[1] Die Krankenkasse hat gemäß § 13 Abs. 3a Satz 1 SGB V über einen Leistungsantrag grundsätzlich spätestens innerhalb von drei Wochen zu entscheiden. Das Gesetz ermöglicht es ihr aber darüber hinaus, im Falle der Einholung einer gutachtlichen Stellungnahme innerhalb von fünf Wochen (Satz 2) und bei Einleitung eines zahnärztlichen Gutachterverfahrens innerhalb von sechs Wochen (Satz 4) zu entscheiden. Damit der Leistungsberechtigte nicht nach drei Wochen davon ausgehen kann, dass seine beantragte Leistung als genehmigt gilt und somit die Genehmigungsfiktion greift, hat die Krankenkasse ihn vor Ablauf von drei Wochen darüber zu unterrichten (vgl. BSG, Urteil vom 8.3.2016, B 1 KR 25/15 R).

[2] Kann die Krankenkasse die jeweils maßgebliche Frist aus einem hinreichenden Grund nicht einhalten, hat sie den Leistungsberechtigten vor Fristablauf schriftlich darüber zu informieren (§ 13 Abs. 3a Satz 5 SGB V) und mitzuteilen, welche neue Entscheidungsfrist (anhand der voraussichtlichen, taggenau bestimmten Dauer des Bestehens des hinreichenden Grundes) maßgeblich ist.

[3] Eine Verlängerung der Fristen aufgrund der Tatsache, dass Leistungsberechtigte ihren Wohnsitz außerhalb des Geltungsbereiches diese Gesetzes [SGB V] haben, ist nicht sachgerecht und gilt nicht als Verlängerungsgrund (vgl. BSG, Urteil vom 27.8.2019, KR 36/18 R).

9.1 Definition eines hinreichenden Grundes

Das Gesetz definiert den Begriff des "hinreichenden Grundes" nicht näher. Es ist jedoch davon auszugehen, dass ein hinreichender Grund immer dann vorliegt, wenn es aus objektiver Sicht der Krankenkasse nicht möglich ist, eine abschließende Entscheidung über den Leistungsantrag zu treffen. Dazu zählen typischerweise solche Gründe, die sich außerhalb des Verantwortungsbereichs der Krankenkasse bewegen. Solange dieser Zustand andauert, verhindert das Vorliegen eines hinreichenden Grundes die Entscheidungsfindung der Krankenkasse.

9.2 Form der Mitteilung eines hinreichenden Grundes

Kann die Krankenkasse nicht innerhalb der jeweils maßgebenden Frist von drei, fünf bzw. sechs Wochen nach Antragseingang eine Leistungsentscheidung treffen, muss die Krankenkasse dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe innerhalb der Frist schriftlich oder elektronisch mitteilen. Die schriftliche Mitteilung erfolgt in der Regel per Post, während für die elektronische Mitteilung nach dem Wortlaut in § 13 Abs. 3a Satz 5 2. Halbsatz [SGB V] der § 37 Abs. 2b SGB X entsprechend gelten soll. Eine mündliche bzw. fernmündliche Mitteilung reicht nicht aus. Werden z.B. medizinische Befunde und zusätzliche Informationen telefonisch vom Leistungsberechtigten angefordert, so informiert die Krankenkasse damit nicht formgerecht über einen hinreichenden Grund für die Überschreitung der Frist und deren voraussichtliche, taggenau bestimmte Dauer.

9.3 Fristgerechte Mitteilung eines hinreichenden Grundes

[1] Rechtzeitig liegt die Information vor, wenn sie den Leistungsberechtigten spätestens am letzten Tag der jeweils maßgebenden Frist zugegangen ist.

[2] Für die fristgerechte Mitteilung eines hinreichenden Grundes ist der Zeitpunkt der Bekanntgabe – wie im Falle der Entscheidung durch einen bekanntzugebenden Verwaltungsakt – gegenüber den Antragstellenden und nicht der der krankenkasseninternen Entscheidung über die Information maßgeblich (vgl. Abschnitt 8.3). Im Zweifel ist die Krankenkasse hinsichtlich der Tatsache des Zugangs sowie des Zeitpunkts des Verwaltungsaktes beweispflichtig. Ist die Frist gewahrt, so tritt keine Genehmigungsfiktion ein.

[3] Sind Bevollmächtigte bestellt (vgl. hierzu Ausführungen unter Abschnitt 8.1) und ist eine Begrenzung der Vollmacht im Rahmen der Antragstellung nicht erklärt oder schriftlich nachgewiesen, hat die Krankenkasse den Bevollmächtigten den hinreichenden Grund mitzuteilen (vgl. § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB X). Es empfiehlt sich allerdings zur Vermeidung von Missverständnissen in diesen Fällen, neben den Bevollmächtigten auch die Leistungsberechtigten über den hinreichenden Grund für die verzögerte Leistungsentscheidung fristgerecht zu informieren. Das Risiko der rechtzeitigen Zustellung trägt die Krankenkasse.

9.4 Hinreichende Gründe

[1] Damit die Krankenkassen ihrer Pflicht zur zügigen Leistungsentscheidung nachkommen können, sind umgekehrt Leistungsberechtigte oder Dritte (z.B. Leistungserbringer) zur Mitwirkung angehalten. Hinreichende Gründe für eine verzögerte Leistungsentscheidung können danach insbesondere sein,

  • fehlende oder ergänzungsbedürftige Angaben von Tatsachen durch Leistungsberechtigte oder Dritte (z.B. Leistungserbringer), die für die Leistungsentscheidung erheblich sind (z.B. in Form von fehlenden aussagekräftigen Unterlagen des Leistungserbringers),
  • die fehlende oder mangelhafte Mitwirkung der Leistungsberechtigten bei erforderlicher körperlicher Befunderhebung durch den Gutachter (z.B. Absagen eines Termins zur körperlichen Untersuchung durch die Leistungsberechtigten, wenn dadurch eine rechtzeitige Befunderhebung nicht mehr möglich ist bzw. die für eine erforderliche körperliche Untersuchung erforderlichen Unterlagen werden nicht zur Begutachtung mitgebracht oder sind nicht aussagekräftig),
  • Verzögerungen...

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