Entscheidungsstichwort (Thema)
Director einer Limited Company nach englischem Recht. Rechtsweg. Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten
Leitsatz (amtlich)
Mit der Abberufung als Organ endet die Fiktion des § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG.
Durch den Vertrag über die Anstellung zum Zweck der Tätigkeit als Organ wird regelmäßig ein freies Dienstverhältnis begründet, im Einzelfall kann es sich aber auch um ein Arbeitsverhältnis handeln. Ob das Anstellungsverhältnis ein Arbeitsverhältnis ist, richtet sich nach den allgemeinen Abgrenzungskriterien. Haben die Parteien ausdrücklich einen Arbeitsvertrag geschlossen, ist der Vertrag als solcher einzuordnen.
Nach Abberufung aus der Organschaft können vor den Gerichten für Arbeitssachen Ansprüche aus dem Arbeitsvertrag geltend gemacht werden. Das gilt auch für Ansprüche, die während der Zeit der Geschäftsführerbestellung auf der arbeitsvertraglichen Basis entstanden sind.
Normenkette
GVG § 17 a Abs. 2, 4; ArbGG §§ 48, 5 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 02.08.2012; Aktenzeichen 12 Ca 3651/12) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 02. August 2012 - 12 Ca 3651/12 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten im Wege einer Stufenklage um einen Bonus für das Geschäftsjahr 2011.
Bei der Beklagten, der A, handelt es sich um eine Gesellschaft in der Rechtsform einer englischen Private Limited Company mit Sitz in B, die in C eine Zweigniederlassung unterhält. Sie ist im Register of the Companies, Companies House of Cardiff, unter der Nummer -D eingetragen. Im Handelsregister B des Amtsgerichts C ist die Zweigniederlassung unter dem Aktenzeichen HRB E eingetragen. Sie macht mit dem Firmenzusatz "B" ihren Sitz und mit dem Zusatz "C" ihre Niederlassung kenntlich.
Der am F geborene, verheiratete und zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtete Kläger wurde ausweislich des "Arbeitsvertrags - Employment Agreement" vom 1. März 2010 mit Wirkung zum 1. Juni 2010 von der Beklagten, die zu diesem Zeitpunkt noch unter "G" firmierte, als "Managing Director, Co-Head" für die Niederlassung in C eingestellt. Der zweisprachige "Arbeitsvertrag - Employment Agreement", wegen dessen Einzelheiten im Übrigen auf Bl. 8 ff. d. A. verwiesen wird, enthält in deutscher Sprache auszugsweise die folgenden Regelungen:
"...
§ 1 Position und Aufgaben
(1) Der Arbeitnehmer wird ab dem 1. Juni 2010 als Managing Director, Co-Head der C Niederlassung, in C eingestellt.
(2) Der Arbeitgeber ist berechtigt, dem Arbeitnehmer jederzeit ein anderes, seinen Fähigkeiten und Qualifikationen entsprechendes Aufgaben- und Verantwortungsgebiet zu übertragen und den Arbeitnehmer innerhalb des Unternehmens zu versetzen, jeweils vorausgesetzt, dass dies nicht zu einer Einschränkung seiner Vergütung nach § 3 dieses Arbeitsvertrages führt und die Interessen des Arbeitnehmers angemessen berücksichtigt werden. ....
(3) Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, die Richtlinien und Anweisungen des Arbeitgebers sowie die Anordnungen seiner Vorgesetzten zu beachten.
§ 2 Arbeitszeit
(1) Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit beträgt 40 Stunden.
(2) Die Lage der Arbeitszeit sowie der Pausen wird vom Arbeitgeber bestimmt.
(3) Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, Überstunden (einschließlich Samstags-, Sonn- und Feiertagsarbeit) zu leisten.
(4) Der Arbeitgeber ist berechtigt, Kurzarbeit anzuordnen, wenn die Voraussetzungen für die Gewährung von Kurzarbeitergeld (§§ 169 ff. SGB III) erfüllt sind.
§ 10 Laufzeit; Kündigung;
Vertragssstrafe
(1) Das Arbeitsverhältnis beginnt am 1. Juni 2010 und wird für unbestimmte Zeit geschlossen.
...
§ 13 Verschiedenes
(1) ... Ergänzend gelten die auf das Arbeitsverhältnis anzuwendenden innerbetrieblichen Regelungen, Anweisungen und Betriebsvereinbarungen, insbesondere im Hinblick darauf, dass das Unternehmen der englischen Bankaufsicht untersteht.
...
(3) Es gilt deutsches Recht.
..."
Ob der Kläger am 1. Juni 2010 zum Director der Beklagten bestellt wurde und ob eine etwaige Bestellung ordnungsgemäß war, ist zwischen den Parteien streitig. Am 15. Juni 2010 wurde der Kläger als Director der Beklagten im Register of the Companies, Companies House of Cardiff, eingetragen. Im Handelsregister wurde der Kläger am 11. April 2011 als ständiger Vertreter der Niederlassung C und als geschäftsführender Direktor der Beklagten eingetragen.
Mit Schreiben vom 16. April 2012 kündigte die Beklagte das mit dem Kläger "bestehende Arbeitsverhältnis" außerordentlich mit sofortiger Wirkung, hilfsweise ordentlich mit Wirkung zum 31. Juli 2012. Da die Kündigung den Hinweis enthielt, dass sie für die A B und für die A C ausgesprochen sei, hat der Kläger gegen diese Kündigung am 26. April 2012 beim Arbeitsgericht Frankfurt zwei Kündigungsschutzklagen erhoben, und zwar einerseits gegen die Beklagte mit dem Zusatz "B" und andererseits gegen die Beklagte mit dem Zusatz "C" (12 Ca 2980/12 und 12 Ca 3141/12). Am 25. April 2012 wurde der...