Einführung
[akt.] Am 1.1.1999 wurden die Konkurs-Vergleichsordnung und die Gesamtvollstreckungsordnung durch die Insolvenzordnung (InsO) abgelöst. . .
Die wichtigsten Neuerungen für die Sozialversicherungsträger sind
- der Wegfall der Vorrechte für Insolvenzforderungen im eröffneten Verfahren,
- die Ausdehnung der Anfechtungstatbestände,
- die Vorverlagerung des Vollstreckungsverbotes in das Antragsverfahren,
- die alleinige Geltendmachung von Ansprüchen aus persönlicher Haftung durch den Insolvenzverwalter bzw. Sachwalter als Vorkehrungen zur Sicherung und Stärkung der verteilbaren Masse sowie
- die Einführung des weiteren Insolvenzgrundes "drohende Zahlungsunfähigkeit".
Der Insolvenzplan als universelles Instrument der Masseverwertung und Kern der InsO stärkt die Gestaltungsmöglichkeiten der Beteiligten. Eigenverwaltung – sowie Restschuldbefreiung und Schuldenbereinigung für natürliche Personen – bieten neue Anreize.
Um eine einheitliche Rechtsanwendung zu gewährleisten, geben die Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger nachfolgende Hinweise zur Anwendung der InsO. Die Spitzenverbände werden die Auswirkungen der InsO, insbesondere auch die Anwendung derselben durch Insolvenzverwalter und -gerichte, beobachten und die sich ggf. daraus ergebenden Konsequenzen für die Sozialversicherungsträger erörtern.
1 Allgemeines
Ziel der InsO ist es, bei Vorliegen eines Insolvenzgrundes unter Zurückdrängung der Abweisungen oder Einstellungen mangels Masse zu mehr Verfahrenseröffnungen und einer gemeinschaftlichen, dabei bestmöglichen und "gerechten" Befriedigung aller Gläubiger zu kommen. Gleichzeitig ist eine weitgehend freie, privatautonome Gestaltung des Verfahrens durch den sog. Insolvenzplan erwünscht. Die gesetzlichen Regelungen können im Planverfahren zur Eröffnung realistischer Sanierungschancen (wenn nötig unter gegenseitigem Teilverzicht) bei voller Garantie der Beteiligungsrechte in freier Absprache abgewandelt oder ersetzt werden. Der als Ergebnis der bisherigen Verfahren nach der Konkurs- bzw. Gesamtvollstreckungsordnung de facto bereits eintretenden "Restschuldbefreiung" für Personengesellschaften und juristische Personen stellt die InsO durch die Möglichkeit der Restschuldbefreiung und des Schuldenbereinigungsverfahrens für die Insolvenzen natürlicher Personen ein entsprechendes Instrument zur Verfügung. Dem redlichen Schuldner wird nach einer "Wohlverhaltensperiode" ein Neubeginn ermöglicht.
1.1 [akt.] Übersicht über die wesentlichen Rechtsnormen
Siehe §§ 2 und 3 InsO – Insolvenzgericht
§§ 16 bis 19 InsO – Insolvenzgrund
§ 21 InsO – Sicherungsmaßnahmen
§ 35 InsO – Insolvenzmasse
§§ 47 bis 52 InsO – Aussonderungs- und Absonderungsrechte
§§ 80 bis 102 InsO – Wirkungen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens
§ 114 InsO – Bezüge aus einem Dienstverhältnis
§§ 129 bis 147 InsO – Insolvenzanfechtung
§§ 156 bis 159 InsO – Berichtstermin
§§ 165 bis 173 InsO – Absonderungsrechte
§§ 217 bis 227 InsO – Insolvenzplan
§§ 270 ff. InsO – Eigenverwaltung
§§ 286 ff. InsO – Restschuldbefreiung
§§ 304 ff. InsO – Schuldenbereinigungs- und Verbraucherinsolvenzverfahren
2 Auswirkungen der InsO auf den Beitragseinzug
2.1 Insolvenzeröffnungsanträge ab dem 1.1.1999
[Anm. d. Red.: Hier nicht berücksichtigt.]
2.1.1 Kostenvorschuss für Verfahrenseröffnung
[1] Wird die Verfahrenseröffnung beantragt und müsste der Antrag mangels Masse abgewiesen werden, weil das Vermögen des Schuldners nicht die Verfahrenskosten deckt, kann der Gläubiger diese Kosten vorstrecken. Leistet ein Gläubiger einen solchen Kostenvorschuss zum Zwecke der Verfahrenseröffnung, hat er hierfür einen Erstattungsanspruch kraft Gesetzes gegen jeden Schuldner, bei dem (widerlegbar) zu vermuten ist, dass er den Antrag auf Verfahrenseröffnung schuldhaft und pflichtwidrig unterlassen hat.
[2] . . . Durch die Normierung des Erstattungsanspruches in der InsO wird dessen Geltendmachung . . . erleichtert. Dies ändert aber nichts an der Frage der Realisierbarkeit. Zum einen hat nämlich der Schuldner bzw. ein gesetzlicher Vertreter die Möglichkeit, sich zu entlasten, zum anderen bringt eine Verfahrenseröffnung keine zwingenden Vorteile mit sich. In jedem Fall ist die tatsächliche Erstattung ungewiss. Zwar könnte sich ein genauerer Überblick über die Vermögenssituation des Schuldners ergeben. Vor dem Hintergrund, dass aber auch bei nur geringen Vermögenswerten eine Eröffnung und nur noch ausnahmsweise eine Abweisung mangels Masse erfolgen soll, kann allerdings davon ausgegangen werden, dass in solchen Fällen regelmäßig tatsächlich keine Vermögenswerte mehr vorhanden sind. Es ist also nicht zu erwarten, dass sich durch genauere Kenntnis der Vermögensverhältnisse vermehrte Einzugsmöglichkeiten offenbaren. Deshalb ist die Zahlung eines solchen Kostenvorschusses durch Einzugsstellen nicht sinnvoll.
2.1.2 Forderungsanmeldungen
[1] [akt.] Forderungen sind unmittelbar beim Verwalter anzumelden. Dies gilt ebenso für Absonderungsrechte. Es bestehen keine Vorrechte der Sozialversicherungsträger bezüglich der Insolvenzforderungen. Die Sozialversicherungsträger müssen sich dem Ziel einer gemeinschaftlichen Befriedigung aller Gläubiger unterordnen.
[2] Soweit die Beitragsforderung erst nach Verfahrenseröffnung – z.B. durch die Weiterbeschäftigung von Arbeitnehme...