Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsratsausschluss. Diffamierung. "Hitler-Vergleich". Kostenübernahme. Kosten des Antragstellers bei Ausschlussverfahren aus Betriebsrat. Beleidigung durch Vergleich mit Hitler. Ausschluss aus dem Betriebsrat
Leitsatz (amtlich)
Ein Antragsteller in einem Ausschlussverfahren gegen ein Betriebsratsmitglied nach § 23 Abs. 1 BetrVG hat gegen den Arbeitgeber einen Anspruch auf Freistellung von den Kosten für die Beteiligung an einem entsprechenden Beschlussverfahren gemäß § 40 Abs. 1 BetrVG. Eine Vereinbarung eines Antragstellers mit dem Arbeitgeber über die Kostenübernahme im Umfang der im Betrieb auch für die Anwaltsberatung des Betriebsrats üblichen Höhe (Stundenhonorar von EUR 250,-) stellt keinen Ausschließungsgrund gegenüber einem Betriebsratsmitglied, das Antragsteller in einem Verfahren nach § 23 Abs. 1 BetrVG ist, dar.
Der zweimalige Personenvergleich der Betriebsratsvorsitzenden mit Adolf Hitler und seinen Methoden im Wochenabstand durch ein Betriebsratsmitglied rechtfertigt grundsätzlich dessen Ausschluss aus dem Betriebsrat.
Normenkette
BetrVG § 23 Abs. 1, § 40 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Wiesbaden (Entscheidung vom 22.11.2012; Aktenzeichen 10 BV 3/12) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 22. November 2012 - 10 BV 3/12 - abgeändert.
Der Beteiligte zu 2) wird aus dem Betriebsrat ausgeschlossen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten über den Ausschluss des Beteiligten zu 2) aus dem Betriebsratsgremium.
Die Beteiligten zu 3) bis 6) betreiben einen Gemeinschaftsbetrieb in A. Der Beteiligte zu 1) ist der für den Gemeinschaftsbetrieb gewählte Betriebsrat. Er besteht aus dreizehn Mitgliedern. Im Verfahren 11 BV 11/11 / 9 TaBV 225/12 wird auf der Grundlage eines Quorums von zuletzt 251 Arbeitnehmern, das sind über ein Viertel der Belegschaft, über den Antrag auf Ausschluss der Betriebsratsvorsitzenden aus dem Gremium gestritten. Das Arbeitsgericht Wiesbaden hat dem Ausschließungsantrag stattgegeben. Den sog. Initiatoren des Ausschließungsverfahrens gehörte auch der Beteiligte zu 2) an. Am 28. Jan. 2011 war den sog. Initiatoren im Rahmen einer Unterredung mit Geschäftsführer und Personalleiter zugesichert worden, dass die Arbeitgeberin die Kosten einer anwaltlichen Beratung und Vertretung in Höhe von EUR 250 pro Stunde übernehmen würde. Zu diesem Satz waren bis dahin auch die für den Betriebsrat tätigen Anwälte immer vergütet worden. Dies war ein jahrelang praktiziertes Verfahren. Im Februar 2011 kürzten die Beteiligten zu 3) bis 6) ihre Leistungszusagen gegenüber dem Betriebsrat und seinen Mitgliedern auf die nach dem RVG zu zahlende Anwaltsvergütung. Zu dieser Zeit war die Vergütungsvereinbarung mit dem Rechtsberater der sog. Initiatoren bereits getroffen worden. Ein gegen die Änderung eingeleitetes Beschlussverfahren blieb in zwei Instanzen erfolglos. Im Februar 2012 wurden im Verfahren 11 BV 11/11 für die Antragsteller des Ausschließungsantrages jeweils eine weitere Vollmacht vorgelegt.
Am 5. März 2012 äußerte der Beteiligte zu 2) anlässlich einer Betriebsratssitzung in B: "33 hat sich schon mal so jemand an die Macht gesetzt mit solchen Methoden." Er hat sich mit undatiertem Schreiben, zu dessen Inhalt auf Bl. 70 d. A. verwiesen wird, bei der Betriebsratsvorsitzenden entschuldigt. Ein deswegen eingeleitetes Verfahren vor dem Amtsgericht Düsseldorf wurde nach § 153 Abs. 2 StPO eingestellt. Eine wegen dieser Äußerung ausgesprochene arbeitgeberseitige Abmahnung hat der Beteiligte zu 2) akzeptiert.
Der Beteiligte zu 1) hat mit seinem Antrag vom 20. März 2012 den Ausschluss des Beteiligten zu 2) aus dem Betriebsrat begehrt. Er ist der Ansicht gewesen, der Beteiligte zu 2) sei wegen grober Verletzung seiner betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten gemäß § 23 Abs. 1 BetrVG aus dem Betriebsrat auszuschließen. Er trägt vor, die sog. Initiatoren hätten im Zusammenwirken mit der sie vertretenden Anwaltskanzlei sowie dem Geschäftsführer und dem Personalleiter den Ausschluss der Betriebsratsvorsitzenden aus dem Gremium betrieben. Die Geschäftsleitungen unterstützten das Vorhaben finanziell und logistisch. Er gehe davon aus, dass außer der Rechnung vom 12. April 2011 (Bl. 8 bis 10 d. A.) die laufenden Arbeitsstunden im Verfahren 11 BV 11/11 von der Beteiligten zu 3) bezahlt würden. Die Business Manager und Coaches seien mit einer von den Geschäftsleitungen zur Verfügung gestellten Unterschriftenliste per E-Mail an die untergebenen Mitarbeiter herangetreten und hätten diese zur Unterzeichnung der Listen aufgefordert. Die Prozessvollmachten der Unterstützer seien unter falschen Behauptungen gesammelt worden (vgl. E-Mail vom 20. Dez. 2011, Bl. 11 d. A.). Die Zusage der Kostenübernahme sei eine unzulässige Begünstigung des Beteiligten zu 2) und seiner Kollegen/innen, da der Arbeitgeber zur Übernahme der Kosten für das Ausschließungsverfahren nicht verpflichtet sei. Eine §§ 40 Abs. 1, 20 Abs. 3 Be...