Entscheidungsstichwort (Thema)

Mit Abberufung als Organ endet Fiktion des § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG. Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten. Ende der Fiktion des § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG

 

Leitsatz (amtlich)

Nach Beendigung der Fiktion des § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG sind die Gerichte für Arbeitssachen berufen, über die Fragen, ob das zwischen den Parteien bestehende Rechtsverhältnis als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren ist und durch die ausgesprochene Kündigung beendet worden ist, zu entscheiden. Dabei eröffnet die bloße Rechtsansicht der Partei, es handele sich um ein Arbeitsverhältnis, den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten (sic-non-Fall).

 

Normenkette

GewLBesG § 17a Abs. 2, 4; ArbGG § 48

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 02.08.2012; Aktenzeichen 12 Ca 3141/12)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 02. August 2012 - 12 Ca 3141/12 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über die Zulässigkeit des Rechtwegs zu den Gerichten für Arbeitssachen für die auf Kündigungsschutz, Weiterbeschäftigung und Entgeltzahlung gerichtete Klage.

Bei der Beklagten, der A, handelt es sich um eine Gesellschaft in der Rechtsform einer englischen Private Limited Company mit Sitz in B, die in C eine Zweigniederlassung unterhält. Sie ist im Register of the Companies, Companies House of Cardiff, unter der Nummer -D eingetragen. Im Handelsregister B des Amtsgerichts C ist die Zweigniederlassung unter dem Aktenzeichen HRB E eingetragen. Sie macht mit dem Firmenzusatz "B" ihren Sitz und mit dem Zusatz "C" ihre Niederlassung kenntlich.

Der am F geborene, verheiratete und zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtete Kläger wurde ausweislich des "Arbeitsvertrags - Employment Agreement" vom 1. März 2010 mit Wirkung zum 1. Juni 2010 von der Beklagten, die zu diesem Zeitpunkt noch unter "G" firmierte, als "Managing Director, Co-Head" für die Niederlassung in C eingestellt. Der zweisprachige "Arbeitsvertrag - Employment Agreement", wegen dessen Einzelheiten im Übrigen auf Bl. 8 ff. d. A. verwiesen wird, enthält in deutscher Sprache auszugsweise die folgenden Regelungen:

"...

§ 1 Position und Aufgaben

(1) Der Arbeitnehmer wird ab dem 1. Juni 2010 als Managing Director, Co-Head der C Niederlassung, in C eingestellt.

(2) Der Arbeitgeber ist berechtigt, dem Arbeitnehmer jederzeit ein anderes, seinen Fähigkeiten und Qualifikationen entsprechendes Aufgaben- und Verantwortungsgebiet zu übertragen und den Arbeitnehmer innerhalb des Unternehmens zu versetzen, jeweils vorausgesetzt, dass dies nicht zu einer Einschränkung seiner Vergütung nach § 3 dieses Arbeitsvertrages führt und die Interessen des Arbeitnehmers angemessen berücksichtigt werden. ....

(3) Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, die Richtlinien und Anweisungen des Arbeitgebers sowie die Anordnungen seiner Vorgesetzten zu beachten.

§ 2 Arbeitszeit

(1) Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit beträgt 40 Stunden.

(2) Die Lage der Arbeitszeit sowie der Pausen wird vom Arbeitgeber bestimmt.

(3) Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, Überstunden (einschließlich Samstags-, Sonn- und Feiertagsarbeit) zu leisten.

(4) Der Arbeitgeber ist berechtigt, Kurzarbeit anzuordnen, wenn die Voraussetzungen für die Gewährung von Kurzarbeitergeld (§§ 169 ff. SGB III) erfüllt sind.

...

§ 10 Laufzeit; Kündigung; Vertragsstrafe

(1) Das Arbeitsverhältnis beginnt am 1. Juni 2010 und wird für unbestimmte Zeit geschlossen.

...

§ 13 Verschiedenes

(1) ... Ergänzend gelten die auf das Arbeitsverhältnis anzuwendenden innerbetrieblichen Regelungen, Anweisungen und Betriebsvereinbarungen, insbesondere im Hinblick darauf, dass das Unternehmen der englischen Bankaufsicht untersteht.

...

(3) Es gilt deutsches Recht.

..."

Neben dem "Arbeitsvertrag - Employment Agreement" existiert eine undatierte "Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag vom 01.03.2010 - Side Letter to the employment contract from 01.03.2010", wegen deren Einzelheiten auf Bl. 34 f. d. A. verwiesen wird und die auszugsweise Folgendes regelt:

"...

Zwischen G B und dem Arbeitnehmer/Arbeitnehmerin besteht seit dem 01.03.2010 ein Arbeitsvertrag

....

Zwischen G B und dem Arbeitnehmer/der Arbeitnehmerin sowie G C besteht Einigkeit darüber, dass anstelle des bisherigen Arbeitgebers, der G B nunmehr die Niederlassung G C in den Arbeitsvertrag als Arbeitgeber mit sofortiger Wirkung eintritt. Der Arbeitnehmer erklärt sich hiermit ausdrücklich einverstanden. Sämtliche Rechte und Pflichten des Arbeitnehmers und des Arbeitgebers aus dem Arbeitsvertrag vom 01.03.2010 bleiben bestehen und aufrechterhalten.

..."

Ob der Kläger am 1. Juni 2010 zum Director der Beklagten bestellt wurde und ob eine etwaige Bestellung ordnungsgemäß war, ist zwischen den Parteien streitig. Am 15. Juni 2010 wurde der Kläger als Director der Beklagten im Register of the Companies, Companies House of Cardiff, eingetragen. Neben ihm waren 45 Directoren eingetragen, wobei die Beklagte im Jahr 2011 ca. 170 Mitarb...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Personal Office Platin enthalten. Sie wollen mehr?