Beschäftigungsverhältnisses

[1] Eine Entsendung im Sinne der Ausstrahlung liegt vor, wenn sich ein Beschäftigter auf Weisung seines Arbeitgebers von Deutschland aus in das Ausland begibt, um dort eine Beschäftigung für diesen Arbeitgeber auszuüben (Beispiele 6.2, 6.3, 6.4 und 6.6 – Arbeitnehmer I). Typisches Merkmal einer Entsendung ist die fortbestehende Inlandsintegration bei im Voraus zeitlich begrenzter Beschäftigung im Ausland. Demzufolge dürfen keine Anhaltspunkte dagegen sprechen, dass der Arbeitnehmer nach dem Auslandseinsatz nach Deutschland zurückkehrt.

[2] Für den Fall, dass eine Person unzweifelhaft einer rein ehrenamtlichen Tätigkeit nachgeht, ist nicht vom Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung auszugehen. Wesentliche Merkmale einer Beschäftigung sind die Leistungserbringung während einer bestimmten Zeit für einen Anderen nach dessen Weisung und die Gewährung einer Vergütung als Gegenleistung. Liegt eine Beschäftigung in Deutschland im Rahmen einer ehrenamtlichen Tätigkeit nicht vor, kann bei grenzüberschreitenden Einsätzen auch keine Entsendung nach § 4 Abs. 1 SGB IV vorliegen. Maßgeblich sind die näheren Umstände des Einzelfalls. Die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status einer Person kann auf Anfrage von der zuständigen Einzugsstelle (Krankenkasse) oder durch die Clearingstelle der DRV Bund im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens nach § 7a SGB IV vorgenommen werden.

[3] Eine Entsendung lässt sich weder über die von den Vertragsparteien (Arbeitgeber und Arbeitnehmer) verwendete Bezeichnung noch über die Dauer des Auslandseinsatzes definieren bzw. von anderen Formen der Beschäftigung oder des Aufenthalts im Ausland abgrenzen. Daher kann es sich unter den in diesem Abschnitt beschriebenen Voraussetzungen auch bei einer vom Arbeitgeber veranlassten Dienst- oder Geschäftsreise von nur wenigen Tagen um eine Entsendung im Sinne der Ausstrahlung nach § 4 Abs. 1 SGB IV handeln

[4] Die Entsendung muss sich nicht auf einen Staat beschränken. Eine Entsendung im Sinne der Ausstrahlung liegt vielmehr auch dann vor, wenn ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber für einen im Voraus begrenzten Zeitraum in einen anderen Staat entsandt wird und im unmittelbaren Anschluss – ohne zwischenzeitliche Rückkehr nach Deutschland – für denselben Arbeitgeber in einem weiteren Staat tätig wird, sofern auch dieser Einsatz im Voraus zeitlich befristet ist. Dies gilt selbst dann, wenn die weitere Entsendung in einen anderen Staat erst während der ersten Entsendung vereinbart wird (Beispiel 6.8).

[5] Eine Entsendung im Sinne der Ausstrahlung liegt dagegen nicht vor, wenn eine Person im Ausland lebt und dort als sog. Ortskraft eine Beschäftigung für einen in Deutschland ansässigen Arbeitgeber aufnimmt (Beispiel 6.6 – Arbeitnehmer L). Dies gilt selbst dann, wenn die Person beabsichtigt, ihren Wohnsitz nach Deutschland zu verlegen oder sich zunächst kurzzeitig in Deutschland aufhält, um sich beispielsweise mit der Produktpalette ihres neuen Arbeitgebers vertraut zu machen.

3.1.1 Merkmale für das Vorliegen eines in Deutschland (fort-)bestehenden Beschäftigungsverhältnisses

[1] Welche Merkmale gegeben sein müssen, um von einem (fort-)bestehenden Beschäftigungsverhältnis mit dem entsendenden Arbeitgeber ausgehen zu können, wird im G...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Personal Office Platin enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge