Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsrat. grober Verstoß. Leitender Angestellter. Mitteilungspflicht. wiederholte Verletzung der Mitteilungspflicht nach § 105 BetrVG. Unterlassungsanspruch des Betriebsrats. Mitteilungen bei leitenden Angestellten
Leitsatz (amtlich)
Die wiederholte Verletzung der Mitteilungspflicht nach § 105 BetrVG kann zu einer Unterlassungsverpflichtung nach § 23 Abs. 3 BetrVG führen, insbesondere vor dem Hintergrund einer Selbstverpflichtung des Arbeitgebers.
Normenkette
BetrVG § 23 Abs. 3, § 105
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 05.10.2012; Aktenzeichen 23 BV 264/12) |
Tenor
Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 5. Oktober 2012 - 23 BV 264/12 - wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten um Unterlassungsansprüche nach § 23 Abs. 3 BetrVG im Zusammenhang mit der Mitteilungspflicht nach § 105 BetrVG.
Der Beteiligte zu 1) ist der im Betrieb der Beteiligten zu 2) gewählte Betriebsrat.
Am 29. Dez. 2011 informierte die Geschäftsleitung das obere Management per E-Mail (Bl. 68 ff. d. A.) über organisatorische Änderungen in der oberen Führungsebene mit Wirkung zum 1. Jan. 2012. Diese Umstrukturierung umfasste eine Änderung der Funktionen und Zuständigkeiten der leitenden Angestellten A, B und C.
Der leitende Angestellte D hat am 10. Febr. 2012 in einem Meeting den Mitarbeitern der Abteilung Global Trade Services (GTS) mitgeteilt, er sei ab sofort zuständiger Seniormanager der Abteilung GTS. Auf sein E-Mail vom 5. Febr. 2012 wird verwiesen (Bl. 6 d. A.). Die Arbeitgeberin informierte den Betriebsrat hierüber per E-Mail vom 18. Juli 2012 (Bl. 77 d. A.).
Auf den im Beschluss des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 12. Febr. 2009 - 9 TaBV 204/08 - (Bl. 55 ff. d. A.) wegen der Einstellung des Angestellten E festgehaltenen Vortrag der Beteiligten zu 2) wird verwiesen (Bl. 57 d. A.).
Der Beteiligte zu 1) hat gemeint, die Beteiligte zu 2) habe es wiederholt versäumt, ihm beabsichtigte Einstellungen oder personelle Veränderungen leitender Angestellter rechtzeitig mitzuteilen. Der neuerliche Verstoß wiege vor dem Hintergrund der Erklärungen der Arbeitgeberin im Verfahren 9 TaBV 204/08 besonders schwer. Der Betriebsrat frage sich, wie oft die Arbeitgeberin gegen ihre Mitteilungspflicht nach § 105 BetrVG verstoßen wolle, bis ihrer Ansicht nach ein grober Verstoß im Sinne des § 23 Abs. 3 BetrVG vorliege.
Der Beteiligte zu 1) hat zuletzt beantragt,
1. der Beteiligten zu 2) aufzugeben, es zu unterlassen, ihm beabsichtigte Einstellungen oder personelle Veränderungen von leitenden Angestellten so spät mitzuteilen, dass er nicht mehr die Möglichkeit hat, sich vor Durchführung der Maßnahme zu äußern und die Belegschaft zu informieren;
2. für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung der Beteiligten zu 2) aus Ziff. 1 wird ein Ordnungsgeld angedroht, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, das aber EUR 5.000 nicht unterschreiten sollte.
Die Beteiligte zu 2) hat beantragt,
die Anträge zurückzuweisen.
Die Beteiligte zu 2) hat gemeint, ihr Verstoß gegen die sanktionslos ausgestaltete Unterrichtungspflicht des § 105 BetrVG stelle keine grobe Pflichtverletzung im Sinne des § 23 Abs. 3 BetrVG dar. Zwischen den Ereignissen 2007 und 2011/2012 läge ein Zeitraum von über vier Jahren, in denen es zu keinen Verstößen gekommen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens, des vom Arbeitsgericht festgestellten Sachverhalts und des arbeitsgerichtlichen Verfahrens wird auf die Sachdarstellung in den arbeitsgerichtlichen Beschlussgründen verwiesen.
Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat den Anträgen durch Beschluss vom 5. Okt. 2012 - 23 BV 264/12 - stattgegeben, wobei es ein Ordnungsgeld von bis zu EUR 10.000 angedroht hat. Zur Begründung hat es ausgeführt, in den fehlenden oder späten Mitteilungen nach § 105 BetrVG liege eine grobe Pflichtverletzung im Sinne des § 23 Abs. 3 BetrVG. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die arbeitsgerichtlichen Beschlussgründe verwiesen.
Gegen den ihr am 19. Okt. 2012 zugestellten Beschluss hat die Beteiligte zu 2) am 19. Nov. 2012 per Telefax Beschwerde eingelegt und diese nach rechtzeitig beantragter Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist bis zum 21.Jan. 2013 an diesem Tag per Telefax begründet.
Die Beteiligte zu 2) ist der Auffassung, eine grobe Pflichtverletzung könne nicht festgestellt werden. Gegenüber echten Mitbestimmungsrechten aus dem Bereich des § 87 BetrVG sei die Verletzung der Mitteilungspflicht nach § 105 BetrVG deutlich schwächer und sanktionslos ausgestaltet. Insbesondere die lange Zeit von über fünf Jahren ohne Zwischenfälle rechtfertige keine Begründung für eine grobe Pflichtverletzung im Sinne des § 23 Abs. 3 BetrVG.
Die Beteiligte zu 2) beantragt,
den arbeitsgerichtlichen Beschluss abzuändern und den Antrag zurückzuweisen.
Der Beteiligte zu 1) beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Der...