Leitsatz (amtlich)

Ein Arbeitgeber kann von seinem Arbeitnehmer nur dann Schadensersatz wegen des Verlustes eines Generalschlüssels verlangen, wenn er ihn zuvor darauf ingewiesen hat, daß er im Falle eines Verlustes des Schlüssels beabsichtigt, Schlösser auszutauschen und welche Kosten dies im annäherenden Umfange bedeutet.

 

Verfahrensgang

ArbG Darmstadt (Urteil vom 27.11.1996; Aktenzeichen 9 Ca 669/95)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 27.11.1996 – Az.: 9 Ca 669/95– wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Beklagte war seit 01.09.1994 bei der Klägerin als Altenpfleger beschäftigt. Die Klägerin händigte dem Beklagten zur Ausübung seiner Tätigkeit einen Generalschlüssel für die Schließanlage des Senirorenwohnsitzes aus. Der Beklagte unterschrieb am 02.09.1994 folgende Erklärung:

Ich, S. K. bestätige durch meine Unterschrift den Erhalt eines Generalschlüssels der Schließanlage „WILKA 52568” mit dem Zeichen 17 als Merkmal.

Ich verpflichte mich, bei Beendigung des Dienstverhältnisses oder nach Aufforderung durch die Heimleitung den Schlüssel unverzüglich zurückzugeben.

Etwaige Beschädigungen des Schlüssels oder den Verlust des Schlüssels werde ich der Heimleitung sofort bekanntgeben.

Das Arbeitsverhältnis endete durch betriebsbedingte Kündigung der Klägerin zum 30.06.1995. Am 10.07.1995 steckte der Beklagte den Generalschlüssel in einen normalen Briefumschlag und versandte ihn per Einschreiben mit Rückschein an die Klägerin. Dieser Briefumschlag wurde von einer Mitarbeiterin der Klägerin beschädigt und ohne Inhalt in Empfang genommen. Die Klägerin ließ ihre Schließanlage daraufhin teilweise austauschen.

Mit der Klage begehrt die Klägerin vom Beklagten Ersatz der entstandenen Kosten.

Die Klägerin hat geltend gemacht, sie habe aus mehreren Angeboten die billigste Firma ausgewählt und dadurch die Kosten so gering wie möglich gehalten. Da sie das modernere Prinzip mit Profildoppelzylinder gewählt habe, verlange sie mit der Klage nur die Kosten für einen Schlösseraustausch auf der Basis des einfachen Prinzips. Die Klägerin hat behauptet, für sie sei das Schlüsselverlustrisiko nicht versicherbar gewesen. Erst nach einer Neuordnung des Versicherungsvertrages sei es gelungen, dieses Risiko quasi im Kulanzwege mitzuversichern. Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der Beklagte habe grob fahrlässig gehandelt, in dem er einen Generalschlüssel mittels eines einfachen Briefumschlags versandt habe. Es wäre für den Beklagten zumutbar gewesen, den Schlüssel persönlich oder durch Boten abzugeben. Die Klägerin hat geltend gemacht, der Beklagte habe die Bedeutung eines Schlüsselsverlustes der Empfangsbestätigung entnehmen können. Weiterer Hinweise habe es nicht bedurft.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 13.998,55 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 08.02.1996 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, er sei nicht zum Schadensersatz verpflichtet. Die Klägerin habe ihn nicht zuvor auf das Verlustrisiko hingewiesen. Der Beklagte hat behauptet, der von ihm benutzte Schlüssel habe nur zu 72 Schlössern, nämlich den Zimmern mit den Nummern 66 –136 und Nr. 143. gepaßt. Ein Austausch von 119 Schlössern sei nicht erforderlich gewesen. Der Kläger hat behauptet, es sei mit sämtlichen Schlüsseln – auch mit Generalschlüsseln – sorglos umgegangen worden. Die Schlüssel seien für jeden zugänglich gewesen. Es müsse davon ausgegangen werden, daß deshalb in den vielen Jahren noch mehrere Schlüssel abhanden gekommen seien und die Klägerin nun versuche, ihre alte Anlage auf seine Kosten zu modernisieren.

Das Arbeitsgericht hat den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 1.000,– DM nebst Zinsen zu zahlen und im übrigen die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird verwiesen.

Gegen das ihr am 07.01.1997 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 03.02.1997 Berufung eingelegt und diese am 28.02.1997 begründet.

Die Klägerin vertieft ihr Vorbringen 1. Instanz. Sie ist der Auffassung, dem Beklagten sei aus der Unterzeichnung des Schreibens vom 02.09.1994 bewußt gewesen, zu welchen Konsequenzen der Verlust des Generalschlüssels führe. Da er den Schlüssel täglich benutzt habe, sei ihm auch bekannt gewesen, zu welchen Räumlichkeiten er gepaßt habe, nämlich insbesondere zu den Appartements der Bewohner.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 27.11.1996 den Beklagten zu verurteilen, über den zuerkannten Betrag in Höhe von 1.000,– DM hinaus an die Klägerin weitere 12.998.55 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit 08.02.1996 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht. Er behauptet, bei dem ihm ausgehändigten Schlüssel habe es sich nur um einen Gruppenschlüssel gehandelt. Er ist der Auffassung, er habe bei der von ihm gewählten Versendungsart d...

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