keine Angaben zur Anfechtbarkeit
Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsratsmitglied. Ausschließung. Sexuelle Belästigung. Beweisaufnahme
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Betriebsratsvorsitzender, der für seine tatsächlichen oder vermeintlichen Bemühungen um die Einstellung einer Mitarbeiterin oder deren Vertragsverlängerung sexuelle Gegenleistungen von ihr verlangt und die Mitarbeiterin ständig sexuell belästigt, missbraucht sein Betriebsratsamt und ist auf Antrag des Arbeitgebers aus dem Betriebsrat auszuschließen.
2. Ein Beteiligter (hier der Betriebsratsvorsitzende) kann in entsprechender Anwendung von § 247 StPO für die Dauer einer Zeugenvernehmung aus dem Sitzungssaal entfernt werden, wenn die Gefahr besteht, dass die Zeugin in seiner Anwesenheit nicht aussagen kann (hier über seine sexuellen Belästigungen) und sich sogar weigert, in seiner Anwesenheit den Sitzungssaal zu betreten. Das Gericht hat den Beteiligten nach Beendigung der Zeugenvernehmung über den wesentlichen Inhalt der Aussage zu unterrichten und ihm Gelegenheit zu geben, sein Fragerecht auszuüben.
Normenkette
BetrVG 23 I; ZPO 247
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Beschluss vom 15.05.2008; Aktenzeichen 3/14 BV 1381/07) |
Tenor
Die Beschwerden der Beteiligten zu 2) und 3) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 15. Mai 2008 – 3/14 BV 1381/07 – werden zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird für keinen der Beteiligten zugelassen.
Tatbestand
I.
Die zu 1) beteiligte Arbeitgeberin ist ein Unternehmen der Gebäudereinigungsbranche. Sie führte u.a. im Auftrag der A GmbH die Reinigung eines …gebäudes, in dem sich eine Großküche befindet, durch. Die Arbeitgeberin begehrt den Ausschluss des Beteiligten zu 3) aus dem in diesem Objekt gewählten dreiköpfigen Betriebsrat, dem Beteiligten zu 2), dessen Vorsitzender der Beteiligte zu 3) ist. In diesem Objekt sind etwa 35 Arbeitnehmer der Beteiligten zu 1) tätig. Der ganz überwiegende Teil der Mitarbeiter ist nichtdeutscher Nationalität. Der am 25. Dezember 1962 geborene, verheiratete Beteiligte zu 3) ist seit Oktober 2000 bei der Beteiligten zu 1) im Objekt B beschäftigt. Seine monatliche Bruttovergütung beträgt EURO 1.450,–. Er gehört dem Beteiligten zu 2) seit dem 2. Juni 2004 ununterbrochen an.
Bei der Beteiligten zu 1) war von Februar 2006 bis zum 31. Januar 2007 aufgrund befristeten Vertrages die türkischsprachige Mitarbeiterin C als Reinigungskraft beschäftigt. Am 26. März 2007 ging bei der Beteiligten zu 1) ein Telefaxschreiben der Zeugin C mit dem Datum des 23. März 2007 ein, in dem diese mitteilt, der Beteiligte zu 3), der sie eingestellt habe, belästige sie seit dem Beginn ihrer Beschäftigung bei der Beteiligten zu 1) sexuell. Er habe eine Gegenleistung für ihre Einstellung gefordert, habe auf der Arbeitsstelle wiederholt versucht, sie anzufassen und habe ihr mehrfach erklärt, nur wenn sie sich auf sexuelle Kontakte mit ihm einlasse, schließe er mit ihr einen Festvertrag. Die Belästigungen seien so stark geworden, dass sie keine andere Möglichkeit mehr gesehen habe, als sich bei der Beteiligten zu 1) zu melden. Wegen der weiteren Einzelheiten des Telefaxes wird auf die zur Akte gereichte Kopie (Bl. 60 d. A.) Bezug genommen.
Unter dem Datum des 30. März 2007, eines Freitags, gab die Zeugin im Büro des auch türkischsprachigen Prozessbevollmächtigten der Beteiligten zu 1), dem Zeugen D, eine eidesstattliche Versicherung ab (Bl. 61 d.A), mit der sie versicherte, der Beteiligte zu 3) habe wiederholt versucht, sie auf der Arbeitsstelle anzufassen und ihr gegen Ende der Befristungszeit angeboten, er werde sich für ihre unbefristete Übernahme einsetzen, sofern sie sich ihm sexuell hingebe.
Der Antrag der Beteiligten zu 1) vom 3. April 2007 auf Ersetzung der vom Beteiligten zu 2) verweigerten Zustimmung zur beabsichtigten fristlosen Kündigung des Beteiligten zu 3) blieb vor dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main und Hessischen Landesarbeitsgericht (– 20 TaBV 244/07 – Beschluss vom 28. Aug. 2008) erfolglos.
Die Beteiligte zu 1) ist der Ansicht gewesen, der Beteiligte zu 3) sei wegen grober Verletzung seiner betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten gemäß § 23 Abs. 1 BetrVG aus dem Betriebsrat auszuschließen. Sie hat vorgetragen, der Beteiligte zu 3) habe die Zeugin C seit Beginn ihrer Beschäftigung unter Druck gesetzt, mit ihm eine sexuelle Beziehung aufzunehmen, sie an den unübersichtlichen Örtlichkeiten in dem zu reinigenden Objekt immer wieder körperlich bedrängt und gegen ihren Willen zu küssen versucht. Ende des Jahres 2006 habe er im Hinblick auf den nahenden Befristungsablauf des Arbeitsvertrags der Zeugin C begonnen, dieser zu drohen, er habe es in der Hand, ob der Vertrag verlängert werde und dies hänge davon ab, ob sie sich mit ihm einlasse. Sie hat weiter behauptet, der Beteiligte zu 3) habe sich gegenüber dem Zeugen E dafür eingesetzt, dass der Vertrag der Zeugin C nicht verlängert werde und dies damit begründet, die Zeugin arbeite schlecht.
Die Beteiligte zu 1) hat beantragt, den Beteiligte...